42. Kapitel- Nachhauseweg

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Ich fühlte mich wie erschlagen. War ich wirklich so ein schlimmer, furchtbarer Mensch? War ich so anstrengend? Warum hatte ich das nie mitbekommen? Es war ein schreckliches Gefühl zu wissen, dass man zu viel war. Am wenigsten hatte ich Maliee voll heulen wollen. Ich dachte immer ich hatte mich damit zurückgehalten. Ich dachte ich hatte versucht Rücksicht auf sie zu nehmen. Aber anscheinend war ich ein richtiges Arschloch. Fuck! Wann war ich so anstrengend geworden? Und warum verdammt noch mal hatte ich das nicht selbst mitbekommen? Selbsthass fing an in mir aufzusteigen. Es war so ein ekelhaftes Gefühl, dass ich nicht anders konnte, als aufzuspringen und mir den nächsten Cocktail an der Bar zu bestellen. Irgendwie musste ich dieses Gefühl ja loswerden, bevor es mich noch auffressen würde.

In der Bar hielt ich nach Maliee und Jano Ausschau. Aber keinen der Beiden sah ich. Als ich einen Blick auf unsere Sachen warf, begriff ich, dass die Beiden längst gegangen waren. Wie bescheuert war das eigentlich? Sie waren doch auf mich angewiesen. Okay, sie wussten wo der Ersatzschlüssel versteckt war, aber was wollten sie machen? Sich schlafen legen und am nächsten Tag so tun, als würden sie mich nicht kennen? Müssten wir uns dann so peinlich anschweigen und darauf warten, dass wir uns endlich los wurden? Das war eine schreckliche Vorstellung. Ich nahm einen noch größeren Schluck von meinem Margarita und verzog das Gesicht.

Dann nahm ich mein Handy und ging wieder auf den Chat mit Connor. Ich löschte die Nachricht, die ich vor dem Streit geschrieben hatte und schloss den Chat wieder. Vielleicht hatte Maliee Recht. Vielleicht war ich zu dramatisch und zu egoistisch und zu anstrengend. Ich wusste längst, dass ich Jayden aus meinem Leben streichen musste. Aber bisher hatte ich das nicht richtig getan. Das musste ich ändern.

Ich ging ein letztes Mal auf Jayden's Profil und sah mir ein letztes Mal seine Beiträge an. Dann blockierte ich ihn. Ich löschte sogar in der Suchanzeige seinen Namen. Wenn ich ihn vergessen wollte, dann musste ich alles vernichten, das mich an ihn erinnerte. Das war zumindest ein Anfang. Vielleicht könnte ich die Gedanken an ihn beiseite schieben, jedes Mal wenn sie aufkamen? Also jetzt? Weg damit, weg mit ihm, weg mit allem! Ich nahm noch einen Schluck aus meinem Glas und ging dann wieder auf den Chat mit Connor. Ich musste ihm ja wenigstens irgendwas antworten, wenn ich ihn nicht schon nach einer Verabredung fragen wollte. Ich dachte einen Augenblick nach und schrieb dann Folgendes:

„Mir geht's gut. Lernern läuft nicht so, bin noch unterwegs." Ich schickte die Nachricht ab, steckte mein Handy wieder ein und nahm den nächsten Schluck. Mittlerweile spürte ich, wie mich die Müdigkeit erfasste. Ich musste gähnen. Der Alkohol hatte mich müde und meinen Körper ganz schwer gemacht. Ich stützte meinen Kopf auf meiner Hand ab. Ich musste nach Hause ins Bett. Nur hatte ich erstens keine Lust, auf den doch recht weiten Weg und noch weniger Lust auf Maliee und Jano. Beziehungsweise Jano war mir eigentlich völlig egal, ich wollte nur nicht...

„Sam, geht's dir gut?", fragte plötzlich eine männliche Stimme und riss mich aus meinen Gedanken.

„Hm, setzt dich doch", brummte ich und deutete auf den Hocker neben mich.

„Du siehst fertig aus, soll ich dich nach Hause bringen?", fragte Mason. Meiner Aufforderung sich zu setzten, kam er nicht nach.

„Ach Quatsch, mir geht's gut. Ich find alleine nach Hause. Willst du nicht lieber Melina nach Hause bringen?", fragte ich und grinste ihn an.

„Melina wurde von ihrem Bruder abgeholt."

„Achso? Hat man dir nicht vertraut sie heil nach Hause zu bringen?", fragte ich scherzhaft und schlug ihm tröstend auf die Schulter.

„Anscheinend nicht. Komm, ich hol deine Sachen und dann lass uns verschwinden." Bevor ich zustimmen konnte, war Mason schon in der Masse von Menschen verschwunden. Wusste er überhaupt wo meine Sachen lagen? Ich hatte den Gedankengang nicht mal richtig zu Ende denken können, da stand er schon wieder vor mir und hielt mir meine Jacke hin.

Zufälle gibt es nicht! (2. Teil)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt