Mäuschen

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Müde rieb sich Isi die Augen und warf einen Blick auf die Uhr neben sich. 18:47 Uhr. Sie atmete tief durch. Nur noch diese eine Analyse, dann hatte sie es geschafft, zumindest für diesen Tag. Wäre sie mit den Gedanken bei der Sache gewesen, hätte sie sicherlich schon längst Feierabend, doch immer wieder waren ihre Gedanken abgedriftet. Verstanden sie sich? Hatte er vielleicht sogar Interesse an ihr? Wollte er heißen Sex mit ihr? Sex, den er ebenfalls mit ihr hatte? Ein Gedanke, der ihr ganz und gar nicht gefiel. Sie schnaubte genervt. Seit dem Lunch hatte sie beide nicht mehr zu Gesicht bekommen, wusste nicht einmal, ob sie wieder im Büro erschienen waren, oder sich vielleicht irgendwo spontan vergnügt hatten. „'N Abend Schätzchen", drang eine tiefe ihr unbekannte Stimme an ihr Ohr, riss sie aus ihren Gedanken. Erschrocken sah sie auf: „Guten Abend", erwiderte sie irritiert und musterte den nun direkt an ihrem Schreibtisch stehenden Herrn mit lichtem Haar. Schätzchen? Der Mitfünfziger, so schätzte sie zumindest, war eher klein, durchschnittlich gebaut wobei sich ein Bauchansatz unter seinem vermutlich sündhaft teuren blauen Hemd klar erkennbar abzeichnete. Sein Gesicht war eher rundlich, wirkte wenig sympathisch, fast schon unfreundlich. „Ich hätte gerne Herrn Faber gesprochen" Isi atmete tief durch: „Tut mir leid, Herr Faber ist bereits im Feierabend", erklärte sie freundlich, um sich kurz darauf wieder ihrer Arbeit zu widmen. Sie war schließlich nicht die Vorzimmerdame ihres Chefs. „Das ist jetzt aber ärgerlich. Da bin ich ja ganz umsonst hergekommen", murrte er, was Isi mit einem zaghaften Lächeln abtat. „Du hast doch sicher bald Feierabend, Schätzchen", ergriff er erneut das Wort, nachdem er sie auf eine unangenehme Art und Weise ausgiebig gemustert hatte. Isi hob eine Braue: „Bitte nennen Sie mich nicht so.", konterte sie bemüht selbstsicher. Dieser Mann beunruhigte sie, löste ein seltsames Gefühl in ihrer Magengegend aus und der Gedanke daran, dass sich niemand ihrer Kollegen mehr in Hörweite befand, verbesserte die Situation nicht unbedingt. Ein süffisantes fast schon widerwärtiges Grinsen trat auf seine Lippen: „Jetzt zier dich doch nicht so, Mäuschen. Ich führe dich schick aus und dann machen wir uns noch einen schönen Abend in meiner Suite." Isis Augen wurden groß. Was?! „Bitte gehen Sie", wies sie ihn verunsichert an. Statt jedoch ihrer Forderung nachzukommen, schien das Grinsen auf seinen Lippen noch breiter zu werden. Langsam setzte er sich in Bewegung, trat um den Schreibtisch herum um letztlich dicht neben ihr zum Stehen zu kommen. Isi wich zurück: „Verschwinden Sie", fuhr sie ihn nun mit zittriger Stimme an. Unbeeindruckt von ihren Worten fuhr er mit einer seiner Hände in ihr Haar, beugte sich zu ihr hinunter: „Ich mag Löckchen", raunte er anzüglich, was Isis Magen krampfhaft zusammenzog. Dieser Kerl war widerlich. Schockiert, nicht fähig sich zu bewegen, sah sie ihn einfach nur an, schluckte schwer, spürte wie sich ihre Brust zuschnürte, die Luft zum Atmen immer weniger wurde. Erneut ließ er eine ihrer Locken durch seine Finger gleiten, zwirbelte sie spielerlisch: „Na was ist jetzt Mäuschen?". „Ich schlage vor Sie gehen jetzt!", hallte eine raue Stimme durch das Büro. Gavin! Abrupt sah der Mann neben ihr auf: „Wer sind Sie denn? Arbeiten Sie hier?", entfuhr es ihm beinahe genervt. „Muss ich hier arbeiten um Sie darauf aufmerksam zu machen, dass Sie sich der Dame gegenüber alles andere als angemessen verhalten?", konterte er kühl, verschränkte die Arme vor seiner Brust und trat weiter in den Raum, erfüllte ihn förmlich mit seiner Präsenz. „Sie gehen jetzt.", forderte Gavin nachdrücklich, worauf sein Gegenüber nur zögerlich einen Schritt zurücktrat. „Sofort!", setzte er nach, seine Stimme ungewohnt Hart. „Überleg's dir Mäuschen", hauchte er an Isi gewandt. Vollkommen unerwartet schnellte Gavin vor, packte diesen Widerling am Kragen und zerrte ihn von ihr weg. „Sofort", wiederholte Gavin seine Worte, zog ihn dicht zu sich: „Stay away from my girl", knurrte er und schleuderte ihn schwungvoll Richtung Ausgang. „Ist ja gut", beschwichtigte der Unbekannte und zog fluchend ab. Perplex sah Isi zu Gavin. Was hatte er da grade gesagt? Hatte sie sich verhört? Hatte ihr ihre Fantasie einen Streich gespielt?
„Alles in Ordnung, Prinzessin?", riss Gavins ruhige Stimme sie aus ihren Gedanken, während sie eine sanfte Berührung an ihrer Wange spürte. Sie nickte knapp, sah zu Gavin auf, welcher sie aufmerksam betrachtete, zärtlich mit seinen Fingern über ihre Wange strich. Gebannt sah sie in seine hellgrauen Augen, schluckte angesichts dieses unglaublich sanften Ausdrucks der sich darin verbarg. „Ich bringe dich nach Hause", bemerkte er beinahe tonlos, löste sich von ihr und trat einen Schritt zurück.


Isi atmete tief ein, genoss die kühle Abendluft auf ihrer Haut, während sie den Asphalt unter ihren Füßen im Auge behielt, jeden ihrer Schritte beobachtete. Ihre Wohnung war fußläufig nur knapp 15 Minuten von der Firma entfernt, sodass sie es abgelehnt hatte das Auto zu nehmen und dennoch hatte Gavin darauf bestanden sie zu begleiten, sie bis nach Hause zu bringen, ob nun mit dem Auto oder zu Fuß. Sie schmunzelte. Doch ein Gentleman.
„Danke", brach sie die Stille, worauf sie seinen Blick auf sich spürte: „Nicht dafür", erwiderte er beinahe sanft. Erneut schwiegen sie, gingen Schulter an Schulter die Straße entlang, wobei sie immer wieder seinen Blick auf sich spürte. Sie zögerte, bevor sie erneut das Wort ergriff: „Wie war dein Date?". „Was?", entfuhr es Gavin überrascht. Isi lächelte knapp: „Na mit Belle". Gavin stoppte, sah sie ungläubig an und lachte herzlich auf. Oh Gott, was für ein Lachen! Irritiert hob sie eine Braue: „Was?", hakte sie nach, sah ihn erwartungsvoll, beinahe empört an. „Bist du etwa eifersüchtig?", witzelte er. „Nein", kam es eilig über ihre Lippen. „Ich mag Belle nur nicht", fuhr sie schulterzuckend fort.
Gavin ließ die Finger lässig durch sein Haar gleiten, was seine Frisur deutlich lockerer wirken ließ. „Kein Date, einfach nur Lunch", erklärte er ruhig. „Ich habe die Gelegenheit genutzt sie auf ihre ständigen Flirtversuche anzusprechen. Ihr gesagt, dass mir diese Annäherungen unangenehm sind, sie mich als Frau einfach nicht interessiert". Isis Augen weiteten sich. Deshalb hatte er zugesagt? „Glaubst du wirklich, dass ich nach deiner E-Mail heute Morgen dazu fähig gewesen wäre?" witzelte er, wobei ein Hauch Ernsthaftigkeit in seiner Frage mitschwang. Isi schmunzelte, zuckte mit den Schultern: „Dem Teufel traue ich alles zu.". Gavin lächelte knapp, ging nicht weiter auf ihre Bemerkung ein, sondern vergrub die Hände in seinen Hosentaschen und schwieg.


„Da wären wir", bemerkte Isi und deutete auf ihre Haustür. „Danke, dass du mich begleitet hast.", fuhr sie fort, strich sich nervös eine Strähne hinter ihr Ohr, unsicher wie sie sich nun von ihm verabschieden sollte. Gavin nickte höflich: „Gern", erwiderte er knapp, trat einen Schritt auf sie zu, seine Lippen dicht an ihrem Ohr: „Vielleicht solltest du den Teufel besser kennenlernen, lernen ihm zu vertrauen", flüsterte er und hauchte einen sanften Kuss auf ihre Wange. „Gute Nacht, Prinzessin", verabschiedete er sich, wandte sich ab und ließ sie perplex vor ihrer Haustür zurück.


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