B E H O N E S T
Eine lautstarke Sirene reißt mich mehr als unsanft aus meinem erholsamen Schlaf und ich drücke mir stöhnend das Kissen auf mein Ohr.Durch meine Vorhänge strahlt kein Sonnenlicht, also ist es noch mitten in der Nacht. Meine Gedanken hängen mir meilenweit nach, während ich durch den Nebel meines leichten Katers versuche, das schrille Klingeln einzuordnen.
Erst dachte ich, dass es von draußen kommt - vielleicht hat jemand versucht, ein Auto aufzubrechen und dabei dessen Alarmanlage ausgelöst. Aber das penetrante Geräusch ist viel zu nahe. Meine nächste Vermutung ist, dass ein Feueralarm hier im Haus die Ursache für meine nun dröhnenden Kopfschmerzen ist, aber auch diese Idee verwerfe ich schnell wieder.
Es vergehen vielleicht gute zehn Sekunden, in denen ich mich auf die Seite schmeiße und die Decke über mein Gesicht ziehe, bis ich erschrocken meine Augen aufreiße und endlich weiß, woher dieser aufdringliche Ton kommt.
Noch völlig schlaftrunken strecke ich meinen Arm zu meinem Nachttisch und taste blindlings nach meinem Display. Das grelle Licht blendet mich schmerzhaft und brennt sich unangenehm auf meine Netzhaut.
Ich swipe hektisch auf dem glatten Display rum, bis das Klingeln endlich erstirbt und ich hoffentlich den Anruf rechtzeitig angenommen habe. Niemand aus meiner Familie oder meinem Freundeskreis ruft mich um so eine gottlose Zeit an, weil jeder weiß, dass ich, sobald die Sonne untergegangen ist, entweder bei einem Kunden bin oder schlafe. Es wird also wichtig sein..
Bevor ich meine trockenen Lippen auseinander bekomme, bete ich inständig, dass niemand gestorben ist.
,,Hallo?", frage ich mit rauer Stimme in den Hörer und halte mir das Handy an die Wange.
,,Ivy? Hier ist Pedro Pascal."
Das iPhone gleitet mir durch seine überaus tiefe Stimme aus der Hand und rutscht von meinem Kissen. Ich kämpfe mich durch meine Müdigkeit und versuche nach meinem Handy zu schnappen, aber durch meine ruckartige Bewegung ziehe ich die Decke unter meinem nagelneuen Smartphone weg und es poltert auf den Fußboden.
,,Verfluchte Scheiße", rufe ich aufgebracht und stehe schnell auf. Viel zu schnell - die drei Cocktails in meinem Blut sind noch nicht gänzlich abgebaut und für einen Moment dreht sich alles und meine Schläfen pochen rachsüchtig.
Als ich das Handy endlich wieder zwischen die Finger bekomme, lasse ich mich rückwärts auf das Bett fallen und blinzle, um auf die Uhrzeit zu schauen.
Es ist verfickt nochmal 05:27 Uhr.
Meine Kopfschmerzen, diese beschissene Uhrzeit und dass mein iPhone mir eben auf den Boden gefallen ist und nun vielleicht einen Riss hat (den ich natürlich nicht sehen kann, weil die Helligkeit mir immernoch die Tränen in die Augen treibt), verpassen meiner Stimmung einen so heftigen Dämpfer, dass ich mich nicht zügeln kann und blaffe:,,Es ist mitten in der Nacht!"
Mr. Pascal scheint die Ruhe selbst zu sein, als er gelassen, aber auch mit einem leisen vorwurfsvollen Unterton antworet:,,Es ist morgens."
,,Es gibt Menschen, die bis vor..", ich rechne schnell nach, ,,..drei Stunden noch gearbeitet haben!"
,,Mag sein, aber deine Arbeitszeiten sind flexibel, nicht wahr? Und jetzt beginnt sie eben wieder. Immerhin arbeitest du nun für mich, oder hast du es dir anders überlegt?"
Ich seufze frustriert und kann das langgezogene Gähnen nicht verhindern, das aus meinem tiefsten Inneren kommt. Dann erinnere ich mich langsam wieder daran, wie sich eine Escortdame zu verhalten hat und kneife mich in den Oberarm, um den Rest meiner Müdigkeit zu verdrängen. Vorerst, zumindest. ,,Nein, natürlich nicht.."
,,Großartig. Also, Ivy, ich würde mich gerne heute mit dir treffen. Ich habe einen Tisch im Ritz-Carlton für 15 Uhr reserviert. Denk bitte an deinen Noti-.."
Ich fahre ihm grob ins Wort hinein:,,19 Uhr. Ich habe davor noch andere Sachen zu erledigen."
Es vergehen ein paar Sekunden, in denen ich nur höre, wie er auf einer Tastatur herumtippt. ,,18 Uhr", sagt er dann fest.
Ich öffne nebenbei meinen Kalender am Handy und schüttle den Kopf. Shit, ich habe heute schon so viele Termine, dass ich vielleicht nicht einmal um 19 Uhr pünktlich sein werde.. vielleicht, wenn ich meinen Termin beim Zahnarzt zum Bleaching meiner Zähne um eine halbe Stunde vorverlegen könnte und meinen Friseurtermin auf morgen verschiebe.. vielleicht schaffe ich es dann.. Immerhin sieht Mr. Pascal ohnehin nur meine Perücke und nicht meine Naturhaare, deren Spitzen dringend geschnitten werden müssen..
,,Ich schaffe es definitiv nicht vor 19 Uhr, okay?"
Wieder tippt er irgendetwas. Wow, der ist ja wirklich sehr beschäftigt..
,,Hör zu, Ivy. Ich bezahle dich, und zwar mehr als großzügig. Also bestimme ich auch, wann wir uns treffen."
Seine überhebliche Art lässt meine Nackenhaare zu Berge stehen, obwohl ich dominante Männer immer sehr anziehend finde.. Und ich kann leider nicht leugnen, dass das bei ihm nicht genauso ist, obwohl ich keinen blassen Schimmer habe, wie er aussieht.. Ich schließe meine Augen und versuche, mir ein ungefähres Bild von ihm auszumalen, basierend auf dieser tiefen, keinen Widerspruch duldenden Stimme..
,,Ich bleibe bei 19 Uhr, früher klappt es einfach heute nicht bei mir. Mein Kalender ist ohnehin schon sehr voll und die meisten Kunden reservieren ihre Termine mindestens zwei Wochen vorher." Ich erinnere mich wieder daran, dass er die Agentur unbedingt bei seinen Kollegen weiterempfehlen soll, also ringe ich mir mehr als widerwillig eine Entschuldigung ab. ,,Tut mir leid, aber daran wirst du dich wohl oder übel gewöhnen müssen."
Er schnaubt leise und das ist das erste Mal, dass seine ruhige Fassade Risse bekommt. Es ist.. faszinierend, auch wenn ich ihn nicht sehen kann.
,,Na schön, aber dann wirst du dich daran gewöhnen müssen, dass ich dich um 5 Uhr anrufe", entgegnet er hitzig.
,,Und du, dass ich dann nicht rangehen werde!", gebe ich patzig zurück. Ich habe den Eindruck, dass er mich absichtlich provoziert..!
Ein dunkles Glucksen ertönt aus der anderen Seite der Leitung und ich schlage überrascht meine Augen auf. Oh, shit. Dieser leise, beiläufige Ton, hat mir direkt einen Blitz durch den Körper gejagt und ich werfe einen inbrünstigen Blick zu meinem Nachttisch, in dem mein treuer Vibrator liegt.
,,Das werden wir noch sehen, Ivy. Sei pünktlich um 19 Uhr im Ritz."
Ein Knacken ertönt, dann ist die Leitung tot. Und erst, als sich die Stille und Ruhe wieder auf das Zimmer und meinen müden Körper legt, merke ich, dass mein Herz mir fast bis zum Hals schlägt.
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Recipe for a disaster - Pedro Pascal
Fanfic„Du sollst so authentisch wie möglich wirken. Sollst mir deine Liebe so vorspielen, dass ich sogar eventuell glauben könnte, du seist keine bezahlte Dame vom Escort." ----- Ich hatte mehr als nur Geld zu verlieren, wenn ich es nicht schaffen würde...