Kapitel 41
Evelyns Sicht
Nun ist das Praktikum vorbei.
Ich stand zusammen mit Cameron und Oskar an einem der Tische des Klassenzimmers angelehnt und lauschte unserem Lehrer, der uns für unseren Einsatz lobte und uns nochmal eine lange Geschichte erzählte, weshalb dieses Praktikum so wichtig sei und wieso es damals ins Leben gerufen wurde, und so weiter.
Der Vortrag war echt langweilig, doch zum Glück beendete er die Stunde pünktlich und entließ uns in die Mittagspause. Erst morgen, am Dienstag, würde wieder unser normaler Stundenplan in Kraft treten. Für heute hatten wir den Rest des Tages frei bekommen. Darüber freute ich mich sehr. Ich meine, wir hatten es uns auch echt verdient."Yeah, endlich wieder frei!" jubelte Oskar, als wir uns auf den Weg zur Mensa machten. Cameron stimmte ihm jubelnd zu. Ich grinste nur vor mich her. Ich konnte die Freude der beiden deutlich spüren, auch wenn ich mich vor ihrem Geist abschirmte. "Und Evy, genießt du es auch so sehr wie wir?" fragte Cam mich und legte mir einen Arm um die Schultern. "Ich muss sagen, ich fand die Zeit sehr angenehm!" Ich zwinkerte beiden zu. Ich wusste, dass die beiden mich stets um meine Zuteilung beneidet hatten. Und auch den beiden war klar, dass ich mich mit Isobel super verstand. Es gab also nur eine mögliche Antwort auf Camerons Frage. "Echt krass, dass Isobel und du euch so schnell angefreundet habt. Ich meine, sie ist eine der verschlossensten Moroi, die ich kenne!" meinte Cam lachend und stellte sich hinter Oskar in die Warteschlange. Ich wusste, dass er Izzy damit gemeint hat. Oskar nickte. "Wieso denn verschlossen?" mischte ich mich nun, von der Neugierde gepackt, ein. "Ich dachte, Izzy sei so beliebt?"
Ich meine, ich wusste, dass sie es war. Auch wenn Izzys Freundeskreis eher begrenzt war, zumindest hatte sie sich in den letzten 4 Wochen immer nur mit den üblichen Verdächtigen getroffen, so wusste ich dennoch, dass sie gut vernetzt war. Das war auch kein Wunder, immerhin ist sie eine Ivashkov. Das ist eine der einflussreichsten und angesehensten Familien in unserer Welt. Viele Könige und Königinnen vor Vasilisa Dragomir Pelicano kamen aus der Ivashkov Blutlinie hervor.
Und immerhin kannten sich hier die meisten Novizinnen und Novizen schon seit der Grundschule. Also Isobel zumindest schien jeden hier zu kennen. Sie hat ständig irgendwelche an ihr vorbeilaufenden Personen gegrüßt, die ich noch nie zuvor gesehen hatte.
Izzy kannte sich sehr gut aus."Naja, klar ist sie beliebt. Ich meine, dass war sie schon immer. Trotzdem ist sie seit damals schon echt verschlossen geworden. Ich meine, wen wundert es, ich würde so schnell auch niemandem mehr über den Weg trauen!" erzählte Cam weiter, während wir zu einem der Tische gingen. Ich runzelte die Stirn. Durch meine Mauer konnte ich seine Gedanken nicht lesen und daher wusste ich nicht, worauf er anspielte.
urz darauf setzten wir uns auch schon. Carlo setzte sich fast zeitgleich zu uns.
"Über wen redet ihr?" fragte er sofort. "Über Isobel Ivashkov" antwortete Cameron und machte sich über seinen Kartoffelsalat her. Carlo nickte nur. "Cam findet es super spannend, dass Evy Isobel so schnell für sich gewinnen konnte!" erklärte Oskar seinen Freund daraufhin. Jetzt schien bei Carlo ein Licht aufzugehen. "Ah, verstehe. Im ernst, habt ihr euch angefreundet?" auch er schien echt überrascht darüber zu sein. Seine Aura spiegelte das deutlich wider. Ich zuckte also nur mit den Achseln. "Ja, schon. Warum seid ihr alle so überrascht? Ich meine, ihr seid doch auch mit mir befreundet. So schlimm bin ich also wohl nicht..." Jetzt mussten die drei auflachen. "Um dich geht es gar nicht, Evy. Du bist super als Freundin. Aber Isobel hält sich normalerweise eher...bedeckt" stammelte Carlo und wusste nicht so recht, wie er das formulieren sollte. Ich runzelte nur weiter die Stirn.Allerdings beließ ich es dann auch dabei. Ich hatte kein Interesse, mit anderen über meine Schwester zu sprechen. Das fühlte sich falsch an.
Kurz darauf traf ich Izzy auch schon nahe des Sportplatzes an. Sie hatte sich auf eine Bank gesetzt und blätterte durch ihr Biologiebuch.
"Hey" begrüßte ich sie also und liße mich neben sie fallen. Sie strahlte auf und klappte ihr Buch sofort zu. Heute trug sie ihre Haare glatt zu einem hohen Pferdschwanz gebunden. Es ließ sie mit einem Male noch viel königlicher wirken, als sie es eh schon tat. Izzy hatte so eine natürliche Eleganz, die manchmal dafür sorgte, dass ich mich wie ein trampeliger Dhampir neben ihr fühlte.
Ich konnte spüren, dass sie sich freute, mich zu sehen. Und Neuigkeiten hatte.
"Evy, wie schön, dich zu sehen!" Sie stopfte ihr Buch zurück in ihre Tasche, während ich mir meine Strickjacke von den Armen zog. Mittlerweile war wirklich fast Sommer, so warm wie es nun täglich wurde. "Und, ist deine Bewertung gut ausgefallen?" fragte sie mich nach einer kurzen Weile. Ich nickte. "Ja, sie ist super. Ich bin sehr zufrieden!" Sie nickte erleichtert und lächelte wieder. "Du hast es dir echt verdient!" Sie schaute einmal schnell auf ihr Handy hinab. Aaron sollte heute zurück an die Akademie kommen.
Ich konnte ihre zwiespältigen Gefühle wegen dieser Tatsache wahrnehmen. Ihre Aura hatte sich zu einem eher dunkleren Grünton verfärbt.
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Vermächtnis der Königin
FantasíaWas passiert, wenn sich die Wege von zwei Personen kreuzen, die sich niemals hätten kennenlernen sollen? So sieht das zumindest die 17-jährige Evelyn, die aus Furcht vor der Macht der Königin seit langem einen großen Bogen um den Königshof und all d...