16. Kapitel

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Der Markt zu Ehren von Herr Konrad bestand aus einer Reihe Essenständen, herangerollten Bierfässern, die das Herzogtum aus dem Norden importierte und einer Handvoll Jahrmarktsvolk, das den Bürgern Kunststücke und Unterhaltung bot.

Bunte Banner flatterten im Wind. Die Farben von Blava, azurblau und weiss, leuchteten über den Palastmauern in der goldenen Mittagssonne. Auf dem Forum drängten sich das einfache Volk und die Adeligen Schulter an Schulter. Von zwei Wachen der Garde flankiert, kämpften Saga und ihre Gefährten sich durch die Menge zu einem Schanktisch am Rand des überfüllten Platzes durch. Dort angekommen setzten sie sich in den Schatten der Mauer und genossen ein gekühltes Bier. Die Rede des Herzogs steckte allen noch in den Knochen, besonders Apollinaris war das Entsetzten noch lange Zeit ins Gesicht geschrieben. Blass wie er war, hätte man meinen können er hätte den leibhaftigen Tod gesehen. Saga schäumte vor Wut. Am Becher nippend, beobachtete sie einen Feuerschlucker, der in die erstaunte Menschenmenge grinste und ihr zuzwinkerte als er ihr Starren bemerkte. Sie erwiderte seine Freundlichkeit nicht, sondern wandte sich Apollinaris zu, der an der Mauer lehnte und gedankenversunken in sein Glas starrte. Ein Seufzen entwich ihren Lippen, sie erhob sich von der Bank und gesellte sich zu ihm. „Ich entschuldige mich im Namen meines Vaters", begann sie, „seine Entscheidung ist ein Fehler und das wird er früher oder später einsehen. In der Zwischenzeit werde ich dich in meine persönliche Dienste stellen."

Der gutaussehende Hüne blickte auf. „Was soll das bedeuten?" In seinen Augen flackerte Argwohn auf. Saga legte den Becher weg und kam ihm ganz nahe. So nahe, dass ihr sein herber Schweißgeruch in die Nase stieg. Saga lächelte unwillkürlich, dachte an die vielen Nächte, in denen sie – betört von seinem Geruch – mit ihm in den Laken gelegen hatte. Sie legte dem Soldaten die Hände auf die breiten Schultern, nur wenige Zentimeter trennten sie noch voneinander. Leise, so dass nur er sie hören konnte, hauchte sie: „Deine Erfahrung als Kriegsherr wird dir bei deinen künftigen Pflichten einen entscheidenden Vorteil verschaffen. Du wirst mein persönlicher Späher. Du kundschaftest den Hof aus, vermittelst zwischen meinen Gönnern, stellst mir eine Auflistung mit den Hofleuten zusammen die mir loyal gesinnt sind und denen die es nicht sind. Am Abend erstattest du mir dann Bericht."

„Gönner?" Brummte er, den Kopf geneigt, ein schmales Lächeln auf den Lippen. „Wie kommen Sie auf die Idee so etwas wie Gönner oder gar Unterstützer zu haben?"

Saga stellte sich auf die Zehenspitzen und wisperte ihm ins Ohr: „Oh, die habe ich gewiss. Deine Aufgabe wird es sein sie vom Verräterabschaum herauszukristallisieren und ihnen Mut zu machen. Sie sollen ihre Ergebenheit dartuen und bereit sein, wenn ich sie brauche."

Das spöttische Grinsen auf Apollinaris Lippen erlosch. „Vergeben Sie mir, Prinzessin. Mein Zorn auf Ihren Vater ist wohl auf Sie übergesprungen. Das war nicht gerecht von mir." Eine steife Brise wehte ihm ihr nach Lavendel duftendes Haar ins Gesicht. Tief einatmend, der Nähe zu ihrem warmen Körper peinlich gewahr, zierte eine zarte Röte seine narbenüberzogenen Wangen. Saga ging nicht auf seine Worte ein. Sie vergewisserte sich mit einem raschen Blick, dass sie niemand beobachtete, dann fuhr sie in gedämpftem Ton fort: „Du bist der tapferste Krieger, dem ich je begegnet bin. Deine unterstellten Männern sehen das genauso. Sie werden schnell erkennen, aus welch weichem Holz mein Halbbruder geschnitzt ist und zu dir zurückkehren. Du wirst sie mit offenen Armen begrüßen, wenn es so weit ist."

„Was, wenn meine Männer ihre Treue nicht mir schwören, sondern dem Herzog?" Verlangte der Soldat mit rasselndem Atem zu wissen. Gleichermaßen angespannt wie erregt, gab er ein interessantes Bild ab. Sagas Blick wanderte an seinem Wams hinab und blieb an der Wölbung hängen, die sich in seiner Reithose abzeichnete. „Warte ab, Apollinaris. Die Würfel sind noch nicht gefallen." Mit sanften Fingern strich sie über seine Ausbuchtung, hielt seinem brennenden Blick stand.

Der Vampir der HerzoginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt