Teil 1

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Den seligen regnet es ins Grab...

Cel schluckte an den Tränen, die ihr in den Augen aufstiegen, als der Pfarrer über die zurückgezogen lebende alte Dame sprach, die immer so gut zu allen verlassenen oder ausgesetzten Tieren gewesen war.

Sie hatte Nana schon so lange nicht mehr gesehen.
Seit sie damals von ihrer bescheuerten Mutter aus dem Krankenhaus geholt wurde, wo sie wieder einmal lag, um vor sich hin zu vegetieren. Doch damals ging es ihr dank neuer Medikamente etwas besser und sie sollte nach Hause gehen...
Klar... wo es rein gar nichts für sie gab. Denn auf ein Kind im Haushalt war ihre schräge Mutter nicht vorbereitet. Sie kam immer nur ins Krankenhaus wo sich andere zu kümmern hatten.
Also hatte sie ihr Kind, mit dem sie rein gar nichts anzufangen wusste, zu ihrer Mutter gebracht wo Nana Celine selbstgebackenen Kuchen und eine Kräutermedizin serviert hatte, die ihr tatsächlich gut tat.
Aber davon wollten die Ärzte und auch ihre Mutter natürlich nichts wissen.
Herbalistischer Unfug einer alten Kräuterhexe, hatten sie damals geschimpft und sie nach dem nächsten Anfall, viele Wochen später lieber wieder unter diese fiesen harten Drogen-Medikamente gesetzt.
Doch Nana war nicht wieder aus ihrer Welt verschwunden. Und sie hat ihr auch weiterhin ihre Kräutermedizin gebracht oder geschickt, hatte ihr auch weiterhin Kuchen gebacken und war für ihre Enkelin da gewesen, obschon sie fast ein halbes Land entfernt, fast 500 km weiter oben im Norden lebte.

Kurz blickte sie über das Grab hinweg auf die andere Seite hin, wo die Dorfbewohner aber auch ein weiterer, ungebetener Trauergast standen.
Ihr geldgieriger Onkel Heinrich hatte sich tatsächlich doch mal in seinen dicken Mercedes gesetzt um hier raus zu fahren und seine Liebe Mutter zumindest rein offiziell zu betrauern, die ihn aber schon vor vielen Jahren enterbt hatte. Seine neue Frau, aufgetakelt wie eine Kriegs-Fregatte, schien mehr als nur bereit gleich nach der Beerdigung, welche sie sichtlich langweilte, in seinen reichen Hafen einzulaufen und Onkelchens Stimmung zu heben.
Vermutlich war sie ganz passabel im Bett, sonst hätte Onkel Heinrich sie sicher nicht geheiratet.
Doch das einzige, was diese Frau hier gerade zu interessieren schien, war, nicht der Beerdigung ihrer Schwiegermutter beizuwohnen und der Toten etwas Respekt zu zollen, sondern einfach nur die Hand in die Hosentasche ihres Onkels zu stecken und dann ganz eindeutig an ihm rum zu machen.

Ja... toll ... nicht!

Cel hätte glatt kotzen mögen.
Diese irre Schlampe!
Doch sie bezwang sich und richtete ihren Blick rasch wieder auf den Pfarrer, dem das Gebaren ihrer „Tante" wohl ebenfalls aufgefallen war und der ihr nun noch während seiner Predigt kurz aufmunternd zunickte.
Bevor er die Lobpreisung über das Gemüt und die Wohltätigkeit ihrer Nana verletzten Menschen und Tieren gegenüber beendete und sich ihr zuwandte...
Hu?!
„...sie hinterlässt eine überaus geschätzte und liebenswerte Enkeltochter, welche ihr in unzähligen Briefen ihre lebensbejahende Anteilnahme wie auch tiefe Bindung zusicherte, derweil sie selbst Jahrelang Krank und Bettlägerigkeit war, wie wir von Augusta hörten, die es niemals müde wurden ihr gutes Herz und vielen Anrufe wie auch familiäre Sorge um sie zu loben.
Umso wohler wird es der alten Dame sein ihre liebe Celine nun hier stehen zu sehen... und seien sie versichert, liebe Angehörige... das Augusta bis zu ihrem letzten Atemzug an sie dachte und ihnen nur das allerbeste wünschte...", sagte der Pfarrer noch und ignorierte vollkommen das leise Räuspern von Onkel Heinrich, der nun wohl ebenfalls ein Loblied auf sich selbst gesprochen zu hören erwartete.

Doch der Pfarrer wandte sich nun wieder reichlich stoisch blickend an die Gemeinde.
Beinahe hätte Cel nun gegrinst.
Ja...
Aber nur beinahe.
Geschah ihm recht!

„Die Trauerfeier zu Augustas Ehren findet im Anschluss im Gemeindesaal statt. Ausgerichtet wird die Feier von Night Lacette und Rain Jansen, die auch alle entstehenden Kosten dafür übernehmen werden, zu Ehren ihrer langjährigen  guten Nachbarin.", schloß er den Trauergottesdienst und ignorierte Onkel Heinrich immer noch weiter, der nun empört vortrat um die Kleine Schippe zu ergreifen und mit etwas schlammiger Erde seiner Mutter den letzten Dienst zu erweisen.
Doch wiederum drängte ihn der Pfarrer zurück und stieß ihn nun sogar schon fast.
Verzeihung...?!"empörte er sich offensichtlich wobei er aber höflich und kalt klang. „Die letzte Angehörige hat natürlich den Vortritt am Grabe!", wollte er ihm auch noch die kleine Schippe abnehmen, doch Cat wartete nicht mehr länger auf den Kampf oder das Geschrei, das gleiche sicher aufkommen würde, trat nur eilig vor und ergriff mit ihrer linken, bebenden Hand die Erde vom Haufen, um sie zusammen mit der Blume, die die unterwegs noch besorgt hatte, in das Grab fallen zu lassen, in das der Rosenholzsarg versenkt worden war.
Gelbe und orangerote Gerbera ... die Lieblingsblumen von Nana schmückten diesen, der ziemlich teuer und edel aussah.
Ob sie dafür überhaupt noch genug genügend Geld gehabt hatte?
Wenn sie doch nur früher gekommen wäre...
„Leb wohl, Nana!", flüsterte sie nur leise und schniefte dann doch ein paar Tränen fort, die ihr unwillkürlich gekommen waren.

Wolfsbraut - Im Bann der AlphaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt