Kapitel 22

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Unwillkürlich verkrampfte ich mich. »Tayla ... ich meine, Zischß ist verschwunden«, erklärte ich ihrem Vater nachdrücklich. Ein Kloß hatte sich in meinem Hals gebildet und eine unsichtbare Kraft schien mich zu zerquetschen. Ich achtete auf jede Veränderung seiner Gefühlsfarben. Aktuell war sie dunkelgrün mit feinen gelb-orangenen Strichen. Aber ich musste sie nicht lesen können, um zu deuten, dass es ihn traurig überraschte. »Ich habe überall gesucht, aber sie ist wie vom Erdboden verschluckt. Meine letzte Hoffnung war, sie hier zu finden. Ist sie wirklich nicht da?«, ging ich noch mal auf Nummer sicher. Ich wollte diese Tatsache wohl einfach nicht wahrhaben.

»Nein, hier ist sie nicht.« Er machte eine kurze Pause. »Kann der Boden meine Tochter wirklich verschluckt haben ...?« Die Besorgnis in seiner Stimme war nicht zu überhören.

Wenn ich mich mit ihnen unterhielt, sollte ich besser auf Sprichwörter verzichten, sonst gab es weitere Missverständnisse. Davon brauchte ich echt nicht noch mehr. »Äh, nein. Das sagt man nur so«, erklärte ich verlegen.

»Das beruhigt mich«, gestand er und seine Gefühlsfarben schwächten ab, doch Streifen der Besorgnis blieben zurück. »Wir werden sie suchen gehen. Mit dem ersten Licht des Tages werden wir aufbrechen. Sagt dem Rest Bescheid.«

Entsetzt von den Folgen ergriff ich schnell das Wort. »Nein!«, rief ich, bevor es weitergegeben werden konnte. Auf einmal wandten sich alle Anwesenden mir zu. Wieder hatte ich die volle Aufmerksamkeit aller Aliens. Ich bemühte mich darum, mich nicht aus der Fassung bringen zu lassen. Also erklärte ich es rasch. »Ihr habt bereits Ärger mit den Menschen und wenn ihr euch jetzt in der ganzen Stadt blicken lasst, würde Panik ausbrechen. Das wäre weder für euch noch für Zischß für Nutzen.« Vor meinem inneren Auge sah ich bereits Menschenmengen aus der Stadt fliehen. Die Aliens sollten besser nicht weit außerhalb ihrer Kugeln gesehen werden. Jedenfalls nicht, bevor die ganzen Missverständnisse aufgedeckt wurden.

»Nur kann ich sie nicht allein, ohne ihre Lage zu kennen, in eine unbekannte Welt lassen.« Wahrscheinlich konnte ich ihn nicht davon abbringen, also musste ich sein Vorhaben nach hinten verschieben und so viel Zeit wie möglich ausschöpfen.

»Ihr könnt euch noch nicht zeigen. Die Menschen glauben, dass einer von euch jemand von Meinesgleichen umgebracht hat, doch das stimmt nicht. Sie trauen euch deshalb nicht und dann kam noch die heutige Auseinandersetzung dazu«, erklärte ich erneut. »Lasst mich sie vorerst allein suchen.« Ich konnte nicht zulassen, dass sich weitere Außerirdische in Gefahr brachten und damit auch andere Menschen. Doch ich bezweifelte, Tayla zeitnah zu finden. Warum sollte sie auch einfach so, ohne Grund gehen und es keinem sagen? Das ergab keinen Sinn. Ihr musste etwas zugestoßen sein. Allerdings behielt ich diese Vermutung vorerst für mich.

»Also gut, dann werden wir nicht sofort aufbrechen. Aber wenn sie sich nicht nach zwei Dunkelheiten meldet, werden wir sie selbst suchen«, sagte Xiß und erhielt von den anderen Lichtlebewesen zustimmendes Gemurmel. Wahrscheinlich meinte er damit zwei Nächte. Zwar gab ich ihm meine Zustimmung, doch eigentlich war es mir nicht ganz recht. Wenigstens hatte ich mir etwas Zeit verschafft, in der ich die Menschen auf meine Seite bringen und sie von der Wahrheit überzeugen konnte. Die Aliens waren intelligente und freundliche Wesen, die keine Gefahr darstellten. Schließlich waren sie nur hier, um diesen Planeten zu erforschen. Wir konnten noch viel voneinander lernen. Vielleicht würde das auch in nicht allzu entfernter Zukunft geschehen. Hoffen durfte ich ja. »Bist du nur deshalb hergekommen?«, forschte Xiß nach. Tatsächlich hatte ich für einen Moment vergessen, weshalb ich hier war.

»Nein«, sagte ich und wollte schon mein Anliegen aussprechen als mir etwas einfiel. Momentan unterhielten wir uns zwischen Tür und Angel. Vor allem das Licht aus dem Inneren der Kugel erweckte Aufmerksamkeit. Dieses Treffen musste geheim bleiben. »Es ist besser, wenn wir das ungesehen besprechen.«

Ich brauchte es nicht weiter zu erklären, er verstand es auch so. »Dann komm rein. Mir ist es auch angenehmer, wenn uns diese merkwürdigen Menschen rund um das Wasser nicht beobachten. Da wir bereits ein paar Analysen vor der Landung über diesen Planeten durchgeführt hatten, fiel uns auf, dass sie nur Teile mit Landmasse bewohnten und das Wasser nicht ihr Lebensraum war. Deshalb landeten wir auch hier ... Aber ich schweife ab, erzähl uns erst einmal, weshalb du uns außerdem aufgesucht hast«, endete Taylas Vater, als ich drinnen war und sich die Öffnung verschlossen hatte. Das letzte Mal war ich sichtlich nervöser gewesen, allerdings würde ich jetzt ruhig bleiben und erst einmal meine Gedanken sortieren. Dieses Gespräch war extrem wichtig. Für mich und die gesamte Welt. Okay, das machte mich nun doch innerlich unruhig.

»Es gibt viele Missverständnisse zu beseitigen. Den einen hatte ich vorhin schon angesprochen.« Ich machte eine kurze Pause, um mich zu vergewissern, ob er wusste, welchen ich meinte. »Und der andere ist heute entstanden. Zumindest denke ich das. Ich muss wissen, wie es zu der Reaktion mit dem Blitz kam, als ihr mit dem Offizier geredet habt.« Es war hoffentlich nichts Schlimmes vorgefallen. Doch irgendetwas musste ihn sehr wütend gemacht haben. Sicherlich wurde nicht grundlos auf das Boot geschossen. Wenigstens ist die Situation ohne Verletzte ausgegangen. Das wäre sonst zu einem riesigen Desaster geworden - größer als es eh schon war. Noch schlimmer konnte es doch nicht werden, oder?

Xiß seufzte. »Du meinst den im Boot?« Ich nickte, auch wenn das überflüssig war. »Vielleicht sollte dir das Szez erzählen, denn er hat den Blitz entfacht.« Daraufhin schwebte ein weiteres Alien vor. Die anderen zogen sich zurück.

»Der eine im Boot hat uns vorgeworfen, einen Menschen getötet zu haben und dass wir Mörder wären, gegen die ohne Gnade vorgegangen werden muss, bevor wir zu einer größeren Gefahr werden. Nichts davon stimmt!« Aufgebracht machte er eine kurze Pause. Eine Pause, in der ich eine Idee bekam.

»Warte, bevor du weiterredest«, schob ich schnell dazwischen und kramte in meinem Rucksack.

»Was hast du vor?«, wollte Szez verwundert wissen.

Endlich hielt ich das Gesuchte in der Hand. »Und jetzt erzähl noch mal, warum du den Blitz entfacht hast. Am besten genauso authentisch wie gerade«, erklärte ich und schaute auf das Display der Kamera, um alles aufzunehmen. Was war ein besserer Beweis als ein Video?

»Was bewirkt dieser Kasten?«, fragte der Außerirdische unsicher, wobei ich rot-orangefarbenes Licht in ihm ausmachte. Er glaubte doch nicht etwa, dass ich ihm damit etwas antun würde. Dieses Misstrauen zwischen Menschen und Aliens und andersrum begann mich zu nerven. Klar, jeder hatte seine berechtigten Gründe, aber ein wenig Optimismus konnte nicht schaden. Davon hatte ich selbst manchmal zu viel. Um Szez das Können des Kastens zu zeigen, drehte ich das Display zu ihm und demonstrierte es, während ich eine Erklärung dazu abgab. »Die Speicherung des Lichts ist wirklich beeindruckend. Zwar habe ich bereits davon gehört, aber jetzt, da ich es vor mir habe ... Die Menschenkunst ist wirklich bemerkenswert, ... obwohl ihre Fähigkeiten weit unter den unseren liegen.« Leider konnte ich bei der letzten Anmerkung nicht widersprechen. Als Mensch konnten wir keine Blitze verschießen, aber was wir nicht hatten, nahmen wir uns. Wir hatten das Fliegen erlernt, das Tauchen bis zum Meeresgrund, Licht im Dunkeln erschaffen, Krankheiten überwunden und stehen an der Spitze der Nahrungskette. Und doch waren wir selbst neben den Naturgewalten der größte Feind. Der Mensch ist weit über seine Grenzen hinausgewachsen und heute gehörte all das zu unserem Alltag. Die ganzen Erfindungen waren nicht mehr wegzudenken.

Aber jetzt konzentrierte ich mich erst einmal auf das Interview des Aliens. Auch das hätte ich nie für möglich gehalten. Ich redete ganz normal mit diesem Außerirdischen und wollte den Rest der Menschheit von ihrer Gutmütigkeit überzeugen, obwohl ich es nicht hundertprozentig wusste. Irgendetwas tief in mir glaubte daran. Anfangs hatte ich ja selbst Angst, doch diese war jetzt völlig unbegründet. Vor allem, nachdem ich erfahren hatte, dass die Aliens ebenfalls aus Angst Abstand schaffen wollten. Nun sind wir über unsere Schatten gesprungen. Es ist Zeit für Veränderung. Für Offenheit.

Dieses Video könnte alles ändern - und das hoffentlich zum Guten.

Alienwar - Ist das der Untergang?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt