Kapitel 13

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Wie versprochen war ich Erwins Bitte nachgegangen und trainierte in jeder freien Minute. Mittagspausen fielen aus. Ich nahm mir keine fünf Minuten mehr um einmal durchatmen zu können. 

Die Erschöpfung holte mich meistens noch während der Arbeit ein, die sich oft bis mitten in die Nacht zog. Heißt, ich bekam keinen erholsamen Schlaf, denn meine Arbeit musste ich am Schreibtisch erledigen und wenn ich dort immer einschlief war es mein Pech.

Auch jetzt wäre ich eingeschlafen würde nicht jemand an meiner Tür klopfen.

Verschlafen murmelte ich ein "Herein" und richtete schnell meine verwuschelten Haare.

Levi betrat mein Büro mit einem Tablett in der Hand, auf dem zwei Tassen standen.

Als er näher kam konnte ich schon am Geruch den Tee wahrnehmen. 

"Was machst du hier?" mein Gehirn kam nicht ganz damit klar, was gerade passierte.

Levi setzte sich gegenüber von mir und stellte die eine Tasse vor mich um sich danach die andere zu nehmen. In seiner Tasse war vermutlich Schwarztee. Den hatte er früher schon gerne getrunken. Bei mir war es wohl eher irgendein Kräutertee.

"Ich sehe jetzt lange genug wie du immer wieder auf diesem Stuhl einschläfst und dir keine Ruhe gibst. Du wirst jetzt diesen Tee trinken und dann in dein Bett gehen, so geht das nicht weiter." erklärt er. 

Wie bitte was?

"Was meinst du damit, mich auf dem Stuhl einschlafen sehen?" frage ich verwirrt.

"Man sieht das Leuchten deiner Lampe durch den Schlitz unter der Tür. Als mir öfter aufgefallen ist das noch Licht bei dir ist habe ich eben nachgeschaut und das immer wieder. Jedes Mal sitzt du dort und schläfst." erklärt er. 

"Oh" ich versuche erst gar nicht irgendwas abzustreiten. Er hat mit eigenen Augen gesehen was los ist, da kann ich ihm schlecht weismachen, dass er sich jedes Mal verguckt hat.

"Ich möchte dich die nächsten Tage nicht noch einmal dort schlafen sehen, irgendwann machst schlapp das sollte dir als Ärztin ja wohl bewusst sein." sein Blick könnte einen jeden Augenblick erdolchen. 

"Wenn ich einschlafe kann ich auch nicht viel dagegen tun." "Lass es gar nicht erst dazu kommen, dass du dort einschläfst." widergibt er harsch. 

Langsam macht mein Kopf mir klar, es ist nicht gerade die beste Idee jetzt auch noch mit ihm zu Diskutieren. 

"Ich versuche es." gebe ich nach und nehme die Tasse Tee. 

Mein Blick fällt allerdings schnell wieder auf ihn, als der Geruch der Flüssigkeit mir nun genauer entgegenkommt. "Ist das Beruhigungstee?" 

Levi nickt nur. Er hat es wirklich darauf abgesehen mich zum schlafen zu kriegen. 

Innerlich freut es mich, dass er doch nicht ganz so Herzlos ist wie viele hier sagen. Er kümmert sich schon um die anderen, nur eben auf seine eigene Weise. 

Schweigend trinken wir unsere Tees. Merkwürdig ist es ja schon, dass ich einen trinke der mich beruhigen soll während er einen hat der ihn wieder wach macht. 

Sobald ich ausgetrunken habe nimmt Levi die Tasse wieder zu sich und steht auf.

"Geh jetzt schlafen, ich will dieses Licht heute nicht noch einmal zu Gesicht bekommen." 

Somit verschwindet er aus meinem Büro.

Den Haufen Arbeit vor mir lasse ich ihm zuliebe also liegen. Es stresst mich zwar zu wissen, dass ich morgen umso mehr machen muss, aber Schlaf könnte jetzt wirklich die beste Lösung für alles sein. 

Ein letzter Blick durch die Krankenstation und das löschen aller Lichter sind die einzigen Dinge die ich noch tue bevor ich mich umziehe und in mein Bett falle. Zwar sind die Betten hier keineswegs bequem, doch angenehmer als jegliche Art von Stuhl definitiv. 

Keine zehn Minuten später bin ich eingeschlafen. 

strong but silentWo Geschichten leben. Entdecke jetzt