FEIGLINGE UND OPFER

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Elia biss sich auf die Lippen

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Elia biss sich auf die Lippen. Ein merkwürdiger Geschmack breitete sich in seinem Mund aus, Eisen und Salz vermischten sich auf seiner Zunge. Er wollte nicht mit Kiran über Otis reden. Er war müde. Wieso wollte Kiran überhaupt davon hören? Elia hatte seine Fehler erkannt und um Vergebung gebeten. Der Erzengel hatte Erbarmen mit den verirrten Seelen, die ihre menschlichen Schwächen mit Opfern bezahlten. Elia grub die verschwitzten Hände in den weichen Stoff von Kirans Pulli. Nein, er fühlte sich nicht besser. Er fühlte sich noch immer dreckig. Falsch.

Elia schlug mit dem Kopf auf die Steinplatte, etwas härter als beabsichtigt. Der Messbecher neben ihm wackelte gefährlich und der Schreck fuhr ihm mitten durch die Brust. Elia schnappte danach, seine Finger krallten sich reflexartig um das Plastik, und mit angehaltenem Atem sah er der dunklen Schattensuppe dabei zu, wie sie zischelnd im Becher kreiste und vergeblich einen Weg zur Öffnung suchte. Elia schauderte. Der Schatten lebt noch.

Tadaaa!" Die Tür zum Wohnzimmer flog auf und Kiran kam mit einer riesigen Kiste voll Verbandszeug und Desinfektionsmittel im Arm hineinspaziert. Mitten auf seiner Stirn prangte ein Pflaster mit Dinosaurier-Aufdruck. „So Streber, auf die Couch."

Elia warf einen letzten prüfenden Blick zum Messbecher und erst als er sich sicher war, dass der Schatten ihm nicht wieder entfliehen konnte, folgte er Kiran auf die Couch. Das weiße Leder schien dessen Körper förmlich zu verschlucken. Elia zögerte und sah an sich herunter. Sein aufgeschürftes Knie, die klitschnasse Hose ... und er sollte sich so auf eine weiße Couch setzen? Wie wollten sie Kirans Eltern die Blutflecken erklären?

Sein Rivale hingegen schien diese Bedenken nicht zu teilen: Schwungvoll hatte Kiran sich breitbeinig und samt schlammverkrusteter Hose auf das helle Leder gepflanzt und klopfte nun auf die Stelle neben sich. „Mach Sitz!", grinste der Lockenkopf ihn an und sein Lächeln wurde noch breiter, als er sah, wie Elia das Blut in die Wangen schoss. Er war doch kein Hund! „Los, her mit dir, Digga. Wuff!"

Elia war vielleicht kein Hund, aber definitiv hundemüde. Also schluckte er den Ärger herunter und ließ sich auf die wunderbar weiche Couch gleiten. In seinem Bauch breitete sich ein wohlig warmes Kribbeln aus und langsam beruhigte sich sein noch immer rasendes Herz. Es war, als wäre er nach einem nicht enden wollenden Alptraum endlich im Himmel aus Schäfchenwolken aufgewacht. Es war so gemütlich, dass Elia am liebsten auf der Stelle eingeschlafen wäre, doch der Gedanke daran, sich gleich Kirans Verhör stellen zu müssen, wirkte besser als jedes Dopamin. Keine Geheimnisse. Das war die Regel der Gemeinde - aber Kiran gehörte nicht zu ihnen. War Lügen da erlaubt?

Kiran stellte die Verbandskiste vor sich auf dem Boden ab und holte ein kleines Fläschchen mit durchsichtiger Flüssigkeit darin heraus. „Okay, gib mir mal dein Bein." Seine dunklen Katzenaugen funkelten. „Das wird jetzt ein bisschen brennen, ja?"

Elia erschauderte bei den Worten. Kiran war anders als sonst. Fast nett. Die Kappe des Fläschchens öffnete sich mit einem leisen SCHNAPP! und sofort drang der scharfe Geruch von Desinfektionsmittel in Elias Nase. Stumm sah er dabei zu, wie Kiran die alkoholische Lösung auf ein viereckiges Pad träufelte und er dann sanft nach Elias verletztem Knie griff. Seine Finger fühlten sich warm auf der Haut an und eine kleine Gänsehaut jagte Elia über den Rücken.

𝕰𝖓𝖈𝖞𝖈𝖑𝖔𝖕𝖆𝖊𝖉𝖎𝖆 𝕴𝖓𝖒𝖔𝖗𝖙𝖚𝖆𝖊Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt