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Seichte Tropfen fallen Ronja ins Gesicht, woraufhin sie irritiert nach oben schaut. Sie sitzt drinnen und nicht draußen. Doch auch da säße sie auf einer überdachten Terrasse.

„Guten Morgen, Ronnie." Frech und lieblich zugleich ertönt Als Stimme. Begleitet wird Al von ihrem zartduftenden Vanillehaar. Ein Lächeln kann sie nicht mehr unterdrücken. Frisch geduschte Haare von Al also.

„Guten Morgen, Al."

Al gibt ihr einen Guten-Morgen-Kuss, woraufhin sie auch schon wieder in die Küche verschwindet. Ronja kann das Klacken des Wasserkochers hören.

Die Adventszeit ist für Alice wichtig geworden. Sie hatte früher nie ein Miteinander. Kein Zelebrieren. Nun genießt sie die vorweihnachtliche Zeit und hat diese förmlich für sich entdeckt. Achtsam verbringt sie die Tage meist mit einem Tee, zündet eine – seit gestern zwei – Kerzen an und hat für sich ein routiniertes Ritual darin gefunden. Besonders an den Sonntagen nimmt sie sich ausreichend Zeit. Unabhängig davon, ob Joe und Elmar zu Besuch da sind oder nicht. Es tut ihr gut. Sie kann immer mehr mit ihrem 'damals' abschließen, vielleicht sogar etwas Frieden schließen und loslassen. Das wäre wirklich schön.

Ronja erfreut sich sehr an diesen Gedanken und hofft darauf. Sowie für Al mit. Kurz darauf kommt diese wieder ins Wohnzimmer hinein und Ronja weiß schon, was Alice als Nächstes macht. Das leichte Aroma – zunächst der Geruch nach Rauch, der durch den zarten Duft von Vanille abgelöst wird – verrät ihr, dass sie richtig liegt. Al entzündet zwei der vier Kerzen am Adventskranz.

Für sie selbst ist es mittlerweile ein Zeichen geworden. Sich dick einzupacken, um ihre Runde mit Woody zu drehen. Somit schaltet sie ihre Kopfhörer aus und verzieht sich leise aus dem Wohnzimmer. Nika haben sie nach dem Frühstück noch einmal hingelegt. Nika. Ein Wunderkind. Nach wie vor.

Das Geschirr legt sie um Woodys Körper, dann packt sie noch ihr Handy sowie ihren Schlüssel in ihren dicken Mantel. Lächelnd, weil sie glücklich ist, doch auch, weil es ein wunderschöner Morgen ist, öffnet sie die Tür zum Hausflur und beschreitet durch diesen die kühle Dezemberluft.

Bei dem ersten Schritt zieht sie direkt ihren Schal enger, da der Wind eisiger als die letzten Tage ist und zupft noch einmal ihre Wollmütze nach, sodass ihre Ohren wirklich restlos bedeckt sind.

Trotz ihrer guten Handschuhe legt sie die Schlaufe der Leine intuitiv um das Handgelenk und verschränkt ihre Arme vor ihrem Oberkörper. Heute ist es wirklich frostig.

Mit schnelleren Schritten gehen sie beide voran, als könnten sie dadurch der Kälte des Windes besser entgegenwirken. Im Park ist es ruhig. Zurzeit kann sie keine anderen Menschen ausmachen und Tiere sind zu dieser Jahreszeit sowieso rar. Die machen es richtig und verkriechen sich. Bis zum Ende gehen sie durch. Zwischendurch macht Woody seine Geschäfte – für Ronja heute nicht schnell genug. Als sie sich selbst bei ihren ungeduldigen Gedanken ertappt, muss sie grinsen. Es ist einfach soooo kalt. Woody kommt an ihre Seite und stupst sie sanft an. Nun ist sie einfach stehen geblieben und sie muss laut lachen. Über sich selbst. Sie streichelt ihm über den Kopf und bedeutet ihm, dass sie weitergehen – besser gesagt umdrehen – können.

Plötzlich – beinahe ein Déjà-vu Erlebnis – landet etwas Nasses in ihrem Gesicht. Schnell gesellt sich noch viel dazu. Ganz zart legen sich Flöckchen auf ihrem Gesicht nieder und lösen sich dann schmelzend auf. Es schneit, stellt sie überrascht fest. Es ist Nikas erster Schnee. Ob Alice es schon mitbekommen hat?

Aber so viel Zeit bleibt ihnen nicht mehr. Heute Mittag gehen sie zur Beratung bei Frau Winter. Ronja wird sie bis zum Hafen begleiten, damit sie sich dort alle mit Elmar treffen. Alice geht von dort aus mit Nika zu Frau Winter und Ronja wieder nach Hause. Erst wenn es Neuigkeiten gibt ... Erst dann ist sie wieder gefragt. Oder natürlich, wenn Alice möchte, dass sie mitkommt. Darüber freut sich Ronja jedoch sehr, dass Alice für sich solche tollen Fortschritte machen durfte und sicherlich noch erringen wird. Frau Winter ist wirklich fantastisch. Was für ein Glück, an sie gekommen zu sein.

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