Es knisterte und roch nach Feuer.
Die Stadt war dem Chaos verfallen: Überall stürzten beschädigte Gebäude ein, Wege und Straßen waren aufgebrochen, Menschen flohen panisch von den verheerenden Folgen der Katastrophe. Viele hatten Verletzungen davongetragen; nicht wenige hatten ihr Leben verloren. Und das alles im Anblick der wütenden Flammen, die sich immer weiter ausbreiteten und allmählich alles verschlangen. Die Feuerwehr war nahezu machtlos... Der vergangene Sommer war regenarm verlaufen und man hatte fatalerweise vergessen, die Zisternen wieder aufzufüllen. Das Wasser fehlte, um den Bränden etwas entgegenzusetzen. Alles, was die Männer und Frauen im Dienst tun konnten, war der Versuch, so viele wie möglich aus den Trümmern zu retten, bevor sich das Feuer dorthin ausbreitete. Unter den geretteten Personen befand sich ein kleines Mädchen, dessen eigentlich weißes Haar von Ruß verfärbt war. Wie durch ein Wunder war sie kaum verletzt worden, lediglich ein paar oberflächliche Kratzer und ein paar kleine Schürfwunden zierten ihren Körper. Dennoch weinte sie unaufhörlich, da sie nicht begriff, was um sie herum geschah. Ihre kleine Welt stand buchstäblich in Flammen... Der Geruch von Feuer, das schwere Atmen, das Brennen in ihren Augen... Zu viele Dinge waren passiert, die ihr kleiner Kopf ohnehin noch nicht verstehen konnte.
„Asuka?!"
„Bist du das, Asuka?!"
Ein noch recht junger Mann, gerade einmal in der Mitte seiner Zwanziger, durchquerte dieses notdürftige Lager, in welchem die von der Feuerwehr geretteten Personen versorgt wurden. Er selbst war von der Katastrophe nicht so gut weggekommen; viele Trümmerstücke hatten tiefere Schnitte bei ihm hinterlassen und auch an seinem Kopf befand sich eine Platzwunde, dessen austretendes Blut in einem Rinnsal sein Gesicht hinunterlief. Trotz seines lädierten Zustandes hatte er nicht aufgehört, nach Familie und Freunden zu suchen – und jetzt war er fündig geworden. „Asuka, du bist es doch, oder?" Er hockte sich zu dem kleinen Mädchen, das mit großen und verweinten Augen zu ihm aufsah. Die Angst spiegelte sich förmlich in ihren blauen Iriden wider. „Kennen Sie dieses Mädchen? Sie wurde aus einem Gebäudekomplex unweit von hier geborgen. Wir konnten ihr bisher keine Identität zuweisen. Und keiner der hier Anwesenden scheint sie zu kennen..." Eine Polizistin war zu ihm herüber getreten. Und obwohl sie an diesem Morgen sicherlich schon genügend Horror für ein Leben gesehen hatte, erschrak sie bei dem Anblick des jungen Mannes etwas. „Ich bin Hanashiro Ryōtarō", erklärte er knapp, während er sich schwankend wiederaufrichtete, „und dieses Mädchen ist..."
Recht langsam öffnete Asuka an diesem Morgen ihre Augen. Ein wenig verdattert, vielleicht auch irritiert, setzte sie sich auf und sah sich um. Das war ihr Zimmer, im Wohnheim der Yōsen, und keine Szenerie, die einem Horrorfilm entspringen könnte. Zwar war ihr noch immer so, als könnte sie Feuer riechen... Doch die Weißhaarige wusste mittlerweile, dass sie sich das nur einbildete. Ein Überbleibsel ihrer Erinnerungen – so könnte man es bezeichnen. Obwohl über ein Jahrzehnt vergangen war; obwohl sie damals nicht mehr als kleines Kind gewesen war, fanden die Erinnerungen dieses Unglücks manchmal noch lebhaft zu ihr, so wie in diesem Traum. Es war erschreckend, wie viel sie damals doch mitbekommen hatte, wenngleich sie es nicht hatte begreifen können. Ein tiefes Seufzen verließ ihre Lippen und sie fuhr sich durchs Gesicht... So hatte sie nicht vorgehabt, diesen besonderen Tag zu beginnen...
„Ach, Dornröschen, du bist auch mal wach. Guten Morgen..." Sayumi kam gerade durch die Tür ins Zimmer getreten und begrüßte ihre Freundin, die sie auf dem Bett sitzen sah. Ihre kecke Art ließ die Schwarzhaarige allerdings recht schnell fallen, als sie feststellte, dass etwas nicht stimmte. „Alles in Ordnung, Asuka?", hakte sie vorsichtiger und auch sanfter nach. Sie trat näher an das Bett heran, doch da nahm die Weißhaarige bereits ihre Hände vom Gesicht, schlug die Bettdecke zur Seite und stand auf. „Ja klar, alles in Butter. Ich habe nur nicht so gut geschlafen", erwiderte Asuka und streckte sich erst einmal ausgiebig. Sie vermittelte einen Eindruck von Ruhe, doch dieser sollte in dem Augenblick verschwinden, als die Größere auf die Uhr blickte. „Oh, Kacke!", entwich es ihr. Sie hatte nicht einfach nur ein bisschen verschlafen, nein, sie war unfassbar spät dran! „Warum hast du mich nicht geweckt?!", fragte sie Sayumi, die sich auf ihren Schreibtischstuhl gesetzt hatte und das Geschehen mit überschlagenen Beinen beobachtete. „Ich weiß auch nicht... Dass ich mal vor dir aufstehe, ist noch nie vorgekommen. Ich wollte es ein bisschen genießen", erklärte die Kleinere bar jeder Reue. Als Reaktion entwich Asuka nur ein lautes Schnauben, ehe sie zu dem Kleiderschrank ging, den sich die beiden Oberschülerinnen teilten. Eilig zog sie sich etwas zum Anziehen heraus, was sie sich auch gleich überwarf. Da heute Sonntag war, der einzige Tag der Woche, an welchem in der Yōsen kein Unterricht stattfand, blieb die Schuluniform ausnahmsweise am Kleiderbügel hängen.
![](https://img.wattpad.com/cover/343584405-288-k152811.jpg)
DU LIEST GERADE
Vanilla Flavor
RomanceUrsprünglich wollte Murasakibara Atsushi lediglich ein bisher unbekanntes Süßwarengeschäft in Akita besuchen und dort nach Herzenslust sein Geld verprassen. Dort angekommen ertappt er allerdings Hanashiro Asuka, eine Zweitklässlerin der Yōsen, bei e...