[8] 16|Montag

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Was für ein schöner Geburtstag das doch gestern war. Nachdem sie mit den Geschenken und Anekdoten fertig waren, gab es endlich Kuchen und Croissants. Al hat natürlich auch die drei Kerzen – immerhin war auch der dritte Advent – am Kranz entzündet. Doch trotz der positiven Energie, die sie immer noch flutet, kann sie dem aufsteigenden Schwall nicht viel entgegenbringen. Immer wieder klopft es unruhig bei ihr an, als wäre da noch mehr. Die letzten Wochen spürt sie es immer wieder. Ob es lediglich am Montag mit dem Termin in der Beratungsstelle zusammenhängt? Mit ihren Hoffnungen? Sie versucht sich abzulenken, auch von ihren Schuldgefühlen Elmar gegenüber. Sie haben sich heute nur kurz getroffen. Bei der Sache war sie kaum. Alice hat mehr mit ihm gesprochen als sie. Viel zu unruhig stand sie dort und konnte kaum den Worten folgen. Elmar wird das schon verstehen, hofft sie.

Seit sie wieder zu Hause ist, sitzt sie im Wohnzimmer und weiß nichts mit sich anzufangen. Sie startet das Hörbuch in der Hoffnung, damit ihre Gedanken stoppen zu können. Doch auch das hilft ihr nicht viel. So drückt sie gefühlt alle paar Minuten auf Start, dann wieder auf Pause, um kurz darauf wieder auf Start zu drücken.

Irgendwann fragt sie sich, wo Alice so lange bleibt. Schon wieder.

◦◦◦◦◦◦

Alice: 
»Komme bisschen später« 


Das habe ich mir schon gedacht, wird ja zur Routine. Ronja drückt wieder auf Play ihres Hörbuchs und beginnt mit dem Haushalt. Sie will nicht darüber nachdenken, was Alice gerade macht. Doch das gelingt ihr nicht wirklich. Eher im Gegenteil. Immerhin hat sie dieses Mal geschrieben, lacht sie ihre zynische Stimme aus.

Immer wieder befragt sie die Uhr im Flur oder auch ihr Handy nach der Zeit, manchmal sogar beide nacheinander. Nun ist es aber auch schon mehr als ein bisschen.

Irgendwann öffnet sich die Tür und Al kommt hinein spaziert.

„Wo warst du denn noch?", fragt Ronja sofort wütend.

„Was ist denn auf einmal los?"

„Bekomme ich eine Antwort, bitte?", hakt Ronja etwas ruhiger nach.

„Darf ich erst einmal kurz ankommen?"

„Du warst auch schon die letzten Montage später hier als üblich. Also nicht, dass es mich generell stört, aber ... Ist schon komisch, dass du so gar nichts dazu sagst oder? Triffst du dich mit jemandem? Mit einer anderen Frau? Und benutzt Frau Winter als Ausrede? Oder triffst du dich mit Tim? Bin ich bald passé als Nikas Mutter? Wann erfahre ich es?"

„Ich komme gleich zurück, Ronja", erwidert Alice mit sehr wackliger Stimme. Ronja kann hören, wie Alice Nika aus der Trage holt und sie in ihr Zimmer bringt. Stimmt, das ist besser. Mist.

„Spinnst du? Wie kommst du auf so etwas?", fragt Alice direkt, nachdem sie die Tür von Nikas Zimmer zugezogen hat in einem leisen, aber wütenden Ton.

„Wie wohl?"

„So ist es nicht!"

„Wie dann?"

„Können wir in Ruhe reden?"

„Gleich! Muss kurz runterkommen", erwidert nun Ronja patzig und stapft trotzig aus dem Raum auf die Terrasse raus. Sie braucht frische Luft. Sie wollte Alice das nicht an den Kopf werfen. Eigentlich glaubt sie das auch nicht. Aber sie hasst Lügen und auch Halbwahrheiten und all so was eben. Sie atmet noch ein paar Mal tief ein und aus. Und geht, sobald sie sich ruhiger fühlt, wieder hinein.

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