18. Kapitel

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Im Salon wurde es schlagartig still als Saga eintrat. Mit dem gleißenden Sonnenlicht im Rücken, erinnerte ihre Gestalt an einen flammenden Racheengel. Die Miene ausdruckslos und leer, kehrte sie an ihren Platz zurück und vertiefte sich in ein Gespräch mit Gudrun, die auf ihren Geheiß gekommen war. Frau Galatea war verschwunden, aber etwas sagte Saga, dass sie nicht weit sein konnte. Ihre pulsierende Magie lag in der Luft, klebte auf ihrer Haut und benetzte ihr Gesicht wie feuchter Nebel.

„Nun denn", sprach Saga und schenkte dem Mädchen ein Lächeln, „erzähl mir von deiner Mutter. Sie war eine Priesterin des goldenen Hains, hast du gesagt, nicht?" Die Augen des Mädchens weiteten sich. „Die Götter zürnen uns, Prinzessin. Sie ziehen sich in den hohen Norden zurück und ignorieren unsere Gebete."

„Was sagst du da?"

Sorge sprach aus Gudruns Gesicht. „So ist es. Der Kontinent gehörte einst ihnen. Die Menschen haben sie verehrt, ihnen Opfergaben gebracht. Man ist der Auffassung, alles sei beim Alten geblieben, aber dem ist nicht so. Die Kirche hat den alten Glauben über die Jahrhunderte hinweg denunziert, die Götter verdammt und sie somit nach viel Blutvergießen vertrieben. Man mag es nur schwer glauben können, aber die Vampire haben viele Gemeinsamkeiten mit dem Elfenvolk, sie sehnen sich ebenso nach Eintracht und Frieden."

Saga rückte näher zu ihr und drängte sie in gedämpftem Ton weiterzusprechen.

„Der letzte Tempel, der noch den alten Göttern huldigt, ist zu einer Ruine verkommen. Die Kirche und... bitte verzeiht, Prinzessin, der Herzog behindern sämtliche Finanzierungen und leiten die Spenden der Bevölkerung in die Taschen der Kirche um." Ein Schatten verdunkelte Gudruns Miene. „Die Kirche sagt ihr Gott hält nichts von Gold und Reichtum und behält es ihm deshalb wohl vor. Die alten Götter jedoch lieben es, sie werden von funkelnden Juwelen, Gold und Silber wie magisch angezogen. Wenn wir den goldenen Hain weiter verkommen lassen, wird das enttäuschte Desinteresse der Götter in rasenden Zorn umschlagen."

Saga stockte der Atem. „Mein Vater?" Fragte sie ungläubig.

Gudrun schluckte nervös. „Vergebt mir, Eure Hoheit aber Euer Vater ist dem Bischof von Blava sehr zugetan..." – „Er ist ihm hörig wie ein Köter." Unterbrach sie Gudrun kühl. „Es ist kein Verbrechen die Wahrheit auszusprechen, Kind. Fahre fort."

Gudrun nickte. „Jawohl, Prinzessin. Nun, womöglich ist Ihnen die düstere Gemütsverfassung von Frau Galatea aufgefallen. Was mich mehr als überrascht hat, da meine Mutter stets mit großer Hochachtung und Liebe von ihr gesprochen hat. Galatea, müsst Ihr wissen, ist unter den Priesterinnen eine sehr verehrte Dame. Sie ist die einzige weibliche Göttin, die nach den Kriegen noch übriggeblieben ist. Unter den Gläubigen ist sie als die Mutter bekannt."

Sagas Herz machte einen schmerzhaften Hüpfer. Wenn eine Frau in Blava gebar, betete sie zur Mutter. Wenn sie Schwierigkeiten mit der Empfängnis hatte, bat sie zur Mutter. Wenn ihr Kind von Krankheiten bedroht war, bat sie zur Mutter. Die Mutter war die Schutzpatronin der Frauen und Kinder.

Den Mund trocken, hauchte sie: „Es war mir nicht klar... hätte ich gewusst, wer mich mit seiner Anwesenheit beehrt, ich..."

„Der Herzog kennt sich mit der Geschichte unseres Landes nicht aus und der Rat hält es nicht für wichtig, ihn oder Sie zu informieren." Erwiderte Gudrun mit einem Hauch von Ärger in der Stimme. Sie beugte sich vor und griff nach Sagas Hand. Diese zuckte zurück, erstaunt von der Respektlosigkeit ihrer Dienerin. „Frau Galatea wird in einem winzigen Schlösschen ihrer selbst überlassen, niemand erweist ihr oder Herrn Orpheus auch nur ansatzweise den Respekt, den ihnen gebührt. Mit Verlaub, Prinzessin, das ist töricht... mehr als töricht, es ist gefährlich."

„Du hast recht. Wenn Vater nichts unternehmen möchte, werde ich das tun. Gleich morgen früh werde ich den Baumeister herbeordern und ihm auftragen einen Landsitz für Frau Galatea und Herrn Orpheus zu entwerfen."

Der Vampir der HerzoginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt