Nathalies Sicht:
An der Tür des Anwesens angekommen, stutzte ich. Gerade als ich den Haustürschlüssel ins Schloss stecken wollte, bemerkte ich, dass die Tür bereits einen Spalt breit offen stand. Gabriel war mit Sicherheit vor mir zurückgekommen, das stand außer Frage. Er müsste aber durch das Fenster seines Verstecks reingekommen sein. Den Haupteingang zu benutzen, wäre als Hawkmoth zu riskant. Selbst wenn in der Nacht nur noch wenige Passanten unterwegs sind, weist du nie, ob noch ein übereifriger Angestellter in der Eingangshalle steht. Das wäre für meinen Geschmack etwas zu viel Aufregung... Gabriel kann die Tür also nicht offengelassen haben. Wer dann? Wurde eingebrochen?! Mit ernster Miene steckte ich den Haustürschlüssel wieder ein und betrat ohne einen Mucks von mir zu geben das Gebäude. Alle Lichter waren aus. Wie in einem Horror Film tastete ich im Dunkeln nach dem nächstbesten Gegenstand und hielt ihn in Kampfposition, bereit ihn jede Sekunde als Mordwaffe einsetzen zu müssen. Immerhin erwischte ich einen Regenschirm aus dem Schirmständer. In geduckter Haltung bewegte ich mich Richtung Arbeitszimmer. Wer auf der Suche nach etwas Wertvollem war, würde dort gewiss als erstes suchen. *KLONK* Ruckartig drehte ich mich um. Ich war kurz davor einfach das Licht anzumachen, um zu sehen was hier los war. Meine Augen waren ohnehin nicht die besten und die Dunkelheit heilte meine Sehschwäche nun mal auch nicht. Das Echo des Lärms war noch immer zu hören. Der Schall prallte immer und immer wieder von den hohen Wänden der Eingangshalle ab und machte mich förmlich wahnsinnig. Ich lauschte. Der Krach kam aus der Küche. Deutlich zielstrebiger, als ich es am Anfang war, bewegte ich mich nun auf die Küche zu. Tatsächlich. Unter der Tür war ein Lichtschimmer zu sehen und da waren... Stimmen. Es klang wie... Adrien?! Da hatte die Kälte ihn scheinbar bereits nach Hause getrieben. Auf das Gespräch mit ihm und Gabriel sollte ich mich am besten jetzt schon mental vorbereiten. Mit wem sprach Adrien denn bloß? Bedacht darauf keine Aufmerksamkeit zu erregen umschloss meine noch frei Hand die Klinke und schob die Küchentür auf. Adrien stand mit dem Rücken zu mir, während er mit den Händen die verrücktesten Gestiken zustande brachte. Offensichtlich war er ziemlich aufgebracht. "Pass doch besser auf! Wenn ich Strichliste führen würde, wie oft ich wegen deiner Verfressenheit Hausarrest bekomme , hätte ich bereits jetzt mein gesamtes Matheheft vollgeschrieben!", ließ er sich über das Missgeschick aus. "Komm runter, es hat uns keine Menschenseele gehört! Und Mathe ist sowieso langweilig", antwortete eine lässige Stimme. Beim besten Willen konnte ich niemanden entdecken. Von wem kam die zweite Stimme?! Der Junge ließ die Schultern hängen. "Ach Plagg, du bist unglaublich. Man sollte meinen, in 65 Millionen Jahren sei es ein Leichtes, Anstand zu lernen..." Wer war Plagg? Irgendwo tief in meinem Gedächtnis klingelte etwas, aber ich war zu verwirrt, um mich zu erinnern. Schließlich betrat ich die Küche. "Adrien! Wo warst du? Ich bin durch die halbe Stadt gelaufen, um dich zu finden!" Er machte einen gewaltigen Satz nach hinten, als ich ihn so herzlich begrüßte. Ich hatte ihm einen ganz schönen Schrecken eingejagt. "NATHALIE! Oh Gott, hast du mich erschreckt." Der Junge lachte verlegen. "Öhm.. Ich war nochmal in der Schule, weil wir dort so ein Projekt vorbereiten."
Adriens Sicht:
Nathalie könnte eiskalt einen Job als Geheimagentin annehmen. Mir war das Herz in die Hose gerutscht, als sie auf einmal hinter mir stand. Plagg versteckte sich rechtzeitig in meiner Jacke, bevor sie ihn sehen konnte. Hoffentlich hatte sie nicht allzu viel gehört.....
Nathalies Sicht:
Warum sind alle Kinder davon überzeugt, dass ein Schulprojekt die cleverste Ausrede ist?! "Warum hast du nicht Bescheid gesagt?", begann ich ihm Löcher in den Bauch zu fragen. Adriens Augen huschten durch die Küche und suchten scheinbar nach einer sinnvollen Begründung. "Hätte ich gefragt, hätte Vater mir verboten mitzumachen!" Ich seufzte. Diese Antwort entsprach nun einmal der traurigen Wahrheit. "Und außerdem...", fuhr er fort, "Ist es ein geheimes Projekt. Eigentlich sollte es eine Überraschung werden." Allmählich wurde es doch wieder unglaubwürdiger. "Aha" Ich warf ihm einen skeptischen Blick zu. "Und mit wem hast du eben gesprochen?" "AHem... Gesprochen? Achso! Gesprochen... Ich habe... meinen Text geübt! Genau!" Okay, ich wusste, dass er mir dreist ins Gesicht log, aber so langsam bekam ich Spaß an der Sache. "Und von wem war die zweite Stimme?", stellte ich schließlich die Frage, dessen Antwort mich so brennend interessierte. "Niemandem! Ahahaha.... ähm.... ich spiele einen Bauchredner!" Nun musste ich mich zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. "Soll ich bei Monsieur Damocles anrufen und ihm Bescheid sagen, dass du am Projekt teilnehmen darfst?" Adrien lief rot an. Der Ärmste fühlte sich bestimmt, wie beim Kreuzverhör. "Und ihm dadurch mitteilen, dass ich unsere Überraschung verraten habe? Bitte nicht, Nathalie. Alle wären furchtbar enttäuscht von mir!" Die Geschichte war wirklich amüsant, allerdings wollte ich doch die Wahrheit erfahren. "Also, Adrien. Würdest du mir eventuell ver-" Bevor ich weitersprechen konnte bemerkte ich, dass Adriens Blick hinunter zu meiner Hand wanderte. "Was hattest du denn mit einem Regenschirm vor, Nathalie?" Merde, den hatte ich ganz vergessen. Kurz überlegte ich, ob "Den hatte ich nur für den Fall dabei, dass du ein Einbrecher bist und ich dich K.O. schlagen muss. Dann hätte ich dich der Polizei gemeldet, deren Chef ich vor einer Stunde die schlimmste Panikattacke seines Lebens verpasst habe. Nichts Wildes also..." eine gute Antwort wäre, als plötzlich Gabriel hinter mir stand. Dieser raffte natürlich wieder gar nichts: "Adrien?! Was machst du auf einmal hier? Die Haustür steht noch offen, da habe ich mich gewundert und- Riecht es hier ach Käse?!" Jetzt bemerkte ich den Geruch auch. Fragend sah ich zu dem bis eben vermissten Jungen, der irgendetwas, das wie "Hunger" klang, zwischen seinen Zähnen hervor nuschelte. Die restliche erbärmliche Ausrede übernahm ich für ihn: "Adrien war kurz in der Schule. Er hatte nach dem Fechttraining seine Tasche dort vergessen und wollte sie holen gehen. In der Tasche sind unteranderem Schulmaterialien, die er für morgen gebraucht hätte. Es tut mir leid, dass ich nicht besser darauf geachtet habe, dass er alles dabei hat, Monsieur." Ich sah Gabriel fest in die Augen, der zum Glück noch immer von den Erlebnissen der letzten Stunden zu aufgewühlt war, um vollständig über das nachzudenken, was wir ihm so erzählten. Der schaute mich nur perplex an und brachte endlich ein "Dann ist jetzt ja alles in Ordnung" hervor. Als nächstes nickte ich Adrien zu, der mich dankbar anlächelte. "Wenn du Hunger hast, können wir auch kurz etwas essen." So kam es, dass wir wenige Zeit später mitten in der Nacht zu dritt am Tisch saßen und warmen Kakao tranken, den ich gekocht hatte, mit ein paar Keksen dazu. "Madame Nathalie, ich wollte Kaffee!", maulte Duusu leise in der Tasche meines Blazers. Niemand sagte etwas, doch die Stimmung war nicht angespannt. Jeder hing für sich seinen Gedanken nach und verarbeitete den heutigen Tag. Es war viel passiert. Allerdings wirkte Gabriel wie immer besonders angespannt. (Auch wenn das heute vielleicht ein winziges bisschen meine Schuld war...) Nach einer Weile wurde es mir doch zu still. Herausvordernd sah ich meinen Chef an. "Ist etwas, Monsieur? Sie wirken noch schlecht gelaunter als sonst." Adrien verschluckte sich heftig an seinem Kakao. Scheinheilig wischte er sich den Mund an einer Serviette ab, allerdings konnte ich hinter dieser ein zurückgehaltenes Grinsen zu sehen. Ich gebe zu, meine Formulierung war dezent ungeschickt gewesen. Gabriels Blick beleidigte mich in allen Weltsprachen und auch ich musste die Lippen aufeinander pressen, um mich zusammenzureißen. Seine Antwort kam jedoch gegen meinen Erwartungen. Ich dachte, die verpasste Chance auf die Miraculous bereitete ihm schlechte Laune, aber ich lag falsch: "Audreys Bein ist gebrochen", meinte er knapp. Ach wirklich? Hast du auch eine klitzekleine Ahnung, wie das passieren konnte?, hätte ich am liebsten geantwortet. Ich hoffe ihm war bewusst, dass das seine Schuld war. Zum Glück erklärte sein Sohn es ihm nochmal. "Wissen wir schon! Der Superschurke bei den Proben für die Modenshow hat das bewirkt. Wir waren auch da und waren auch betroffen!" Nun lächelte ich doch. Denn endlich sah man in Gabriels Gesicht das, was er viel zu lange nicht gezeigt hatte: Sorge. "Oh.. das.. tut mir leid. Warum erwische i- ich meine, warum erwischt Hawkmoth nur immer euch beide...? Audrey kann jetzt nicht bei der großen Modenshow dabei sein. Dabei hatte sie sich so gefreut für meine Marke zu Modeln..." Auf einmal leuchteten Adriens Augen heller als der Eifelturm bei Nacht und ich hatte mit einem mal ein ungutes Gefühl im Magen, das definitiv nicht von den Keksen oder dem Kakao kam. "Nathalie kann an Audreys Stelle modeln! Ihr würde das Kleid oder was auch immer du entworfen hast bestimmt auch passen!", rief er aus, von seinem Einfall noch ganz aus dem Häuschen. Überrascht riss sein Vater die Augen auf. Alle Blicke Lagen auf mir. Aus meiner Tasche hörte ich Duusu leise kichern. Verübeln konnte ich es ihr nicht. Ich hätte mich auch ausgelacht, wenn ich nicht selbst in dieser Situation stecken würde. Warum hatte ich Adrien nochmal zugestimmt, ich könnte das machen? Weil er mich an meinem Stolz gepackt hat. Richtig. So bekommt man mich für alles rum. "Wenn sie neben den Organisationen genügend Zeit hätte, würde sich das einrichten lassen" Ich zog die Augenbrauen hoch. Gabriel wusste, wie viel ich zu tun hatte. Dann sah ich allerdings wieder zu Adrien. Er erinnerte sich genau an unsere Abmachung. "Okay", stöhnte ich etwas missmutiger als beabsichtigt, "Ich mach es."
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Weiße Hoffnung
FanficNathalie ist auf Gabriel wütender denn je. Ihm ist alles egal! Er denkt nur an die Miraculous und Emilie. Ihm ist nicht bewusst, was er da für einen Schaden anrichtet. Auch nicht als eine Person verletzt wird. Ladybug bemerkt ebenfalls, dass die La...