Das Frühstück der Jugendlichen war kaum beendet, da klopfte es an der Zimmertür von Asuka. „Herein!", rief diese, woraufhin die Shoji-Tür aufgeschoben wurde und eine etwas bedrückt wirkende Takahara Miki in das Zimmer eingetreten kam. Die Gegenwart dieser wurde von allen etwas verwundert aufgenommen, doch ganz besonders von der Weißhaarigen. Grund dafür war eine gewisse Regel, von der ihre Freunde nicht wissen konnten: Die Angestellten des Ryokans hatten in diesem Haus grundsätzlich nichts zu suchen. Es war bereits einmal erwähnt worden; dieses Haus stellte den Rückzugsort von Ryōtarō und Asuka dar; es war ihr gemeinsames Zuhause. Und einen solchen Ort zeichnete aus, dass Fremde ihn nur betreten durften, wenn sie dazu von den Bewohnern eingeladen oder aufgefordert wurden. Von absoluten Ausnahmesituationen und Notfällen abgesehen. Obwohl sie alle praktisch so etwas wie eine große Familie waren und sich teilweise auch schon seit Jahren kannten, gab es immer noch eine feine und dünne Linie, die Ryōtarō und Asuka von den Angestellten trennte. Besagte Linie führte, unter anderen, an der Haustür entlang – deshalb war es eine Sache des Anstandes, diese zu achten und zu respektieren.
Dass Frau Takahara nun in ihrem Zimmer stand und, entgegen ihres sonst so lauten und fröhlichen Gemüts, erstaunlich ruhig war, konnte eigentlich nur eines bedeuten: Etwas war passiert und Ryō hatte die Rezeptionistin losgeschickt, um sie zu holen. „Was ist los, Miki-san?", fragte die Weißhaarige deshalb, bevor sie schließlich aufstand. „Ich möchte mich für diese Störung entschuldigen, doch es ist wirklich wichtig, Asuka-chan. Es geht um deine Freundin... Mikami-san, richtig?", fragte die brünette Frau und blickte zu Sayumi herunter, die von diesem Augenblick an spürte, wie eine böse Vorahnung in ihr aufkeimte. „Der Chef bat mich, deine Freundin und dich zu ihm zu bringen", flüsterte Miki dann noch zu Asuka, was diese mit einem zögerlichen Nicken erwiderte. Das hatte sie bereits erwartet. Als sie dann zu ihrer kleinen Freundin blicken wollte, stellte sie fest, dass Sayumi bereits aufgestanden war und sich mit einem verbissenen Blick zu ihr gestellt hatte. Frau Takahara nickte dann abschließend, ehe sie sich wieder umdrehte und mit den beiden Oberschülerinnen das Zimmer verließ. „Äh, Asuka?", wurde die Weißhaarige noch einmal von Tatsuya aufgehalten, bevor sie die Tür wieder schloss. Er war von dieser Situation irritiert, Atsushi ging es sicherlich ähnlich, und keiner hatte mehr ein Wort zu ihnen gesprochen. „Wir sind gleich wieder da, macht es euch in der Zwischenzeit bequem. Ihr könnt meinetwegen auch an meinem GameCube spielen", sprach Asuka mit einem etwas aufgesetzten Lächeln, ehe sie die Zimmertür schloss. Die beiden Jungen blickten sich daraufhin an, nicht so recht wissend, was sie davon halten sollen.
Während die Jungs also vorerst in dem Zimmer verweilten, begleiteten Asuka und Sayumi Frau Takahara durch das Ryokan. Zur gleichen Zeit waren aber bereits zwei weitere Personen, die vom Charakter her vermutlich nicht unterschiedlicher sein könnten, im Empfangsbereich des Gasthauses aufeinandergetroffen: Ryōtarō und eine Frau, die sich als Mikami Nozumi vorgestellt hatte.
Gefasst lehnte der Besitzer des Ryokans gegen den Tresen der Rezeption, verschränkte dabei seine Arme vor der Brust und blickte der Frau vor ihm seelenruhig in die Augen. Helle Haut, schwarzes Haar und grüne Augen... Rein äußerlich hatte diese Frau ihrer Tochter sehr viel von sich mitgegeben. Doch bei den Äußerlichkeiten sollte es wohl auch bleiben. „Sie sind also der Mann, der meine Tochter einfach so in Gewahrsam genommen hat, Hanashiro Ryōtarō." Obwohl ihre Zunge doch recht spitz war und ihre Worte einen entsprechend scharfen Klang hatten, wirkte auch Sayumis Mutter recht gefasst und verzog nicht einen Muskel ihrer absolut neutralen Miene. Sicherlich hatte sie diese Art, sich zu geben, in den vielen Jahren in ihrem Arbeitsfeld erlernt. „Gute Frau...", Ryō zog eine Braue leicht nach oben, „das klingt fast so, als hätte ich sie auf der Straße aufgelesen und vorgehabt, sie nicht wieder abzugeben." Er wusste nicht, was er von dieser Wortwahl halten sollten. Was ihn aber noch viel mehr überrascht hatte, war dieser Mangel an Gefühl. Sie sprach von ihrer Tochter, doch sie hätte von der emotionalen Ebene her genauso gut ihren Friseur oder Tankwart meinen können. Man sah ihr keine Wut darüber an, dass ihr Kind einfach weggelaufen war und ebenso keine Erleichterung, dass sich dieses in Sicherheit befunden hatte. Das war schlicht und ergreifend nichts...
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Vanilla Flavor
RomanceUrsprünglich wollte Murasakibara Atsushi lediglich ein bisher unbekanntes Süßwarengeschäft in Akita besuchen und dort nach Herzenslust sein Geld verprassen. Dort angekommen ertappt er allerdings Hanashiro Asuka, eine Zweitklässlerin der Yōsen, bei e...