Kapitel 2

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Als die Polizisten endlich gegangen waren, wanderte ich wie ein Geist sinnlos durchs Haus. Als ich das ungefähr eine halbe Stunde gemacht hatte, warf ich meine ganzen Klamotten, was nicht besonders viele waren, in einen Koffer, dann schmiss ich noch mein Waschzeug, zwei Bücher, mein Laptop und meine Ladekabel hinzu.

Wieso jetzt? Wieso mussten ausgerechnet jetzt meine Eltern sterben. Wütend schlug ich auf mein Nachtkästchen. Plötzlich durchlief mich ein Schauder und ich sah erschrocken auf mein Nachtkästchen.

Wie konnte das denn jetzt sein? Wie war dieses verdammte Kästchen eingefroren?! Ich wich schnell einige Schritte zurück, schnappe mir meine zwei Koffer, die ich bis jetzt gepackt hatte und floh aus meinem Zimmer. Im Gang blieb ich unentschlossen stehen, dann stellte ich meine Koffer ab und öffnete die Tür ins Zimmer meiner Eltern.

Wie alles in diesem Haus, war auch dieses Zimmer nur sehr spärlich eingerichtet. Ich ging erst zögernd zum Schrank meiner Eltern und zog mir einen Pullover meines Vaters heraus, dann ein schwarzes Kleid meiner Mutter. Das würde ich als Erinnerung mit ins Internat nehmen. Ich ging noch zum Schminktisch meiner Mutter.

Ich zog die erste Schublade heraus und erstatte, als ich darin einen Zettel fand. Ich faltete ihn schnell auseinander und erkannte, dass es ein Brief war, auf dem mein Name stand. Ich atmete tief durch, bevor ich anfing ihn zu lesen.

Meine liebe Averi,
ich weiß, dass etwas geschehen ist, dass dein Vater und ich nie für dich wollten. Wir sind gestorben, bevor wir dir unser Geheimnis anvertrauen konnten. Ich hoffe, dass wir es noch geschafft haben dich für die Element-Academy anzumelden. Dort wird meine Freundin Gabriella Zekolow, die die Rektorin dieser Academy ist, dir hoffentlich alles erklären. Bis jetzt kann ich dir nur verraten, dass du kein normaler Mensch bist. Wahrscheinlich wirst du einen Mentor in dieser Academy bekommen. Er wird dir mehr sagen, als ich es jetzt kann. Halte dich also dich immer an diesen Mentor. Vertrau niemandem, nicht einmal deinen Freunden und erst recht nicht unsrer Familie. Halte dich so gut es geht von deinen Verwandten fern und ich bitte dich inständig, nicht zu Dad's und meiner Beerdigung zu kommen.
Mit all unsrer unsterblichen Liebe,
Mum und Dad.

Geschockt ließ ich den Brief zu Boden fallen. Sie wollten nicht, dass ich zu ihrer Beerdigung komme? Wieso dass denn? Ich starrte einfach nur vor mich hin und dachte nach. Am ende kam ich aber immer zum selben Ergebnis.

Ich musste zu dieser Academy! Ich hob den Brief mit zittrigen Fingern auf und schnappte mir dann noch eine Kette meiner Mutter und einen Ring meines Vaters bevor ich zurück in den Gang schlüpfte und die Sachen, die ich in den Händen hielt, in meine Koffer stopfte.

Ich lief mit meinen Koffern wieder nach vorne in den Eingangsbereich und sah auf die Uhr. Noch eine Viertelstunde. Ich brauchte nicht lange nachzudenken, sondern ging sofort zum Telefon. Ich wählte die Nummer von Tante Penelope.

„Bei Cruz?", meldete sich meine Tante.

„Ich bin's wieder, Averi. Ich glaub, morgen ist es nicht so gut, die... Beerdigung zu planen. Ich... Ich verkrafte das noch nicht. Ich werd dich aus dem Internat nochmal anrufen und dann machen wir einen neuen Termin aus... Okay?", schniefte ich und musste meine Trauer nicht mal spielen.

„Natürlich, Schätzchen. Wir hören uns und mein herzliche Beileid.", sagte meine Tante mit einem traurigem Unterton, den ich ihr aber nicht mehr wirklich abkaufte.

„Gut... Bis dann.", murmelte ich und legte auf.

Ich hatte zwar noch an dem Brief gezweifelt, aber jetzt war ich mir sicher, dass ich den Kontakt zu meinen Verwandten abbrechen würde. Meine Tante war nicht wirklich traurig gewesen, das hatte ich ihr angehört.

Ich schleuderte das Telefon quer durch das Wohnzimmer und es landete auf dem Marmorboden. Ich wünschte, es würde in Flammen aufgehen, dachte ich wütend. Wieso konnte ich nicht mal meinen Verwandten vertrauen?

Plötzlich machte es leise 'Zisch' und aus dem Telefon schossen kleine Flammen. Jetzt war ich erstmal geschockt. Erst das Nachtkästchen und jetzt das? Was war nur los mit der innen Einrichtung meines Hauses?!

„Stopp!", sagte ich und starrte weiter das Telefon an.

Wenn es allein bei dem Gedanken daran in Flammen aufging, dann müsste es doch auch so wieder ausgehen, nicht? Ich meine. Ist das nicht eine logische Schlussfolgerung von mir? Ich fuhr mir durch meine dunkelroten Haare und tatsächlich. Auf einmal war das kleine Feuer wieder aus.

„Krass!", murmelte ich abwesend und wandte mich dann dem Schrank zu, in dem meine DVD's lagen.

Ich suchte mir die zehn besten heraus und steckte sie auch in meine mittlerweile überfüllten Koffer. Hatte ich jetzt endlich alles? Eigentlich müsste ich doch bestimmt nicht alles mit nehmen. Ich könnte in den Ferien garantiert zurück und mir mein restliches Zeug holen, oder?
Ein klopfen an der Haustür holte mich aus meinen Gedanken. Ich ging hin und öffnete sie. Die Polizisten von vorhin standen wieder vor der Tür und lächelten mich mitleidig an. Das können sie sich ruhig sparen, dachte ich sauer.

„Sind sie soweit, Miss Cruz?", fragte mich der erste Polizist.

„Ja.", antwortet ich nur einsilbig und schloss dann die Tür hinter mir.

Ich wollte das alles jetzt erstmal hinter mir lassen. Den Brief, den Tod meiner Eltern und ihr seltsamen Geheimnis. Wenn ich kein normaler Mensch war, was verdammt war ich dann? Oh... doch kein Werwolf oder so was?! In der Academy würde ich das erfahren.

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