2. Türchen

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Vor Ort sieht es noch schlimmer aus, als es im Fernsehen ein Anschein gemacht hat. Dicke, schwarze Rauchwolken ziehen nach oben und überall stehen Feuerwehr und Polizeiwägen. Feuerwehrleute laufen umher, löschen und Sanitäter kümmern sich um die Verletzten. „Wie gut, dass ich auf deine Party gekommen bin", bringe Louis heraus und lacht bitter. Liam findet es nicht witzig. Es fängt irgendwann an zu regnen. Da stehen sie bestimmt schon eine Stunde hinter der abgesperrten Zone. Sie wissen beide, dass von Louis' Sachen nicht mehr viel übrig ist. Wie sollte es auch? Seine Wohnung und die vieler anderer Leute wird vollkommen ausgebrannt sein. Alles ist weg.

„Du kannst bei mir pennen", sagt Liam dann, als das Feuer langsam gelöscht ist. „Danke", murmelt Louis immer noch geschockt. Er hat nicht mehr. Nur noch dieses Danny Zuko Outfit. Er hat sein Handy und sein Portemonnaie. Und es geht ihm gut. Das ist das wichtige. Es geht ihm gut. Er zieht sein Handy aus der Tasche und schreibt in die Gruppe mit seiner Familie.

Louis: Hi. Ich weiß nicht, ob ihr das in England mitbekommen werdet, aber in Manhattan ist ein Wohnhaus abgebrannt. Ich war auf Liams Party, mit geht es gut, aber meine Wohnung ist dahin. Ich melde mich die Tage, wenn ich die Versicherung erreicht habe. Ich penne erst einmal bei Liam.

Er hasst es, dass er diese Nachricht an seine Familie schicken muss. Seine Mutter mach sich sowieso immer viel zu viele Sorgen um ihn. Eine Feuerwehrfrau kommt zu ihnen. „Wohnen Sie in diesem Haus." – „Ja. 7b", antwortet Louis ihr. Sie sieht ihn mitleidend an. „Es tut mir sehr leid, aber fast alle Wohnungen sind ausgebrannt. Noch ist nicht klar, ob das Gebäude sicher ist und betreten werden darf. Es wird vermutlich die ganze Nacht dauern, bis ich Ihnen dazu eine Antwort geben kann." Louis nickt verstehend. Er hasst es, aber er weiß, dass die Feuerwehr ihr Bestes getan hat. „Können Sie... also ich habe einen Tresor und vielleicht..." – „Kann frage meine Kollegen, ob jemand nachschauen kann", antwortet die Frau ihm, lächelt kurz und geht dann wieder zu ihren Kollegen. Louis und Liam sehen, wie sie etwas in ihr Funkgerät sagt, hören sie aber nicht mehr. „Was ist in dem Tresor?" – „Mein Visum", antwortet Louis knapp. „Und Fotos von früher." Er hat sie nicht auf dem Handy. Von diesen Fotos gibt es nur eine einzige Kopie und die sind in diesem Tresor. Er will es nicht zu nah an sich heranlassen. Er möchte diese Kälte und Hilflosigkeit nicht spüren. Es ist nur Papier. Es ist nur bedrucktes Papier, dass seit seinem Einzug in diese Wohnung unberührt in dem Tresor liegt.

Liam bleibt bei ihm. Louis und er sitzen auf dem Gehweg, noch eine Stunde. Dann sieht er einen Feuerwehrmann aus dem Gebäude kommen. Er trägt eine schwarze Kiste. Sie sieht unversehrt aus. Er springt auf und ist kurz davor, diese Absperrung einfach zur Seite zu schieben. Der Mann sieht es und schlägt den Weg zu ihm ein. „Ich schätze, diese Kiste gehört ihnen?" – „Hat der Tresor gehalten?" – „Sie hatten sehr viel Glück, dass ihr Modell feuerfest war. Alles andere in der Wohnung ist leider dahin." Louis nickt verstehend und sieht auf die Kiste. Sie ist unversehrt. Der Feuerwehrmann gibt sie ihm. „Vielen Dank. Das... danke." – „Kein Problem"

Louis geht zurück zu Liam. Er traut sich nicht, die Kiste zu öffnen. „Soll ich schauen?", bietet sein bester Freund an. Louis schüttelt den Kopf. Niemand soll diese Fotos sehen. „Nein, schon gut." Er öffnet sie. Dann erinnert er sich daran, dass er über die Fotos ein weißes Blatt Papier gelegt hat. Er muss sie nicht betrachtet. Nur das Visum liegt oben und sein unversehrt. „Es ist alles gut." – „Freut mich für dich", lächelt Liam ehrlich und steht auf. „Wir sollten langsam wieder zu mir. Matt hat mir geschrieben, dass dort niemand mehr ist. Wir sollten beide schlafen."

Louis fällt todmüde auf das Sofa. Liam lässt ihn schlafen. Er hat ihrem Chef schon Bescheid gesagt, dass Louis am nächsten Tag nicht zur Arbeit kommen wird. Louis hat er dann eine Nachricht geschrieben und sich selbst auf den Weg gemacht. Also wacht Louis allein auf. Er frühstückt spärlich und nimmt sich Liams Passwort. Er hat das Passwort auf seinem Schreibtisch liegen und sicher nichts dagegen, dass Louis ihn benutzt. Er möchte es gar nicht googeln, aber er muss. Wohnungen, Manhattan. Zu teuer, zu klein, zu teuer. Das letzte Mal hatte er mehr Glück als Verstand. Er hat die Wohnung zufällig gefunden und bekommen, aber er weiß, dass das jetzt deutlich schwieriger wird. Garantiert. Er sucht den ganzen Vormittag. Es wird nicht besser. Seufzend öffnet er einen neuen Tab.

Flüge New York – London. Zumindest da wird er fündig. Theoretisch weiß er, dass er sich nicht leisten kann, nach Hause zu fliegen. Er hat nichts mehr, gar nichts mehr, aber er will Weihnachten nicht in New York verbringen. Er hat seiner Mum versprochen, über die Feiertage zuhause zu sein. Er bucht die Flüge. Er wird am 22. Dezember in London landen. Dann setzt er sich mit seiner Versicherung auseinander. Natürlich haben sie schon von dem Brand erfahren. Es ist besser, als er angenommen hatte, aber er wird ordentlich dazu zahlen müssen.

Kurz bevor Liam von der Arbeit kommt, sieht er weiter im Internet nach Wohnungen. Er findet eine. Sie ist, schön, groß, hell und nicht zu teuer. „Das kann niemals echt sein", murmelt er. „Was kann nicht echt sein?", fragt Liam und geht zu Louis ans Sofa. Er sieht auf den Bildschirm. „Die sieht schön aus." – „Und bezahlbar", antwortet Louis euphorisch. „Mhm. Und die ist in London." – „Was?" – „Da. Die ist in London." Scheiße, tatsächlich. Louis stöhnt genervt und klappt den Laptop zu. „So eine scheiße." – „Du hast nicht danach gesucht?" – „Nein, ich... doofer Algorithmus. Ich habe Flüge nach London gebucht für Weihnachten", versteht er und verdreht die Augen. „Ich werde bestimmt nicht zurück nach London ziehen. Ich habe da doch überhaupt keinen Job", meint er. Liam sieht ihn schulterzuckend an. „Du würdest bestimmt einen bekommen." – „Willst du mich loswerden?" – „Nein, natürlich nicht. Ich meine ja nur."

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Ich schreibe nicht oft in 3. Person, also ist das alles hier für mich auch eher ungewohnt. Wie findet ihr es? 

Love, L

Adventskalender 2023Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt