Kapitel 10 - Trost

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Genervt öffnete ich also die Tür und war ziemlich überrascht, als ich sah, wer davor stand.

"Taddl? Was... machst du hier? Müsstest du nicht eigentlich unten bei deinen Freunden sein?", erstaunt sah ich ihn an. Was machte er hier?

"Ich... Ähm, naja... Du sahst so traurig aus und da dachte ich halt, dass ich, nun ja, mal nach dir schaue.", erklärte er und blickte mich unsicher an.

"Aha.", meinte ich nur und machte Anstalten, die Tür zu schließen.

"Jetzt warte doch mal!" Noch bevor ich ihm die Tür vor der Nase zuknallen konnte, schob er seinen Fuß in die Tür. Doch das realisierte ich erst, als ich die Tür zuwarf, also fiel diese mit voller Wucht auf seinen Fuß. Upps.

"Oh Gott, sorry! Das wollte ich echt nicht. Geht's?" Geschockt riss ich die Tür wieder auf. "Komm rein, ich hol dir ein Kühlpack." Ich hatte zwar eigentlich keine Lust, mit Taddl zu reden, aber ich konnte es ja schlecht bringen, erst seinen Fuß halb zu zertrümmern und ihm dann nicht zu helfen.

Während ich also schnell in die Küche lief und was zum Kühlen aus dem Gefrierfach holte, verzog er sich ins Wohnzimmer, wo er sich aufs Sofa legte und seinen Fuß besorgt ansah.

"Ist es arg schlimm?", erkundigte ich mich besorgt und reichte ihm einen Beutel mit Eiswürfeln.

"Naja, passt schon. Ist halt geschwollen, aber ansonsten ist alles in Ordnung.", beruhigte er mich und klopfte neben sich aufs Sofa. "So, jetzt sitzen wir hier sowieso 'ne Weile nebeneinander rum, also frag ich einfach mal. Was war vorhin los? Du sahst so verdammt traurig aus."

Ok, scheiße. Eigentlich hatte ich absolut gar keine Lust, ihm jetzt alles zu erzählen, aber andererseits wäre es total unhöflich ihn jetzt einfach hier sitzen zu lassen, nachdem er extra hochgekommen war UND ich ihm auch noch den Fuß verletzt hatte. Außerdem, bei irgendwem musste ich mich ja ausheulen, oder? Und meinem Bruder konnte ich das alles auch nicht erzählen, er machte sich immer viel zu schnell Sorgen um mich. Ich atmete also ein letztes Mal tief ein und begann dann damit, ihm alles zu erzählen.

Ich erzählte von meiner Trauer und meinem Schock wegen Mums Tod, von meiner Persönlichkeit, die ich eigentlich nicht war, von meinen Selbstzweifeln und davon, dass ich keine richtigen Freunde hatte. Ich erzählte ihm einfach alles. Alles von meinen Gefühlen, die ich normalerweise unterdrückte.

Taddl war ein unbeschreiblich guter Zuhörer. Er blieb still und unterbrach mich nicht. Als ich schließlich anfing zu weinen, da ich alle meine aufgestauten Gefühle frei ließ, sagte er auch nichts, sondern nahm mich einfach nur in den Arm und streichelte mir beruhigend über den Rücken. So saßen wir eine gefühlte Ewigkeit einfach nur da. Mein Kopf lag auf seiner Brust, sein Kopf ruhte auf meinem, seine Arme strichen über meinen Rücken und ich klammerte mich an seinem Shirt fest, während ich hemmungslos schluchzte.

Als meine Tränen langsam weniger wurden hob Taddl meinen Kopf ein kleines Stück und wischte mir mit seinen Daumen behutsam die Tränen aus dem Gesicht.

"Ganz ruhig, Zoey. Glaub mir, ich weiß ganz genau, wie traurig es ist, wenn Personen, die man mehr als alles andere liebt, nicht mehr für einen da sein können. Du darfst ruhig deswegen weinen und traurig sein, aber lass dich davon nicht zu sehr runterziehen, in Ordnung? Dadurch wird alles oft nur schlimmer. Ich weiß, daß klingt hart, aber es ist so, ich habe das selbst gemerkt. Und glaub mir, du hast Freunde, denn du hast uns. Wir kennen dich noch nicht so lange, aber wir haben dich lieb. Und zwar so wie du bist, für uns brauchst du dich nicht verstellen, denn wir finden dich so perfekt, wie du bist. Wenn du dich für jemanden verstellen musst, dann solltest du daran denken, dass die Person das nicht wert ist. Wenn sie dich nicht so akzeptiert, wie du wirklich bist, dann verdient sie dich nicht, erst recht verdient die Person es dann nicht, dass du dich für sie verstellst. Und denk immer daran, auch wenn ich vielleicht nicht wirklich gut im Trösten bin, du kannst immer zu mir kommen und mit mir reden. Über alles, verstehst du?" Ich nickte langsam und schlang dann meine Arme um ihn, drückte ihn ganz fest und flüsterte ein leises "Danke, Taddl". Das alles kam so plötzlich, dass es sogar mich überraschte.

Nachdem wir eine Weile geschwiegen hatten, erkundigte ich mich nach seinem Fuß und erklärte zum wiederholten Mal, dass es mir unendlich Leid tue, woraufhin er nur den Kopf schüttelte und meinte, dass es mir nicht Leid tun müsse.

"Weißt du, Zoey, eigentlich bin ich ja selber schuld daran. Hätte ich meinen Fuß nicht in die Tür geschoben, wäre der Fuß nicht verletzt worden. Wenn es jemandem Leid tun muss, dann ja wohl mir. Ich hätte dich einfach in Ruhe lassen sollen."

"Doch mir muss es Leid tun. Weil wenn ich die Tür nicht zugeschlagen, sondern dich reingelassen hätte, dann hättest du jetzt keine Verletzung. Aber ich wette, du wirst jetzt wieder erklären, dass du schuld bist. Einigen wir uns doch einfach darauf, dass wir beide schuld daran sind?", antwortete ich ihm.

"Ist glaub ich besser wenn wir das so machen.", lachte er. "Sonst streiten wir noch Ewigkeiten weiter. Ok, und jetzt Themawechsel. Was hast du gemacht, bis ich kam? Ich wette, du hast Kate nicht angerufen."

"Hm, wie kommst du da bloß drauf?", meinte ich ironisch und erzählte ihm dann, dass ich irgendeine Serie geschaut hatte.

"War die Serie gut?", erkundigte sich Taddl und als ich nickte, schlug er vor, dass wir die ja weiterschauen könnten. Ich stimmte zu und so kam es, dass wir nachts um halb fünf anfingen, eine Serie zu schauen.

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Hallu :3
Nach gefühlten zehntausend Jahren schreib ich hier auch mal weiter. Yey.
Ich hoffe, es hat euch gefallen und war nicht zu schlecht.
Wegen dem Special: Ihr habt euch einen Lesenachmittag gewünscht, also schreib ich jetzt mal fleißig Kapitel vor und dann gibt es bald eine Lesenacht.
-Ticki

Wie ein Umzug alles ändert (Youtuberhaus FF) - ABGEBROCHENWo Geschichten leben. Entdecke jetzt