3. Türchen

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Er wird garantiert nicht zurück nach London ziehen. Louis sitzt wenige Tage später endlich wieder hinter seinem Schreibtisch. Er sieht sich um. Er mag diese Arbeit, er mag seine Kollegen – manche zumindest – und er mag New York. Nicht so sehr wie London, aber er ist zufrieden mit seinem Leben hier. War er. Vorgestern hat er viel zu viel Geld ausgegeben, um das Nötigste an Kleidung zu haben.

„Wir gehen heute Abend einen trinken." – „Was?" – „Es ist Freitag und du musst mal wieder raus. Wir zahlen." – „Wer ist wir?", fragt Louis irritiert und sieht Liam fragend an. „Matt, Oli, Mary und ich", antwortet er ihr. Mary arbeitet mit Liam zusammen und Louis versteht sich ganz gut mit ihr. Er ist sich sicher, dass Mary und Liam mal etwas miteinander hatten, aber Liam streitet das ab. „Okay." – „Keine Widerworte?", fragt Liam erstaunt. Louis schüttelt den Kopf. „Nein. ich bin dabei." Er ist die ganzen letzten Tage schon frustriert. Er findet keine Wohnung. Er ist inzwischen zu zehn Besichtigungen gegangen, aber in New York eine Wohnung zu bekommen ist unwahrscheinlicher als im Lotto zu gewinnen – zumindest fühlt es ist im Augenblick so an. Er schläft gut auf Liams Sofa, so ist es nicht, aber er weiß, dass er nicht ewig dort wohnen kann. Liam würde ihn zwar lassen, aber Louis braucht eine eigene Bude. Das Erste, was er sich kaufen wird, ist ein neuer, feuerfester Tresor.

Sie treffen sich in einer kleinen Bar nicht weit von Liams Wohnung. Louis bestellt sich direkt einen Burger. Er hat die Mittagspause damit verbraucht, sich noch eine Wohnung anzusehen und noch eine Absage zu kassieren. Matt hat sich ihm gegenüber gesetzt. Sie haben sich seit einer Woche nicht mehr gesehen. Er flirtet, aber Louis ist nicht danach. Er hat zu viel im Kopf im Augenblick, als dass er sich von Matt abschleppen lassen möchte. Tja, letzte Woche hätte das noch anders ausgesehen.

„Wir hören uns übrigens alle um – wegen Wohnungen, meine ich", sagt Mary auf einmal. Louis sieht sie überrascht an. „Wie, alle?" – „Naja wir, ein paar anderen aus der HR auch." Louis lächelt. „Das ist lieb von euch." – „Wir werden schon etwas finden. Du musst Liam nicht ewig ertragen." – „Ey! So schlimm bin ich gar nicht." – „Liegt im Auge des Betrachters", grinst Louis und trinkt sein Bier. Es tut gut, wieder rauszukommen, mal an etwas anderes zu denken.

„Vielleicht ziehe ich einfach wieder nach England", meint Louis irgendwann. Sie sind alle ziemlich angeheitert. „Er hat sogar schon eine Wohnung dort", bemerkt Liam und deutet dem Kellner, noch eine Runde zu bringen. „Stimmt doch gar nicht. Außerdem ist die garantiert nicht mehr frei", antwortet Louis ihm. Liam zuckt mit den Schultern und zieht sein Handy aus der Tasche. „Das lässt sich herausfinden." London. Es ist nicht so, als hätte Louis nicht jeden Tag daran gedacht. Jedes Mal, wenn er die Kiste sieht – und das ist im Augenblick ziemlich oft, da sie neben dem Sofa steht – denkt er an London. Er könnte dorthin zurückkehren. Vielleicht. Sollte er? Er weiß es ist. „Hier, sie ist noch frei!", unterbricht Liam seine Gedanken.

„Wie hast du das denn jetzt so schnell gefunden?", fragt Mary irritiert. Auch Louis versteht nicht, wie Liam das geschafft hat. „Er hat es auf meinem Laptop gesucht. Mein Browserverlauf synchronisiert sich mit meinem Handy", erklärt er, als wäre das selbstverständlich. „Klar, was sonst", antwortet Louis und sieht auf Liams Handy. Es liegt in der Mitte des Tisches. „Die Wohnung ist wirklich schön", bemerkt Matt und sieht zu Louis. „Aber du willst doch nicht ernsthaft ans andere Ende der Welt ziehen." – „Wäre nicht das erste Mal", antwortet Louis nur und zuckt mit den Schultern. „Ich mag London schon. Und ich wäre näher an meiner Familie." – „Und dein Job?", fragt Matt missmutig. „Gib mir eine Sekunde", grinst Mary und nimmt sich ihr Handy. Louis achtet da gar nicht richtig drauf.

„Es wäre bescheuert, oder? Bestimmt. Das wäre total dumm", denkt Louis laut. „Aber in London gibt es vernünftigen Tee und richtiges Bier." – „Das sind deine Argumente?", lacht Liam. „Was dagegen? Bier und Tee sind wichtige Nahrungsmittel", betont Louis und meint es dabei vollkommen ernst. So ernst, wie ein Betrunkener es meinen kann.

„Ha! Ich hab was!", grinst Mary und gibt Louis ihr Handy. „Ein Job für einen Verlag. Sie suchen neue Leute für das hauseigene Marketing. Sie bezahlen gut und sie sitzen in London." Louis sieht auf die Stellenausschreibung. Irgendwie sieht es verlockend aus. „Und? Ich kann mich da wohl kaum bewerben – oh, kann ich doch", bemerkt er. Es geht direkt auf der Website. „Das machst du doch jetzt nicht wirklich, oder?", fragt Matt perplex und sieht Louis mit großen Augen an. „Doch! Und wie!", widerspricht Louis. Er kann es nicht leiden, nicht erst genommen zu werden. Matt hat ihm gerade genau dieses Gefühl gegeben. Mehr oder weniger vernünftig klingt der Text, den er kurzfristig schreibt. Er fügt alles hinzu, nur eine Zeugnisse und Abschlüsse nicht. Er schreibt einfach, dass er sie nachreichen wird, weil seine Wohnung leider abgefackelt ist. Das stimmt auch. Allerdings sind die wichtigen Unterlagen alle in der schwarzen Kiste. Sie sind unter den Fotos.

„Und was jetzt? Willst du doch etwa auch noch auf die Wohnung bewerben?", fragt Matt und verschränkt die Arme vor de Brust. „Das ist dumm, Louis. Das ist in London." – „Das ist mein Zuhause!", antwortet Louis ihm patzig und schnappt sich Liams Handy. „London ist eh viel besser als New York", grinst er und bewirbt sich auf die Wohnung. Er muss dreimal seine E-Mail-Adresse eintippen, um es fehlerfrei hinzubekommen, aber schließlich klappt es. Liam beobachtet ihn skeptisch. Ob das alles so eine gute Idee ist? Louis ist begeistert. Es ist die beste Idee seit langem. Zufrieden lehnt er sich nach hinten und trinkt sein Bier. Mary bestellt eine Runde Shots. Matt ist der Einzige am Tisch, der vollkommen unzufrieden scheint.

„Was? Ich bin nicht aus der Welt. Nur in London", meint Louis zu ihm. „Das ist ziemlich weit weg." – „Und?", fragt Louis und mustert Matt. Sein Blick schreit die Antwort. Da kann er ihn nicht abschleppen. Louis schmunzelt. Sein Ego hat genau das gebraucht. „Ich werde euch besuchen", verspricht er. „Und ihr werdet alle nach London kommen und richtiges Bier mit mir trinken."

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Tja, ob das wohl so klug war? Wann denkt ihr, wir Harry in der Story auftauchen? :)

Love L

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