Kapitel 40

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Kapitel 40

Evelyns Sicht

In den nächsten Tagen legte sich der Trubel zum Glück wieder. Der erste Schock über den Angriff und Steves Tod waren verdaut, und Normalität kehrte an die Akademie zurück.
Mittwoch waren Isobel und ich bei der Beerdigung anwesend. Es war eine schöne Zeremonie, auch wenn es wirklich traurig war. Seine Mutter hat die ganze Zeit über bitterlich geweint und es mir unglaublich schwierig gemacht, mich auf etwas anderes als auf ihre tiefe Trauer zu konzentrieren. Doch wie könnte man ihr einen Vorwurf machen. Sie hat ihr einziges Kind verloren.
Steves Vater war nicht einmal zur Beerdigung erschienen. Er war ein Moroi, der irgendwo im Norden Kanadas lebte, so hatte ich von Izzy erfahren.
Da sieht man es wieder, wie glücklich man sich als Dhampir schätzen konnte, wenn sein Moroi-Elternteil Kontakt zu einem pflegte. Das war wirklich keine Selbstverständlichkeit.
Die Woche verlief ansonsten recht ereignislos. Einem "Angriff", diesmal aber ein inszenierter von Seiten der Wächter, mussten wir uns immer noch nicht stellen. So berierig wie Isobel am Anfang auf darauf gewesen sein mag, desto erleichterter war sie nun, dass keiner geschah. Ich konnte ihre Unruhe tagtäglich wahrnehmen. Sie sah sich fast mehr in ihrer Umgebung um als ich, als Wächterin. Und das will schon was heißen.
Auch wenn Izzy es nicht zugab, der Angriff steckte ihr noch tief in den Knochen. Sie hatte Angst, bei Dunkelheit draußen zu sein. Selbst, wenn es nur dämmrig draußen war, verließ sie das Wohnheim nicht mehr oder machte sich schnell auf, in ihres zu gelangen. Sie war einfach unruhig. Fühlte sich verfolgt.

Sie hat das Gefühl von Sicherheit verloren.

Mit mir an ihrer Seite fühlte sie sich zwar beschützt, doch der Gedanke daran, dass das Praktikum in einer Woche vorbei ist, machte ihr Angst. Dann würde ich wieder in mein eigenes Zimmer zurückziehen. Und sie alleine lassen.

"Echt unfair, dass ihr bisher noch nicht ein Mal angegriffen wurdet!" meinte Emilia gerade, die zusammen mit Isobel auf der Couch im Gemeinschaftsraum saß und ihr die Haare zu einem französischen Zopf zusammenflocht. Izzy spannte sich kaum merklich an. Ich stand neben ihnen an der Wand und beobachtete sie aufmerksam. "Ich meine, jeder von uns wurde bisher angegriffen. Wir sogar schon 4 Mal!" sie deutete auf sich und ihren "Wächter", der nicht weit weg von mir stand und seinen Schützling ebenfalls im Blick hatte. Izzy zuckte nur mit den Schultern. "Tja, was solls, ich habe schon gesehen, wozu Evelyn im Stande ist!" Emilia schüttelte nur den Kopf und schien dennoch etwas verärgert zu sein. "Trotzdem ist es unfair, Izzy. Ich meine ja, ihr beide wurdet von echten Strigoi angegriffen, aber das heißt ja nicht, dass damit euer Praktikum schon abgeschlossen ist. Weißt du, wie oft mich Stewart in den Dreck geschmissen hat in den vergangenen Tagen? Das ist echt nicht mehr feierlich. Und du kannst einfach durch die Weltgeschichte spazieren und es passiert gar nichts..." sie prustete erbost Luft aus und fixierte den Zopf mit einem kleinen Haargummi. Ich spürte, wie unwohl sich Isobel mittlerweile fühlte.
"Danke fürs Haare flechten!" Im Nu sprang Isobel von der Couch und lächelte ihre Freundin schnell an. "Ich bin jetzt noch mit Isaac verabredet. Wir sehen uns später!" Mit einem schnell Blick bedeutete sie mir, dass sie gehen wolle. Ich nickte nur und folgte ihr schnell zur Tür heraus. Izzy steuerte das Gebäude der Akademie an.

"Hey, alles okay?" fragte ich also, obwohl ich natürlich wusste, dass nicht alles okay war. Sie nickte dennoch. "Ja, es ist nur....wie kann Emilia nur so...so..." sie seufzte laut und blieb stehen. Sie suchte nach dem passenden Wort. "Ich meine, warum ist sie sauer auf mich?" Das schien Isobel wirklich verletzt zu haben. Sie fühlte sich so unverstanden von ihren Freunden. Sie hatten alles, was passiert ist, so schnell abgetan, und Izzy fühlte sich nun ganz alleine in ihrem Kummer und der Angst.
"Weißt du, für jemanden, der noch nie einem echten Strigoi gegenüber stand, ist die Gefahr nicht real. Sie kann sich nicht vorstellen, wie sich ein richtiger Angriff anfühlt" versuchte ich Izzy zu beschwichtigen und legte meine Hand auf ihren Arm. "Sie sieht nur ihr eigenes Leben, Izzy. Und sie ist gestresst. Du hast es eben nur leider abbekommen. Nimm dir das nicht so zu Herzen!" ich lächelte sie aufmunternd an. Sie nickte schließlich und erwiderte es. "Ja, du hast bestimmt recht. Danke, Evy!"

Vermächtnis der KöniginWo Geschichten leben. Entdecke jetzt