66. Kapitel - Visualisieren

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Der Mittwoch war schneller gekommen, als mir lieb war und schon befand ich mich wieder in dem dunklen Keller, in dem es nach frischer Meeresluft roch. Connor hatte dieses Mal draußen warten müssen. Wie ich, stand er nun oben an der Treppe und wartete womöglich ungeduldig, dass ich wieder rauskam. Janine begrüßte mich, wie ich empfand als viel zu überschwänglich, aber ich stimmte mich drauf ein und versuchte den Eindruck zu erwecken, dass ich heute besonders kooperativ sein wollte. Connor und ich hatte abgesprochen, dass wir uns ahnungslos stellen und falls unser Versuch Laika von unseren Träumen fernzuhalten, tatsächlich funktionieren würde, sagen wollten, dass das nicht unsere Absicht gewesen sei. Wir wollten es auf den Versuch die Kontrolle über unsere Träume zu bekommen, schieben und behaupten, dabei sei es einfach passiert. Ich war mir noch nicht sicher, ob Janine diese Ausrede wirklich schlucken würde, aber so lange ich Laika heute aus meinen Träumen raushalten könnte, wäre ich schon mal zufrieden.

Wie beim letzten Mal, trat ich an die Schale mit Wasser heran und wollte mein Blut hineinstopfen lassen. Doch noch bevor ich mir vorsichtig in den Finger schneiden konnte, kam Janine auf mich zugeeilt und wedelte mit einem Reagenzglas vor meiner Nase herum.

„Wir brauchen heute eine Blutprobe von dir. Nur um sicher zu gehen, dass du dieses Gen auch wirklich hast. Mach dir keine Sorgen, ich bin mir sicher, dass du es in dir trägst, aber wir wollen es zur Sicherheit prüfen. Außerdem können wir damit ausrechnen, wann du in etwa deinen ersten realen Traum haben wirst." Ich nickte und tat was von mir verlangt wurde. Obwohl ich mittlerweile eigentlich alles hinterfragte, was Janine mir sagte, nahm ich ihr diese Erklärung ab. Wilde Theorien brachten mich ja sowieso nicht weiter und ich kam nicht drumherum Janine mein Blut auszuhändigen. Ich schnitt mir also etwas tiefer in den Finger und ließ einige Tropfen Blut in das Gefäß laufen. Als Janine genug Blut von mir hatte, hielt ich den Finger über die Schüssel und ließ genau drei Tropfen in das Wasser fallen. Anschließend legte ich mich auf die Liege, die sie in den Raum geschoben hatten und wartete darauf, dass mir ein Typ mit Laborkittel, das Schlafmittel spritzte. Während sich Laika vor die Schale mit Wasser setzte, trat Janine näher an mich heran.

„Deine Traumauswertung hat ergeben, dass du zu emotionalen Träumen tendierst. Wir haben erst eine Traumerfahrung von dir aufzeichnen können, daher kann es sein, dass sich dein Ergebnis noch verändert. Aber so wie es aussieht, scheinst du in deinen Träumen deine inneren Gefühle, Wünsche und Ängste zu verarbeiten." Ich runzelte die Stirn und sah Janine fragend an.

„Tut das nicht jeder?"

„Manche mehr, manche weniger. Es kommt vor allem darauf an, wie emotional betroffen man von seinen Träumen ist. Wir alle verarbeiten die Erlebnisse des Tages in unseren Träumen, aber einige von uns lassen sich von den Ereignissen überrumpeln. So war es auch bei dir. Es scheint, dass es dir besonders schwer fallen könnten die Kontrolle über deine Träume zu erlangen, da du dich von deinen Gefühlen leiten und übermannen lässt." Langsam nickte ich.

„Keine Sorge, das ist nichts Schlimmes. Es wird nur länger dauern bis du Erfolge erzielst. Zum Glück fangen wir früh genug an." Ja, zum Glück.

„Okay, danke", antwortete ich und lehnte mich an, als ich sah wie der Mann mit dem Schlafmittel in den Raum trat.

„Ach und Sam?"

„Ja?"

„Laika wird sich wieder in eine Krähe verwandeln. Wir haben die Hoffnung, dass es dir dadurch gelingt dich daran zu erinnern, dass du nur träumst."

„Okay", antwortete ich und nahm einen tiefen Atemzug. Ich war nicht weniger aufgeregt, als beim letzten Mal. Die Vorstellung, dass mir gleich ein fremder Mann ein Schlafmittel spritze und anschließend eine Frau meinen Traum beobachten sollte, gruselte mich immer noch. Aber ich versuchte mich an meine Überzeugung zu klammern, dass ich das alles schon hinbekommen würde. Während mir der Professor das Mittel spritze, versuchte ich meine Mission wieder und wieder zu wiederholen. Das einzige Ziel, das ich für heute hatte, war es Laika aus meinem Traum zu verbannen. Ich hatte mir im Vorhinein schon überlegt, wie ich das anstellen wollte und ich war überzeugt davon, dass es mir gelingen würde. Die größte Hürde dabei war, dass ich mir bewusst machen musste, dass ich nur träumte. Der Rest würde hoffentlich von ganz alleine funktionieren. Ich war eigentlich sehr zuversichtlich was das Ganze anging, denn wenn ich wusste, dass ich nur träumte, war es mir ja prinzipiell möglich alles geschehen zu lassen, was ich mir vorstellen konnte. Janine hatte mich mit ihrer Anmerkung jedoch zweifeln lassen. Mir würde es besonders schwer fallen? Hoffentlich gab es einen Unterschied zwischen Traum kontrollieren und jemanden aus dem Traum raushalten. Falls es so war, konnte ich nur hoffen, dass mir das Verbannen von Laika aus meinem Traum einfacherer fallen würde.

Zufälle gibt es nicht! (2. Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt