42. Kapitel

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Die Vereinigung von Mann und Frau sei das Natürlichste der Welt, so die Gewissheit in Blava. Wie aber verhielt es sich, wenn eine der Parteien ein unsterblicher Gott war?

Saga saß an ihrem Frisiertisch und beobachtete Herrn Orpheus durch den Spiegel. Er lag ausgestreckt auf ihrem Bett und sah hoch an den Baldachin, so wie sie es oft tat, wenn sie nachdachte.

Ein kleines Feuer prasselte im Kamin und bot gerade genug Licht, um die Umrisse der anwesenden Zeugen zu bescheinen. Still saßen sie in der Dunkelheit und beobachteten. Jedida, ein paar Hofbeamte, darunter Agapius und Arsenius, waren anwesend.

Bellatrix, die Dienerin, löste Sagas Frisur und half ihr in ein leichtes Nachtgewand aus Leinen. Dann führte Jedida die Herzogin zum Bett, wo Orpheus bereits wartete. In ein Untergewandt aus blassblauer Seide gekleidet, die schulterlangen Haare offen, ähnelte er einem ganz gewöhnlichen Mann. Wären da nicht die Augen gewesen, die überirdische Schönheit und die Magie, die durch den Raum pulsierte.

Saga legte sich neben ihn ins Bett. In ihr Bett, dass sich plötzlich so fremd anfühlte. Ein Frösteln schüttelte ihren Körper. Sie zog die Decke bis unters Kinn und warf einen unsicheren Blick zur Hohepriesterin, die daneben stand.

„Möge diese Nacht der Beginn einer geheiligten Blutlinie sein!" Raunte Jedida, breitete die Arme über ihnen aus und sprach ein kurzes Gebet.

Starr, angespannt wie aus Stein, lag Saga in den weichen Kissen und war sich der Gegenwart ihres Mannes peinlich gewahr. Die Bettdecke roch nach ihm, die Luft war durchtränkt mit seinem herben Duft. Er legte sich leicht wie ein Nebelschleier über ihre Sinne, kroch in ihren Geist und entleerte ihn gänzlich.

„Entferne dich, Frau", erklang die raue Stimme Orpheus, „setze dich in die hinterste Ecke dieses Raums."

Die Hohepriesterin gehorchte und zog sich zurück. Sie gesellte sich zu den anderen Zeugen und verschmolz mit den Schatten.

„Mit ein wenig Vorstellungskraft gelingt es uns bestimmt sie auszublenden."

Saga nickte, sämtliche Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Wovor hatte sie nur solche Angst, fragte sie sich. Den Akt hatte sie schon viele Male erlebt und mit verschiedenen Männern.

Orpheus setzte sich in seinen Kissen auf, zog die Bettvorhänge zu und musterte Saga abwartend. Sein bohrender Blick durchdrang ihr innerstes, legte frei was unter Seelengeröll verborgen gewesen war.

Eine warme Träne rann ihre Wange herab. Eilig wischte Saga sie fort.

„Leg dich hin, entspann dich und schließe die Augen." Seine Stimme war nahe, überall, sie halte von ihrer Schädeldecke und schlug ihre Krallen in ihr Fleisch. Sie atmete tief durch, versuchte ihre verkrampfte Leibesmitte zu lockern.

„Ihre Blicke widern mich an." Gestand sie, ein ersticktes Schluchzen zerriss die Stille. Zwischen den Wimpern hervorlinsend sah sie, wie sich ihr Mann langsam näherte. Sein breiter Oberkörper nahm ihr das Sichtfeld, füllte es aus, bis nichts anderes mehr existierte.

„Wir haben heute vieles erreicht. Wir dürfen stolz auf uns sein."

Saga nickte. Ein schmerzhafter Kloss drückte ihr in der Kehle. „Ja." Hauchte sie tonlos. Verzweifelt versuchte sie sich vorzustellen, die dünnen Vorhänge wären Mauern. Das Gefühl ausgeliefert zu sein überkam sie mit solch einer Wucht, dass ihr Tränen in die Augen schossen. „Für diese Erniedrigung werden sie büßen." Entschloss sie wutentbrannt.

„Das werden sie." Seine Stimme umhüllte sie wie kühle Seide. „Aber für den Moment darfst du ihnen keine Beachtung schenken. Sieh mich an, Saga."

Saga sah auf und begegnete seinen ungleichen Augen. Sie glühten wie Sterne, die vom Himmel gefallen waren und ihre Bestimmung in seinem Antlitz gefunden hatten. Wie von selbst wanderte ihre Hand seine warme Brust empor und kam auf seiner Wange zum Stehen. Seine Haut war weich wie der Flügel eines Schmetterlings. Ihre Finger verfingen sich in seinen Haaren, erkundeten seine glatte Stirn, die gerade Nase und die geschwungenen Lippen, die sich unter ihrer Berührung zu einem Lächeln krümmten. Schwerelos wie die Gischt legte er sich auf sie. Er stemmte die Arme zu beiden Seite von ihr in die weichen Kissen, so dass sein Gewicht sie nicht erdrückte. Sein Augen baten sie still um Erlaubnis.

Der Vampir der HerzoginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt