ᴷᴬᴾᴵᵀᴱᴸ 7

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Ich war ein wenig betrübt, dass sie nicht mit wollte ... oder konnte. Ich tippte auf das Zweite und hatte im Gefühl, das es damit zu tun hatte, das sie eingesperrt war.

Vincent hatte ich nichts davon erzählt, sondern lediglich das sie nicht konnte. Das hätte sich auch sonst bestimmt blöd angehört.

Ich verstand es ja selbst nicht.

Der Auftritt war super. Klein, aber fein. Wir waren in so einer Jugendeinrichtung aufgetreten.

Bel-Air war gekommen. Mit ihrem Zwillingsbruder, der keinen außergewöhnlichen Namen hatte, sondern Sebastian hieß.

Dieser erzählte uns, dass beide amerikanische Wurzeln hatten, denn ihr Vater war ein Soldat, der in Deutschland stationiert war. Somit wurde auch sein Name nicht deutsch ausgesprochen.

Obwohl beide Zwillinge waren, gab es nicht viel Ähnlichkeit.

Sebastian hatte braunes Haar, dunkle Augen und auch seine Gesichtszüge waren anders, als die von der blonden, blauäugigen Bel-Air.

»Du bist zwanzig?« , erkundigte sich Vincent bei ihr. Der mehr als angetan war.

Tja, ich kannte seinen Geschmack. Jetzt hoffte ich nur, dass mein Kumpel auch ihrem Beuteschema entsprechen würde.

Zumindest unterhielten sie sich ein wenig abseits von uns.

»Ihr habt Spaß auf der Bühne.« , merkte Sebastian, der neben mir stand, an.

»Oh ja.«

»Du hast die Kellnerin eingeladen?« , erklang plötzlich und unerwartet Maries Stimme neben mir.

Ein wenig verwirrt sah ich zu ihr rüber. »Ehm ... ja?!«

Sie gab einen verächtlichen Ton wieder, as wäre sie eine Schlange. So zischend. Irgendwie erwartete ich, dass jeden Moment eine gespaltene Zunge aus ihrem Mund schießen würde ... was selbstverständlich nicht geschah.

Ihre Eifersucht war schon in der Beziehung kaum auszuhalten. Doch jetzt, wo wir getrennte Wege gingen, kam es mir auf irgendeine Weise verstärkter vor.

Sie hatte mit Verlustängsten zu kämpfen. Das wusste ich.

Ihre Eltern stritten sich so oft, und ihr Vater war schon mehrere Male ausgezogen, um sich dann Monate nicht zu melden, und anschließend wieder vor der Türe zu stehen als wäre nie etwas geschehen.

Möglicherweise hatte ich deswegen auch die Trennung lange vor mich hergeschoben.

Ich hatte nie vorgehabt ihr wehzutun.

Doch ich war nicht ihr Vater.

Ich hatte es beendet. Und dabei sollte es auch bleiben. Ich empfand bei weitem nicht dasselbe wie sie für mich.

»Das ist Sebastian.« , stellte ich daher Bel-Airs Bruder vor, statt auf ihre Eifersucht einzugehen.

Dieser begrüßte meine Ex freundlich.

Ich nutzte die Chance und ging nach draußen, nachdem ich erst nochmal mit einem Blick beurteilte, wie es bei Vincent lief. Die beiden unterhielten sich ... und lächelten.

Unter freiem Himmel zündete ich mir ein Kippchen an.

Den Schlüssel zu Engels Haus hatte ich an meinen eigenen gebunden. Doch momentan fragte ich mich, wie ihr Vater wohl reagieren würde, wenn ein wildfremder Typ einfach hineingehen würde.

Vielleicht sollte ich ihn wieder zurücklegen? Ich wusste ja nun, wo er vorzufinden war. Doch dann überkam mich der Gedanke, wie naiv es war, einen Ersatz-Hausschlüssel dort zu deponieren, wo jeder x-beliebige drankommen könnte.

Wieso hatte der Mann sie eingesperrt?

War es versehentlich geschehen?

Irgendwie glaubte ich das nicht.

Mich überkam ein ungutes Gefühl. Und ich machte mir Sorgen.

Ich kannte sie nicht gut ... und dennoch, war dieses Verantwortungsgefühl da. Mir fiel aber auch kein logischer Grund ein, jemanden im Haus einzusperren.

Selbst wenn sie ... Hausarrest hatte, wäre das echt ... überzogen.

Wohnte sie überhaupt alleine?

Ich konnte mir das nicht so recht vorstellen. Ja, ich tat es auch. Aber ich bewohnte kein Einfamilienhaus, wie Engel es tat.

Sollte ich vielleicht besser noch bei ihr vorbeischauen?

Mich erkundigen, ob wirklich alles in Ordnung war?

Erneut fiel mir auf, dass ich Idiot abermals nicht nach ihrer Handynummer gefragt hatte.

»Ist drinnen Rauchverbot oder was hängst du hier?« , fragte Vincent mich, als er seinem Kopf nach draußen streckte.

»Nee ich wollte ... etwas allein sein.«

Er kam zu mir und lehnte sich an die Wand. »Dag, wenn du irgendwas hast, dann rede mit mir.«

Seine Fürsorglichkeit verstand ich einerseits, aber es war ja nicht so, dass ich mich umbringen wollte.

Ich benötigte die Kontrolle ... über mein Leben.

Es war zwar so, dass ich damit nur den Schmerz kontrollieren konnte, den ich mir selbst zugefügt hatte, und dennoch ... besser als nichts.

Eine innere Anspannung überkam mich in solchen Momenten. Alles war voll. Nicht nur mein Kopf, auch mein Körper. Es war schwer zu beschreiben, für jemanden, der das Gefühl nicht kannte. Wie ein Ballon, den man mit immer mehr Luft füllte, obwohl er bereits kurz vorm platzen war.

In dem Fall pikste man rein und die Luft entwich.

In meinem Fall schnitt ich mir in die Haut, um den sogenannten Druck abzulassen.

Mein Therapeut gab mir den Tipp, es mit Eisklümpchen zu versuchen. Wenn man diese in der Hand zusammenpresste, löste die Kälte ebenso einen Schmerz aus, der den eigentlichen Seelenschmerz für den Moment überdeckte.

Vincent verstand es nicht. Aber er war für mich da. Das war wichtig.

Um Aufmerksamkeit ging es mir auch nicht. Schließlich hatte ich es lange verheimlicht, bis er es durch einen Zufall mitbekam. Vor Kurzem hatte er den Witz geäußert, ich könnte meinen rechten Arm mit einem Tattoo verschönern. Irgendwie gefiel mir der Gedanke.

Obwohl man seelische Qualen nicht übermalen konnte.

Ein wenig bunte Farbe drüber und alles wäre weg. So einfach war das nicht.

»Mir geht's gut.« , gab ich wieder. Vincent nickte umstandslos. »Und? Hatte ich Recht?« , versuchte ich von mir abzulenken.

Er grinste. »Sie ist hübsch und blöd ist sie auch nicht.«

»Gute Kombi.« , lachte ich und zeigte den Daumen nach oben.

»Maries Vater ist wieder ausgezogen.« , erzählte er mir.

Vielleicht war das der Anlass, weshalb sie zu mir wollte?! Das mit der Liebe zu mir redete sie sich einfach nur ein ... weil sie sonst nichts hatte.

Ich war im Grunde nur ihr Fels. Dort hockte sie, bis der tobende Sturm vorüber war. Marie bildete sich ein, mich zu benötigen, dabei war ich nur dafür gut.

»Er wird wiederkommen.« , äußerte ich mich auf den x-ten Auszug ihres Vaters.

»Für Marie und ihre Mutter wäre es vielleicht besser, wenn ... er es nicht macht.«

»Ich weiß, aber sie wird ihn eh wieder reinlassen.« Ändern konnte ich es eh nicht. Gewalttätig war er meiner Ex-Freundin gegenüber auch nie gewesen.

»Du lässt sie heut nicht bei dir schlafen?«

Ich schüttelte den Kopf. »Sie sollte bei ihrer Mutter bleiben.«

Er nickte erneut und stimmte mir somit zu.

Ich dachte jedoch mittlerweile wie gehabt an Engel ... und was bei ihr familiär gesehen ablief.

Du und ich, nur wir beideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt