Wiedersehen

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„Dean" höre ich ihre Stimme die mich aus meiner Starre holt. Sie klingt wie damals, nur eben erwachsener. 15 Jahre habe ich sie nicht gesehen. 15 verdammt lange Jahre. Wie gebannt schaue ich sie an und weiß gar nicht, was ich sagen soll. Sie sieht so anders aus, als in meinen Erinnerungen.

„Jess" ist das einzige, was ich sagen kann. Staubtrocken ist mein Mund und mein Herz schlägt noch immer wie verrückt. Ich hab das Gefühl, gleich versagen auch noch meine Beine.

Wie durch einen Nebel höre ich Jamies Stimme. „Läßt Du uns rein, Jessica?" „Sicher." Sie dreht sich um und wir folgen ihr in ihre Garderobe. Weil ich echt Angst habe, jeden Moment hinzufallen, suche ich nach einer Sitzgelegenheit. Als ich das kleine Sofa entdecke bin ich echt froh. Was um Himmels Willen passiert hier gerade mit mir.

Während ich mich setze, schaue ich wieder auf die junge Frau, die da vor mir am Spiegel steht. Sie hat eine Uniform an. Ich glaube, es ist die einer deutschen Polizistin. Man, sie ist echt groß geworden und....wunderschön. Wie ihre Mum. Doch den Gedanken an Maggie verbiete ich mir sofort wieder. Der Stachel von damals steckt einfach noch immer zu tief. Es ist Ewigkeiten her und doch tut es gerade wieder verdammt weh. Ich dachte, ich hätte das längst hinter mir gelassen.

Jess scheint nicht so überrascht zu sein wie ich mich wieder zu sehen. Also hat Jamie sie schon vorher informiert. Ich atme einmal tief ein, schließe meine Augen und sehe die kleine 8jährige Jess vor meinen Augen. Sehe und höre, wie sie ihre Eltern anfleht mich nicht gehen zu lassen. Ihre Tränen sind plötzlich wieder präsent wie schon lange nicht mehr. Als Jugendlicher habe ich oft von dieser Szene geträumt. Aber das ist lange her. Und nun steht da eine Jess, die sich mächtig verändert hat. Aus dem 8jährigen Kind ist eine Frau geworden. Fast hätte ich sie nicht wieder erkannt. Aber ihre Augen und ihre süße Stubsnase, die sind einfach einmalig.

„Dean, Du wusstest nicht, dass ich Dein Co-Star sein werde?" höre ich ihre Stimme und frage mich, ob sie immer noch so schön singen kann wie damals. Es dauert eine Weile, bis ihre Frage wirklich bei mir ankommt.

„Nein, er hat mich hiermit total überrascht." antworte ich ihr und zeige auf Jamie. Soll ich ihm jetzt böse sein? Wie soll ich überhaupt reagieren? Wäre es vernünftig wieder aufzustehen und zu gehen? Aber ich habe meinen Vertrag schon unterschrieben. Und Jess...sie kann doch für all das nichts. Sie war ein Kind. Was hätte sie damals schon tun können. <Sie hat sich nie bei Dir gemeldet> höre ich diese kleine fiese Stimme in meinem Kopf. Aber mein Verstand sagt mir, dass ich ihr das wohl nicht vorwerfen kann. Sie hätte sich sicher gemeldet, wenn sie gekonnt hätte. <Man findet immer einen Weg und schließlich wurde sie älter. Sie wollte nicht.> Mit Macht versuche ich die Stimme zurück zu drängen. Wenn ich sie nicht los werde, dann brauchen wir erst gar nicht anfangen zu drehen. Dann endet das hier in einer Katastrophe. Will ich das?

„Du willst nicht mit mir drehen. Hab ich Recht?" höre ich ihre Frage. Was soll ich ihr sagen? Will ich?

„Ich hab Dir gesagt, dass es eine Schnapsidee ist, Jamie. Du musst Dir jemand anderes suchen. Ich bin raus." Ihr stehen die Tränen in den Augen. Ein Anblick den ich nicht ertragen kann.

„Doch...doch ich....wir machen das." Hab ich das wirklich gerade gesagt? Und ich spüre, dass es stimmt. Ich will das. Ich will mit ihr diesen Film machen. Wir sind beide inzwischen erwachsen und sollten die Vergangenheit ruhen lassen. Außerdem sollte sie nicht büßen müssen für Dinge, die ihre Eltern getan haben.

„Wirklich?" Ich kann die Erleichterung in ihrer Stimme hören „Auch....obwohl....Du willst diese Szenen....." Gott, was hat sie nur?

„Hilf mir auf die Sprünge. Ich hab keine Ahnung was Du meinst." Langsam finde ich meine Sprache wieder und werde ruhiger. Jessica kann nichts dafür, was damals vor 15 Jahren passiert ist. Und wenn ich ehrlich zu mir bin, dann habe ich sie vermisst. Sie war, sie ist, meine kleine Schwester. Wenn auch nicht blutsverwandt, so sind wir doch wie Bruder und Schwester aufgewachsen. Unsere Zimmer lagen neben einander. Ich habe mit ihr Lesen und Schreiben gelernt und ich war es, der ihr schwimmen und Fahrrad fahren beigebracht hat. Wir haben zusammen Weihnachtsgeschenke für unsere Eltern gebastelt und gemeinsam dafür gekämpft das Maggie und Paul ja zu einem Hund gesagt haben. Soviel verbindet uns.

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