Trotz allem, was passiert war, freute ich mich, dass July bei mir geschlafen hatte. Mein Herz kümmerte es sehr wohl, ob sie in meinem Bett schlief oder nicht und konnte nicht aufhören, von innen heraus zu strahlen. Mein Verstand verdrehte die Augen.
Am Montag im Lustig war meine wechselartige Laune noch nicht verschwunden. Ich trug immer noch den Kampf zwischen Herz und Kopf aus. Maike fiel das natürlich auf und begann, sich darüber lustig zu machen.
»Mit wem hast du dich am Wochenende herumgetrieben?«, fragte sie.
»Mit deinem Bruder«, antwortete ich.
»Und mit wem noch?« Maike zog ihre buschigen Augenbrauen hoch.
»Äh mit niemanden.«
»Ja. Klar. Und ich habe graue Haare.«
Automatisch warf ich einen Blick auf ihre Locken. Sie waren immer noch braun. Ich fuhr mit einer Hand durch ihre Haare und bekam eine Strähne zu fassen. Das weiche Ende lockte sich in meiner Handfläche.
»Grau würde dir bestimmt stehen.«
»Los, an die Arbeit.«
Maike fuchtelte mit der einen Hand, um mich zu verscheuchen, die andere legte sie auf meine, um sie von ihren Haaren loszuwerden.
»Du hast echt faszinierende Haare«, meinte ich.
»Langweilig braun und lockig.«
»Ja, schau dir diese Locken an.«
»Sie sind zu wild. Ich bekomme es nicht hin, dass das hier«, Maike zeigte auf ihren Kopf, »einigermaßen ordentlich aussieht.«
»Es sieht wunderschön aus, wirklich.«
Ich ließ die dicke Strähne los und ging davon.
Nachdem ich die ersten Kunden bedient hatte, fragte Maike plötzlich unerwartet: »War es Dominik?«
»Nein?«
»Dann vielleicht -«
»Da ist ein Kunde. Da muss ich hin.«
Ich stahl mich davon und würgte bis zum Abend jedes Gespräch mit Maike ab.
Dafür überraschte sie mich nach Feierabend. Ich ging in den Pausenraum. Es war schon dunkel, also wollte ich gerade das Licht anmachen, als ich Schritte hörte. Und dann stand Maike direkt vor mir. Unwillkürlich wich ich ein paar Schritte zurück und sie folgte mir, bis ich schließlich gegen die Tür gepresst stand.
Zum Glück wusste ich, dass Maike vor mir stand. Ich hatte ihren Geruch noch nie so intensiv wahrgenommen, aber nun roch sie aus irgendeinem Grund nach Orange. Schlagartig fiel mir ein, dass Michi erzählt hatte, dass Maike den Geruch von Orangen mochte und deshalb ein Shampoo mit Orangenduft benutzte.
»Maike, was wird das hier? Willst du mich umbringen?«
»Dazu hätte ich schon oft genug die Gelegenheit gehabt.«
»Vielleicht hattest du vorher nur noch kein Motiv«, gab ich zurück.
»Und welches sollte ich jetzt haben?«
Könnte ich etwas erkennen, würde ich garantiert sehen, wie ihre Augen funkelten.
»Jemand könnte dir Geld angeboten haben.«
»Du störst meine fantastische Show, Levi. Fangen wir noch mal von vorne an. Frag mich, was das hier soll.«
»Ähm warum?«
»Mach einfach, sonst überlege ich mir das mit dem Angebot noch mal. Immerhin springt eine hohe Summe für mich dabei raus.«
»Was soll das?«, fragte ich etwas genervt.
»Mit mehr Angst würde es besser klingen, aber egal.« Maike verstellte ihre Stimme. Nun klang sie tief und bedrohlich. »Es ist Juliette Ahlert.«
»Was?«, fragte ich.
»July.« Nun sprach Maike wieder mit ihrer richtigen Stimme. »Ihr hattet ein Date und jetzt bist du dir deiner Gefühle unsicher wegen der Sache mit Dominik.«
Ich presste meine Lippen zusammen. Woher wusste sie das?
»Mein liebster Levi, ich kenne dich.«
Maike trat zurück und schaltete das Licht an. Dann grinste sie mich breit an. »Das hat Spaß gemacht, obwohl du ängstlicher hättest sein können.«
»Warum ängstlich? Du würdest mir nie etwas tun.«
»Weil ich eine Frau bin?« Plötzlich funkelten Maikes Augen vor Wut.
»Nein, weil du meine Freundin bist und ich dir vertraue.«
»Du denkst also nicht, dass ich hinterlistig bin?«
»Zu Fremden hart, zu Freunden warmherzig.«
Maikes Ausdruck wurde weicher und wir wussten beide, dass das stimmte.
»Ja, July und ich haben uns getroffen, aber es war kein Date. Aber es stimmt, was du gesagt hast. Dass ich jetzt unsicher bin und so.«
»Das wird schon.«
»Ich weiß echt nicht, was ich machen soll. Es frisst mich von innen auf. Ich will doch einfach nur Liebe finden. Liebe, die hält.«
Maike legte den Kopf schief, dann war sie plötzlich wieder bei mir.
»Ich bin nicht so gut mit Worten, wenn es ernst wird«, sagte sie und schlang ihre Arme um meinen Körper. Ich legte meinen Kopf an ihre Schulter und verdrückte ein paar Tränen.
»Vielleicht lebt es sich ohne Liebe einfacher«, murmelte Maike.
Mir wurde warm, je länger Maike mich hielt. Schließlich ließ ich los. Wir wechselten beide den gelben Pullover durch unsere eigenen und schlenderten zum Ausgang.
»Es kommt mir manchmal so vor, als würde die Zeit still stehen, wenn ich bei dir bin«, sagte Maike.
»Ist das jetzt gut oder schlecht?«, fragte ich verwirrt.
»Gut natürlich.« Maike knuffte mich belustigt in die Seite. »Weißt du, manchmal habe ich das Gefühl, dass ich nicht ernst genommen werde, weil ich so klein und jung bin.«
»Das tut mir leid für dich.«
»Dir sollte das nicht leidtun. Du nimmst mich ernst. Deshalb erzähle ich es dir ja auch. Und ich weiß ja auch über deine Gefühle Bescheid. Da ist es nur fair, wenn du auch etwas von meinen Zweifeln und Sorgen mitbekommst.«
»Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Welt nur die starken Menschen sieht.« Ich musste an July denken. »Doch sobald man diese starken Menschen kennenlernt, stellt man fest, dass sie auch eine schwache Seite haben und dass wir uns alle nicht so unähnlich sind. Maike, für mich bist du eine unglaublich starke Frau. Da finde ich es schön, wenn du mir erzählst, dass du nicht nur stark bist.«
»Es wäre anstrengend, immer diese starke Frau sein zu müssen. Natürlich habe ich auch Ängste und Sorgen.«
»So wie ich.«
»Du dachtest doch nicht ernsthaft, dass ich wirklich so stark bin, oder?«
»Doch, das dachte ich«, gab ich zu.
»Genau das meine ich. Du siehst mich mit anderen Augen als alle anderen. Das mag ich an dir.«
Maike klopfte mir auf die Schulter.
»Wir sehen uns morgen.«
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Mögt ihr Maike?
Sie gehört zu meinen Lieblingsfiguren, sowohl als Michis Schwester in seiner Story als auch als Levis beste Freundin in seiner Story.
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𝔻𝔸𝕊 𝕃𝔼𝔹𝔼ℕ 𝕌ℕ𝔻 𝕀ℂℍ
RomanceSeit Levi und seine beste Freundin July sich geküsst haben, spielen seine Gefühle in ihrer Nähe verrückt. Allerdings findet er auch seinen alten Klassenkameraden und Tänzer Dominik attraktiv. Um zu vermeiden, dass sein Herz gebrochen wird, versucht...