[14] 22|Sonntag

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Shit!", sagte er noch. Ja, aber wirklich. Konnte er nicht einfach die Klappe halten? Was soll das?! Mir letztes Jahr noch den Vorwurf machen, gegenüber Alice nicht dichthalten zu können, aber selbst ... Boah ... Ronja dreht sich nochmals – vielmehr wälzt sie sich – auf dem Bett, um irgendwie eine bequemere Position zu erlangen. Doch schafft es nicht. Und dann ist heute auch noch Sonntag, der verkackte vierte Advent. Da muss ich ihn auch noch ertragen. 

Innerlich weiß Ronja, dass Alice es sowieso hätte erfahren sollen und müssen. Aber doch nicht so. Und irgendwie kann sie auch verstehen, dass Joe davon ausging, dass es kein Geheimnis mehr wäre, aber ... tief in ihr wehrt sich noch einiges, ihre Wut zerstäuben zu lassen.

Außerdem würden dann eventuell ganz andere Gedanken und Emotionen an der Oberfläche kratzen oder gar dorthin gelangen, die sie gerade nicht gebrauchen kann. Denen sie sich bereits gestellt hat, die sie eigentlich besiegt hatte und die sie nun wieder einholen wollen ... So ein Mist! Ich dachte, ich wäre damit durch. 

Gedanklich packt sie den Haufen und wirft ihn in die hinterste Ecke ihres Gehirns. Später, nicht jetzt. Wenn ich mit Al darüber rede; es ihr erzählen werde ... Wenn ich es kann ... 

Stark auspustend lässt sie sich wieder etwas tiefer in die Matratze sinken und kuschelt sich enger an Alice heran. Bei ihr fühle ich mich sicher, geborgener ... 

◦◦◦◦◦◦

In völliger Ruhe bereitet Alice das Frühstück vor und auch sonst scheint es stiller als an den anderen Tagen zu sein. Kein fröhliches Gekicher, kein Gebrabbel, nicht mal ein störendes Geräusch. Stille und mittendrin Ronja, die darauf wartet, dass Alice sie mit Fragen bombardiert. Doch das passiert nicht. Das hätte ich mir auch denken können. Alice macht so etwas nicht. Sie lässt anderen ihren Freiraum und wartet, bis sie soweit sind. Obwohl sie Al sonst dafür bewundert, ist sie sich nicht sicher, ob ihr das Gegenteil gerade nicht lieber wäre. Denn sie selbst findet keinen Anfang, um sich zu erklären. Sie sitzt nichtssagend am Tisch, gefangen in ihrem Kopf, wartend auf irgendetwas von außen.

„Trinkst du heute gar keinen Café?", fragt Alice.

„Hm?"

„Dein Café. Der ist noch ungerührt."

„Ich wollte warten, ... bis du mit ... den Frühstücksvorbereitungen fertig bist." Ob das stimmt, weiß Ronja selbst nicht so genau. Eine Lüge ist es aber auch nicht. Eine erneute Stille tritt ein. Ronja horcht auf. Hat sie etwas verpasst? „Al?"

„Ja, ich weiß gerade nicht, wie ich es sagen soll. Ich habe ... gerade gegessen. Während du hier gesessen hast."

Total abwesend war ich also.

„Oh okay." Sie greift nach vorne zu ihrem Glas und nippt an ihrem Café. Nach nur einem Schluck stellt sie das Gefäß jedoch wieder hin.

„Wollen wir gleich zusammen eine Runde spazieren gehen? Mit Woody und Nika?", fragt Alice, als wäre es ganz normal, während sie aufsteht und irgendetwas verräumt.

Da Ronja nicht mal die Vorstellung vom allein Rausgehen behagt, stimmt sie dem Vorschlag zu. Sie ist sogar dankbar dafür. Woody muss schließlich raus. Nach Hilfe fragen, fällt ihr jedoch gar nicht so einfach, obwohl sie das niemals als Schwäche deklarieren würde. Bei anderen, verhöhnt sie ihre innere Stimme. Doch du selbst bekommst es nicht gebacken, darum zu bitten. 

Kurz darauf machen sie sich gemeinsam auf den Weg zum Park. Keine von ihnen sagt ein Wort. Nur Nika gibt zwischendurch Töne von sich.

Was ist, wenn Tim irgendwo auf sie lauert? Alice wird ihr beistehen. Ganz sicher. Dennoch ... Schweißperlen bilden sich erneut auf Ronjas Körper und es kostet sie alle Mühe, sich zu konzentrieren.

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