»Okay, eine Badehose für mich, eine für Nico, zwei Handtücher und etwas Geld. Jetzt sollte ich alles haben.«
Ich schaute mich in meiner kleinen Wohnung um, für den Fall, dass mir noch etwas ins Auge sprang, was ich vergessen hatte, doch ich mir fiel nichts Weiteres ein. Das Wichtigste waren die Badehosen und die Handtücher und die hatte ich.
Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich mich endlich auf den Weg machen sollte, um pünktlich bei Nico sein zu können. Ich hoffte, dass ihm die Idee mit dem Freibad gefiel. Es war das letzte warme Wochenende dieses Jahres sein, also sollten wir das nochmal richtig ausnutzen und nach dem Trampolinpark kam mir ein Treffen auf einen Kaffee oder ein Kinobesuch zu langweilig vor.
Es war nicht ganz so durchdacht, dass ich erst eine halbe Stunde zu Nico fuhr, nur um dann wieder zurück nach Murfreesboro zu fahren. Aber ich wollte, dass unser Ausflugsziel eine Überraschung war, und ich wollte ihn abholen.
Dieses Mal hatte ich nicht das Glück, dass jemand anderes gerade das Gebäude verließ, als ich ankam, weshalb ich an der Haustür klingeln musste.
»Hallo?«, ertönte Finns Stimme durch die Gegensprachanlage.
»Finn, du sollst doch nicht an die Anlage gehen! Hallo?« Das war nun Nicos Stimme.
»Polizei, ich bin hier, um einen gewissen Nico Morris abzuholen.«
»Mhh, tut mir leid, Sir, aber meine Mutter hat mir beigebracht, keine Fremden reinzulassen.«
»Aber du kennst doch Dylan, er ...«, ertönte gleich darauf Finns Stimme, bevor die Übertragung abbrach und das Geräusch ertönte, dass mir verriet, dass ich die Tür öffnen konnte. Keine Minute später stand ich vor seiner Tür, die einen Spalt geöffnet war. Ich klopfte vorsichtig an und wollte die Tür schon weiter öffnen, als sie aufgerissen wurde und ein breit lächelnder Finn vor mir stand.
»Hallo Dylan!«
»Hallo, Oliver!«
Geschockt öffnete er den Mund. »Du hast schon wieder meinen Namen vergessen!«
»Finn, du sollst nicht so schreien!«, kam die Stimme von Nicos Mutter aus der Wohnung, bevor sie in den Flur trat. »Hallo Dylan, schön dich zu sehen. Komm doch rein, wir haben einen Nachbarn, der ist ein bisschen speziell.«
»Ja, den durfte ich das letzte Mal schon kennenlernen.«
Ich schloss die Tür hinter mir, doch blieb gleich stehen, als ich an meinen letzten Besuch dachte. Nico hatte nicht gewollt, dass ich weiter in die Wohnung ging.
»Komm mit in die Küche. Nico und Finn haben Kekse gebacken. Nico macht sich gerade noch fertig.«
»Danke«, erwiderte ich höflich und trat in die kleine gemütliche Küche, wo Finn schon wieder am Tisch saß und besagte Kekse futterte.
»Du bekommst keine! Du hast schon wieder meinen Namen vergessen!«
Ich lachte. »Das war doch nur ein Scherz, Finn«, meinte ich mit einem Augenzwinkern und er lächelte.
»Na gut, aber du bekommst einen von Nicos Keksen.«
Er hielt mir einen Schokokeks hin und ich nahm ihn mit einem Danke entgegen, bevor ich mich auf einen der Küchenstühle niederließ.
»Mom, wo ist mein graues T-Shirt?«, hallte Nicos Stimme durch die Wohnung.
»Im Bad, mein Schatz«, war die Antwort.
Einen Moment später tauchte Nico in der Küche auf.
»Hey«, begrüßte er mich mit einem Nicken, »Ich bin so weit. Darf ich jetzt erfahren, wo es hingeht?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, lass dich überraschen.«
»Wo geht ihr hin? Darf ich mit?«
Nico wuschelte ihm durch die braunen Locken. »Nicht dieses Mal, kleiner Mann, wir machen morgen was zusammen, okay?«
»Mit Dylan?«
»Ich weiß nicht, ob Dylan morgen Zeit hat.«
Die Blicke beider wanderten zu mir. »Ähm, an sich habe ich nichts vor.«
Finn jubelte. »Ja, wir machen etwas zu dritt!«
»Okay, wir schauen mal, okay? Viel Spaß mit Madame Georgia später.«
»Danke, Nini.«
Nico verließ die Küche und ich folgte ihm, nachdem ich mich von Finn verabschiedet hatte.
»Mom, wir machen los! Bis später!«
»Bis später, mein Schatz. Amüsiert euch gut!«
»Achso, muss ich noch irgendwas mitnehmen?«
»Nein, ich hab alles dabei«, erwiderte ich und zeigte auf meinen Rucksack.
»Wir gehen aber nicht wandern, oder?«, fragte Nico, als wir das Treppenhaus hinunterliefen und das Gebäude verließen.
»Nein, aber stell keine weiteren Fragen, ich werde sie dir nicht beantworten.«
»Schon gut, ich frag nicht weiter.«
»Nun, fragen kannst du mich, was du willst. Nur nicht über unser Ausflugsziel.«
»Du willst also das gleiche Spiel wie das letzte Mal spielen?« Er klang nicht so, als würde ihm die Idee gefallen.
Ich zuckte mit den Schultern. »Wir können auch was anderes spielen, wenn du eine Idee hast. Sobald wir in der Bahn sitzen, fahren wir noch eine halbe Stunde.«
Er schien zu überlegen und ich wartete geduldig, bis unsere Bahn kam und wir uns zwei Plätze ergattert hatten.
»Lass uns Was ist deine Meinung? spielen.«
Ich zog die Augenbrauen noch. »Hast du dir das gerade ausgedacht?«
»Ich habe es mir ausgedacht, aber nicht gerade.«
»Okay, wie sind die Regeln?«
»Es wird ein Thema genannt oder eine Meinung oder Aussage - was auch immer - und jeder muss seine Meinung dazu geben.«
»Okay, was ist das erste Thema?«
Wieder überlegte Nico. »Mhh, Winter oder Sommer?«
»Sommer«, sagten wir beide gleichzeitig und lachten.
»Jetzt ich?« Nico nickte. »Roadtrip oder Flugzeug?«
»Nun, das kommt ganz darauf an, ob das tatsächliche Ziel oder die Reise das Ziel ist.«
»Schön gesagt.«
»Tatsächlich bin ich noch nie mit dem Flugzeug geflogen.«
»Du bist noch nie geflogen?«, fragte ich überrascht.
»Höchstens auf die Nase.«
Das konnte ich mir kaum vorstellen, so oft wie ich durch Familienurlaube schon geflogen war.
»Du bist also fürs Flugzeug?«, fragte Nico.
»Nun, tatsächlich muss ich mir deine Antwort klauen. Die war zu gut.«
Er lachte. »Okay, weiches oder hartes Ei?«
Ich warf ihm einen Seitenblick zu, weshalb er gleich präzisierte: »Frühstücksei.«
»Definitiv hart gekocht.«
»Nein! Wirklich?«
»Ich nehme an, du bist für weichgekocht?«
»Natürlich! Das Eigelb muss flüssig sein!«
Ich schob die Unterlippe vor und wiegte mit dem Kopf leicht hin und her. »Na ja. Am besten einfach Rührei.«
Wieder lachte er und ich konnte nicht bestreiten, dass es mich stolz machte. Ich mochte sein Lachen.
»Ich bin wieder dran - Film oder Serie?«
»Film. Hab keine Zeit für Serien.«
Nun war es an mir, ihn etwas ungläubig anzusehen. »Du hast noch nie eine Serie gesehen?«
Er schüttelte den Kopf.
»Okay, das kann ich so nicht stehen lassen. Wir werden eine ansehen!«
»Ach ja?«
»Ja, da kommst du nicht mehr raus. Welches Genre interessiert dich? Action, Fantasy, Krimi?«
»Eigentlich egal. Fantasy vielleicht.«
»Gut, dann such ich was raus. Du bist dran.«
Er überlegte. »Waffen.«
»Dagegen. Du?«
»An sich auch dagegen, aber sie sind leider Bestandteil dieser Welt. Und wenn ein bewaffneter Polizist einen bewaffneten Attentäter davon abhalten kann, weitere unschuldige Menschen in den Tod zu reißen, dann sollte er seine Waffe nutzen.«
Ich nickte. »Durch strengere Waffengesetze würde es aber weniger Attentäter geben.«
»Sicher, das ist nicht zu bestreiten, aber auch mit strengeren Gesetzen finden Leute einen Weg, um an Waffen zu kommen.«
»Leider.«
Nico nickte zustimmend.
»Jetzt wirds heikel - die oder das Nutella?«, fragte ich mit einem Grinsen.
»Ich weiß wirklich nicht, warum es darum so eine Diskussion gibt. Das Nutella?«
»Falsch! Es ist ganz eindeutig die Nutella! Okay, aber jetzt - mit oder ohne Butter?«
Er zuckte nur mit den Achseln. »Keine Ahnung, hab noch nie Nutella gegessen.«
Jetzt blieb mir aber wirklich der Mund offenstehen. »Noch wie?«
Er schüttelte den Kopf.
»Also hier komm ein paar Wahrheiten aus Licht ...«
Er lachte. »So schlimm?«
»Aber wie!«
»Na ja Nutella ist teuer und meine Mutter hat immer gesagt, dass es nicht gesund und die anderen Schokoladen genauso gut sind.«
»Natürlich ist es nicht gesund. Soll ja auch lecker sein. Und dass andere Schokoladen genauso gut sind, ist eine glatte Lüge.«
Er lachte nur erneut.
DU LIEST GERADE
Liebes Tagebuch ... (bxb)
عاطفيةLiebes Tagebuch. Mein Name ist Nico, ich bin 17 Jahre alt und hasse mein Leben. --- Nico hat es gewiss nicht leicht. Sein Vater ist nach Asien abgehauen und hat ihn, seine Mutter und seinen kleinen Bruder zurückgelassen. Seine Mutter hat kaum Zeit f...