Fotoshooting mit Folgen

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-Nathalies Sicht-

Heute klingelte mein Wecker früher als sonst. Er hat sogar noch Verstärkung bekommen. "Warum ist dieses Teil so laut?! Der würde ja sogar Plaggs Schnarchen übertönen! Wollen Sie sich nicht noch etwas ausruhen, Madame Nathalie?",motzte prompt meine neue Mitbewohnerin. Schmunzelnd stieg ich aus dem Bett und begann mich fertig zu machen. 'Oh, nein! Wieso heute!?' Die Tauben hatten meine Brille ziemlich demoliert. Das linke Glass fehlte größten Teils und das rechte hatte einen Riss. Während ich mir Kontaktlinsen in die Augen schob, versuchte ich Duusu zu besänftigen. "Das geht nicht Duusu. Die Arbeit ruft."
Der Quami stöhnte: "Ich sag ihr, Sie rufen zurück!" Seufzend schnappte ich mir das Tablett und ging in die Küche. 'Wenn es doch so einfach wäre.....'

In der Küche angekommen machte ich mir schnell einen Kaffee. Ein wenig Hilfe beim Start in den Tag schadet ja nicht und Koffein macht da einen ganz guten Job. Da flötete es gleich wieder aus meiner Jackentasche: "Was duuuftet denn hier so herrlich???"
"Kaffee? Den trinke ich jeden Morgen-"
Da flog Duusu auch schon aus ihrem Versteck und nahm ohne zu zögern einen Schluck von dem warmen Getränk. Sie leckte sich genießerisch über den Mund.
"Das könnte ich auch gerne einführen. Ich muss schon sagen, dass ist wirklich feines Zeug. Sie haben einen guten Geschmack, Madame Nathalie."
Grinsend verließen wir die Küche und gingen ins Arbeitszimmer.
Für heute wurde mir aufgetragen ein großes Fotoshooting zu beaufsichtigen. Bald würde die Modenshow für Gabriels neue Kollektion anstehen und heute wurden die Fotos für die Werbeplakate geschossen.
Gabriel war nicht im Arbeitszimmer. Vermutlich heckte er irgendwas in seinem Versteck aus. Mit wenig Motivation verließ ich das Anwesen und ging zum Auto. Der Bodyguard sah mich total erstaunt an. Verwundert stieg ich ein und beschloss keine unangenehme Unterhaltung anzufangen. Adrien würde nach der Schule auch zum Fotoshooting kommen.

Als wir ankamen war dort bereits eine Menge los. Zum Glück musste ich nur die Fortschritte protokollieren. Oder Rückschritte. Wir werden sehen. Von weitem erspähte ich Audrey Burgois. 'Nicht du. Nicht jetzt.', waren meine einzigen Gedanken. Audrey starrte mich jedoch einfach nur aus zusammengekniffenen Augen an. Auch ein paar andere Anwesende schauten mich mit gemischten Gesichtsausdrücken an. Einige erstaunt, andere verblüfft und manche sahen auch irgendwie verwirrt aus. Egal. Ich ließ mir nichts anmerken und machte mich an die Arbeit.

Am Nachmittag waren bereits einige Fotos geschossen. Nun kam auch Adrien in die große Halle, in der die Modenshow stattfinden sollte. 'Ah, sehr gut. Er hat mich gesehen!', freute ich mich.
Doch er blieb stehen. Und sah mich, wie die anderen überrascht aus großen Augen an. So langsam wurde mir das Gestarre doch unangenehm. "Hallo Adrien! Wie war es in der Schule? .... I-Ist alles in Ordnung? Habe ich etwas im Gesicht?"
Adrien lachte fröhlich. "Nein, nein. Du hast eher etwas NICHT im Gesicht! Wo ist denn deine Brille."
Das erklärte einiges. "Die Tauben hatten  doch die Gläser zerpickt."
Der Junge nickte wissend. Trotzdem nahm er den Blick nicht von mir.
"S-sehe ich seltsam aus?", fragte ich zögernd. "Was? Überhaupt nicht! Es ist nur sehr ungewohnt. Aber es steht dir. So kommen deine Augen besser zur Geltung."
Und wieder einmal fingen meine Wangen an rosa zu glühen. Als ich mich bedanken wollte, stürmte Vincent zu uns und verlangte anscheinend Feedback für seine Leistung: "Madame Sancoeur! Die Fotos! Wie finden Sie sie? Und was sagt Monsieur Agreste dazu? Ach und: Bonjour Adrien."
"Ich werde Monsieur Agreste den Zwischenstand schicken. Dann werden sie erfahren, wie er zu Ihrer heutigen Leistung steht", meinte ich professionell und verschickte ein paar Bilder.
Vincent, Adriens Fotograf, durfte die Leitung des Fotoshootings für die Modenshow übernehmen, worüber er wahnsinnig stolz war.
Eine Viertelstunde später erhielt ich dann einen Anruf von Gabriel.
"Hallo Nathalie, du hattest mir vorhin die Fotos geschickt. Sie haben gute Qualität. Könnte ich bitte auf ein Wort noch mit dem Fotografen sprechen?"
Bei dem letzten Satz klang er so.... verstellt. Mit einem schlechten Gefühl im Magen reichte ich Vincent das Handy.

Die beiden wechselten ein paar Worte und plötzlich stand Vincent der Schock ins Gesicht geschrieben. "WARTEN SIE! MONSIEUR!", brüllte er verzweifelt mein Handy an. Zitternd gab er es mir zurück. Ich hasse es, Recht zu haben. Der Fotograf vergrub sein Gesicht in den Händen. Kaum war er auf den Boden gesunken, da flog auch schon ein, mir nur zu gut eingeprägtes teuflisches Falterchen auf ihn zu und verschwand in seiner Kamera. Die lilane leuchtende Maske erschien um sein Gesicht.
Er grinste grimmig.
"Ja, Hawk Moth."
Und ihn verschlang eine dunkellilane Substanz.

Weiße HoffnungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt