𝟠. 𝕂𝕝𝕖𝕚𝕟𝕖𝕣 𝕊𝕥𝕒𝕝𝕜𝕖𝕣

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Ich stand extra früher auf, frühstückte, trank eine halbe Tasse Kaffee und machte mich auf den Weg. Der Sonnenaufgang war wunderschön anzusehen und ich konnte meinen Blick nicht von den roten Streifen am Himmel abwenden. Kurz bevor ich in Grasungen ankam, stieg ich von meinem Fahrrad und schob es neben mir her.

Es gab eine kleine Tanzschule in dem Ort und zufällig wusste ich, dass Dominik dort tanzen gelernt hatte. Ich wusste nicht, wo er jetzt tanzte, aber wenn ich es wüsste, würde ich ihn wahrscheinlich suchen und stalken und das wollte ich vermeiden.

Was machte ich nur hier? Das war ein wichtiger Ort für Dominik. Immerhin verband er viel damit. Doch ich hatte hier nichts zu suchen. Ich schob mein Fahrrad an dem Gebäude vorbei und erspähte eine Gestalt, die in einem Raum tanzte. Erst ging ich weiter, bis ich erstarrte. War das etwa Dominik?

Ich ging rückwärts und stellte mich an die Scheibe. Diese fließenden Bewegungen kannte ich. Das war eindeutig Dominik. Er bewegte sich, als würde er nicht tanzen, sondern als wäre er der Tanz. Ich bemühte mich, meinen Mund nicht aufzuklappen. Dominik trug keinen Anzug, sondern eine Trainingshose und ein blaues T-Shirt, das sich an seinen trainierten Oberkörper schmiegte. Ich kannte nicht viele Menschen, in meinem Leben, die sichtbare Muskeln hatten, doch Dominik und sein Körper war echt und stammte nicht aus dem Internet. Dominik tanzte eine einfache Choreografie. Dabei band er seinen Zylinder, den er trotz Jogginghose trug, mit ein.

»Wow«, entfuhr mir. »Wie kann man nur so elegant sein? Und sich so bewegen?«

»Das frage ich mich auch.«

Ich zuckte heftig zusammen und drehte mich zu der Person. Zum Glück sah ich nur Maike.

»Du bist es nur«, sagte ich.

»Oh ja. Das Anschleichen habe ich durch Übung an meinem Bruder perfektioniert«, sagte sie. »Seit wann stehst du hier und starrst ihn an?«

»Nur seit ein paar Minuten«, antwortete ich. »Echt nicht lange.«

»Was ein Stalker.«

»Nur ein kleiner Stalker. Aber sieh ihn dir doch an. Er lockt eben Blicke auf sich. Da kann ich nichts dran ändern.« Ich nickte mit meinem Kopf in Dominiks Richtung.

»Es sieht schon ganz cool aus.«

»Es gab eine Zeit, da habe ich mir vorgestellt, dass ich an seiner Seite tanze.«

»Ich hoffe, du träumst nicht mehr davon.«

»Nein, nicht mehr.«

»Gut. Es wäre sonst katastrophal. Michi hat mir erzählt, wie schlecht du tanzen kannst.« Maike schenkte mir ein falsches Lächeln.

»Ja, ja. Ich weiß. Deshalb stelle ich es mir ja nicht mehr vor. Lass uns gehen.«

Ich schob mein Fahrrad neben Maike.

»Was machst du eigentlich so früh hier draußen? Die Tanzschule liegt doch gar nicht auf dem Weg«, bemerkte ich.

»Ich habe Michi zu July gebracht. Die beiden wollten sich treffen«, erklärte Maike.

»Ah«, sagte ich und verbarg meinen grimmigen Blick, indem ich in die andere Richtung schaute. Maike durchschaute mich dennoch.

»Du hast gestern auch Zeit mit Michi verbracht, ohne dass July dabei war.«

»Was? Ich habe doch gar nichts gesagt.«

»Ich habe es gehört. Dir gefällt es nicht, dass July und Michi ohne dich Zeit verbringen. Hast du Angst, dass sie über dich lästern oder eher dass sie Geheimnisse austauschen?«, zog Maike mich auf. Sie hatte den Kopf schief gelegt und schaute mich an.

𝔻𝔸𝕊 𝕃𝔼𝔹𝔼ℕ 𝕌ℕ𝔻 𝕀ℂℍWo Geschichten leben. Entdecke jetzt