ᴷᴬᴾᴵᵀᴱᴸ 13

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Die nächsten Tage verbrachte ich so viele Stunden wie nur möglich mit Engel.

Zeit mit Vincent war natürlich darüber hinaus noch da. Denn die Musik wurde uns irgendwie immer wichtiger, jetzt wo auch bei mir die Inspiration mehr und mehr anstieg.

Bel-Air war oft dabei und hörte uns zu.

In den Momenten fand ich es ein wenig traurig, dass meine Freundin nicht ebenso mit von der Partie war.

Aber ich war immer noch voller Zuversicht, dass ich sie vielleicht auch dazu bekommen würde, irgendwann mit mir nach draußen zu gehen.

Marie war mittlerweile mit Sebastian zusammengekommen.

Ja, irgendwie blieben dadurch alle in Kontakt. Da meine Ex unterdessen sogar nur bei Bel-Airs Bruder schlief, war mir natürlich direkt klar, das er für sie nur eine weitere Anlaufstelle war, wo sie ... unterkommen konnte.

Sie benötigte jemanden, der sie liebte. Ob sie dasselbe empfand, war zweitrangig. Marie gebrauchte nur diesen Schutz, dass irgendeiner da war.

Eine Person, der sie nicht verließ.

Engels Worte, das sie bald gehen würde, blieben natürlich auch in meinem Kopf. Mir ging es nicht wie Marie, ums verlassen werden im Allgemeinen, sondern darum das ich sie nicht gehen lassen wollte, weil ich wusste, dass sie genauso gerne eigentlich vorhatte bei mir zu bleiben.

Nachdem wir fertig mit recorden waren und Vincent und Bel-Air mittlerweile immer mehr auf Tuchfühlung gingen, entschied ich mich, beide alleine zu lassen.

Ich schwang mich auf mein Fahrrad und radelte los.

Ich war völlig in Gedanken.

Froh darüber, Engel gleich wieder in meinen Armen halten zu können. Und dennoch dachte ich auch im Zuge dessen nach, wie ich erfahren könnte, was genau bei ihr los war und wieso sie meine Unterkunft nicht als Option ansah, wenn sie das Haus verlassen musste.

Ich bog in einem schnellen Tempo ab und was dann geschah, bekam ich nur noch schemenhaft mit. Den Knall vernahm ich, auch wie ich kurze Zeit durch die Luft flog ... und der Schmerz, als ich mit voller Wucht erst gegen eine Windschutzscheibe und dann auf den Asphalt knallte.

Nebulös erkannte ich den Fahrer, der sich panisch neben mich hockte und rief, dass jemand einen Notarzt rufen sollte.

Dann erinnerte ich mich an nichts mehr.

Wach wurde ich einem Krankenhaus. Mir war kotzübel. Meine Rippen schmerzten. Ich blickte an hinab und da bemerkte ich Vincents Schädel, der an meinem Fußende ratzte, während er fast vom Stuhl rutschte.

»Hey.« , kam kratzig aus mir heraus und er wurde in sekundenschnelle schreckhaft wach und sah mich, noch nicht in der Realität angekommen, mit großen Augen an.

Er rieb sich diese und blinzelte, ehe er sprach. »Du bist wach?!«

»Was ist passiert?«

»Du Idiot hast Feigling mit 'nem Auto gespielt.« , antwortete er und knackte mit dem Nacken.

Ich hob die Decke an und betrachtete mich. Ich hatte ne blutige Schramme an meinem rechten Arm, aber anscheinend nichts gebrochen.

Ich tastete mein Gesicht ab, doch auch da war glücklicherweise kein Verband oder Sonstiges vorzufinden.

Vincent zeigte auf seinen Hinterkopf und ich fühlte reflexartig meinen eigenen. »Au.« , sprach ich, als ich über die frisch geschlossene Wunde ging.

»Du bist heftig auf den Kopf geknallt. Kannst aber froh sein, dass du zusätzlich nur ein paar gebrochene Rippen und Schrammen hast. Du hattest echt Glück.«

»Fuck.« Ich versuchte, mich mehr aufzusetzen und bemerkte dadurch erstmal diesen Scheiß Schmerz in der Rippengegend. »Ist immer noch derselbe Tag?«

»Nee. Du warst acht Jahre im Koma.« , war Vincents Bestreben witzig zu sein.

»Haha.«

»Du warst vorhin schonmal wach, auch bei der Behandlung. Weißt du nicht mehr?«

Ich schüttelte dezent den Kopf. »Du warst dabei?« Gleichzeitig als ich das fragte, kam nun doch ein wenig Erinnerung, wie ich den Boden in irgendeinem Behandlungszimmer vollgekotzt hatte ... und Vincent, der sich dafür bei dem Arzt entschuldigte. »Ja, du warst da.« , beantwortete ich meine eigene Frage.

»Ja. Ich hab den Krankenwagen gehört. Und als ich rausgeschaut habe, rief einer, dass jemand einen Fahrradfahrer überfahren hätte, und da bin ich direkt rausgerannt.« , erklärte er mir. »Und da lagst du dann.«

»Toll.« Ich atmete tief ein. »Wann kann ich hier raus?«

»Die meinten, die wollen dich eine Nacht mindestens hier lassen. Du hast dich übergeben.«

»Hab' ich ja gar kein'n Bock drauf.«

Vincent zuckte mit den Schultern. »Ich hab Jörg Bescheid gesagt. Dachte, er sagt das deiner Mutter, aber er meinte, er hätte die Nummer nicht, von da wo sie ist und ... aufregen will er sie auch nicht unnötig.«

Natürlich hatte er die Nummer. Meine Mutter hatte ihn öfters von der Kur aus angerufen. Das tat sie, um auch mich zu erreichen. Aber der werte Herr legte es immer so aus, als hätte ich keine Lust oder keine Zeit.

Mittlerweile war mir klar, das sie nicht versehentlich ihr Handy hatte liegen lassen. Jörg versuchte alles, um mich in ein schlechtes Licht zu rücken.

Der verantwortungslose Sohn.

Tief in Innern hoffte ich, das sie seine Lügenmärchen nicht glaubte.

»Du musst mir einen Gefallen tun.« , sagte ich.

»Klar, was denn?«

»Du musst zu Engel. Ihr Bescheid geben das ich im Krankenhaus bin. Aber übertreib nich'. Ich will nicht, dass sie sich Sorgen macht.«

»Mach ich.«

»Du musst aber den Schlüssel mitnehmen. Weil sie ... weil ich sie ja immer wieder einschließen muss.«

»Findest du das nicht auch ... ein wenig krank? Also ... ich meine, was für ein Grund würde dir einfallen, jemanden einzusperren?«

»Ich weiß nicht, was da genau abläuft.«

»Ich finde, du solltest es aber langsam mal ... mehr ansprechen.«

»Is' mir klar, aber ... sie verschließt sich wenn ich zu viel ... ich weiß doch auch nicht.«

Vincent nahm den Schlüssel entgegen, den ich ihm hinhielt.

»Und damit soll ich dann einfach rein?«

»Sie kann dir ja nicht aufmachen. Es ist abgeschlossen.«

»Aber wäre es nicht einfacher, wenn sie den Schlüssel hat?«

»Das Thema hatte ich schon mit ihr.«

Er nahm es so hin. Blieb ihm ja, genau wie mir, eigentlich keine andere Wahl.

Als er ging, sah ich, dass er zwischenzeitlich mir sogar Kleidung und ein Ladekabel vorbeigebracht hat ... und was zu futtern.

Dieser Typ war mit Gold nicht aufzuwiegen.

Der Arzt, der wenig später kam, erklärte mir, dass ich im Notfall nur einen Tag drinbleiben müsste.

Ich hoffte das Beste und machte mir auch keine Sorgen ...

Jene kamen erst, als Vincent mich ein wenig später anrief und mir berichtete, dass Engel nicht da war.

Ich hatte ihm angewiesen, im kompletten Haus nachzuschauen ... selbst die Schränke, weil ich vermutete, sie würde sich verstecken. Doch sie war nicht auffindbar.

Du und ich, nur wir beideWo Geschichten leben. Entdecke jetzt