𝟚𝟙. 𝔹𝕒𝕙𝕟𝕙𝕠𝕗

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Wir verteilten ein paar Flyer, drückten sie vorbeigehenden Menschen in die Hand oder legten sie auf Bänke.

»Perfekt. Wir haben unseren Job gemacht.«

Maike hielt ihre Hand in die Höhe und ich klatschte ein. Ein Zug fuhr ein und einige Menschen stiegen aus.

»Es wird Zeit für ein kleines Entweder Oder, oder nicht?«

»Natürlich. Großstadt oder Dorf?«, fragte ich.

»Dorf«, antwortete Maike sofort. »Am liebsten will ich hierbleiben und vielleicht das Lustig übernehmen.«

»Echt?«

»Ja, sag es aber bitte noch niemandem.«

»Warum machst du dann die vielen Praktika?«

»Weil ich noch herausfinden möchte, ob es etwas anderes für mich gibt. Vielleicht macht mir irgendetwas anderes noch mehr Spaß.« Maikes Blick richtete sich auf mich. »Was willst du denn machen?«

»Ich weiß es nicht, wirklich nicht. Ich will auf jeden Fall kein Anwalt werden wie Dad.«

»Du könntest für mich arbeiten«, schlug Maike vor.

»Im Lustig? Mit dir als Chefin?«

»Natürlich. Ich würde dir doch nicht den Posten überlassen.«

»Aber deine Eltern führen das Lustig. Sie würden es nicht einfach abgeben.«

»Dann gründen wir selbst ein Café, das auf den Namen Lustig hört.« Maike zuckte mit den Schultern. »Können wir irgendetwas machen? Mir wird kalt.«

»Dann machen wir weiter mit Entweder-Oder.«

»Okay. Entweder du umarmst eine fremde Person oder du musst schreiend durch den Bahnhof rennen«, sagte Maike.

»Entweder du machst einer fremden Person ein Kompliment oder du musst mich durch den Bahnhof tragen«, schoss ich entgegen.

»Das ist unfair. Du bist schwer«, bemerkte Maike.

»Dann nimm die andere Aufgabe.«

»Aber ich kann es schaffen. Ich bin so stark wie ein Junge.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust.

»Ein Junge würde auch die erste Aufgabe nehmen. Ich bin viel zu schwer, um mich herumtragen zu lassen.«

»Ich schaffe das.« In ihren Augen sah ich den entschlossenen Ausdruck. Maike hatte sich etwas in den Kopf gesetzt. Sie wollte sich beweisen. Keine Chance, sie davon wieder abzubringen.

»Ich kann die Aufgabe auch umändern.«

»Ich werde beides machen«, verkündete sie, ohne auf mich zu hören.

»Du sollst eine wählen«, widersprach ich, doch Maike funkelte mich an, sodass ich unter ihrem Blick zusammenschrumpfte. »Na gut, deine Entscheidung.«

Zuerst versuchte Maike, mich im Brautstyle zu heben, doch sie scheiterte und wir beide landeten in einem wilden Haufen auf dem kalten Boden. Als Nächstes nahm sie mich Huckepack und dann lief sie durch den ganzen Bahnhof. Ich klammerte mich an ihr fest, vor allem, als sie wankte.

Sie hielt durch und um mir zu beweisen, dass sie es auch wirklich draufhatte, rannte sie das letzte Stückchen bis zu der Stelle, wo wir vorher gestanden hatten. Als sie mich absetzte, zuckte sie wieder mit den Schultern. »War super einfach und überhaupt nicht anstrengend.« Doch schon im nächsten Moment lehnte sie gegen meinen Oberkörper und ich umschloss sie.

»Okay, ich bin dran«, sagte ich nach ein paar Minuten und schob sie weg. »Ich umarme lieber eine fremde Person.«

Ich schaute mich um und entdeckte eine ältere Dame mit Gehstock, die ihr offenes Portemonnaie fallen ließ. Maike und ich eilten sofort zu ihr, um ihr zu helfen. Wir sammelten die Geldscheine und Münzen ein und gaben ihr die Geldbörse in die Hand.

𝔻𝔸𝕊 𝕃𝔼𝔹𝔼ℕ 𝕌ℕ𝔻 𝕀ℂℍWo Geschichten leben. Entdecke jetzt