35. Kapitel

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Mein Atem vernebelte vor meinem Gesicht, meine Schuhe klopften mit ihren Absätzen auf der Straße und meine Augen huschten hin und her, um alles und jeden im Blick zu behalten.

Die Kälte zog leicht durch die recht entblößten Beine meinerseits, auf welchen auch jetzt schon Männer ihre Blicke verloren. Sie trieben sich in den Gassen umher. Entweder waren es spät Arbeiter oder Freier die ihre Stammhuren besuchten.

Selbst die ebenfalls, leicht bekleideten Damen betrachteten mich von oben bis unten. Ihre Blicke zogen sich recht neugierig auf mich. Auch wenn ich meinen Mantel dicht an mich gebunden hatte und dieser recht groß mit Elleganz ausfiel, zeigte sich immernoch genug Haut von mir um mich interessant wirken zu lassen.

Ich versuchte es so gut es mir möglich war auszublenden. Selbst wenn ich genug Selbstwertgefühl besaß, konnte man mich sehr schnell unter Druck setzen, was mich unwillkürlich nervös machte. Jedoch behielt ich vorerst meine Kontenance.

Schon von weiter Entfernung konnte man die lauten Stimmen vernehmen, das gedämmte Licht was durch die Fenster drang und die Gesänge, die wahrscheinlich bis ins fernste Land zu hören waren.

Der Garisson Pub rückte immer näher und somit stieg auch die Aufregung in mir drin. Vor der alten Holztür blieb ich ein letztes Mal stehen, um in der gleichen Sekunde einen tiefen Atemzug zu nehmen. Mein Herz klopfte dabei wie wild und ich stellte mir die Frage ob Ich mir bei dieser Sache wirklich sicher sei.

War es die richtige Entscheidung gewesen? Wollte ich das wirklich durchziehen? War ich mir sicher bei dem was ich tat?...
Nun ja...für einen Rückzieher war es ohnehin schon zu spät.

Ich striff mir also über die Kleidung, griff nach der alten Klinke und ließ das neue Gefühl von absoluter Freiheit auf mich wirken. Der beißende Geruch von Whiskey durchfuhr sofort meine Lungen, meine Sicht konnte sich nur mäßig erkundigen, so viel Rauch der Zigarren strömte im Raum umher.

Ein Anblick von tausenden Nutten, Stammgästen, Arbeitern und Reisenden, die sich bis aufs letzte betranken, bot sich vor meinen Augen. Die zarten Weiber klammerten sich an die vor sich hin qualmenden Männer die ausgiebig zusammen lachten und sich das ,,verteufelte Wasser" in den Rachen kippten.

Ein Barkeeper verlor sich bald in der Menge. Mit tausenden Tabletten auf den Armen wirbelte er über den Boden an jedem Tisch vorbei. Auch hinter der Theke schien es Krawall zu geben. Schon lange war dieser Pub nicht auch nur annähernd so voll gewesen.
War dies Zufall? Oder ein Wandel des Schicksals?...

Um nicht zu früh und breitgefächert aufzufallen mischte ich mich unters Volk. Doch schnell bemerkte ich die unzähligen Blicke von den Männern. Selbst diejenigen die bereits mehrere weiber an ihrer Seite trugen, viel dieses junge Zarte Mädchen auf, was sich mit einem Pokerface an die Bar setzte.

Ich überschlug meine Beine, nachdem ich mich auf einen der Hocker nieder gelassen hatte und ließ meine Augen erneut durch den Raum kursieren.
Immer mehr zog sich die Aufmerksamkeit auf mich und ich genoss es die sabbernden Gesichter der Gäste zu begutachten. Wäre ich nicht eine von denen, die ihren Nachnamen trugen, wären sie vermutlich schon längst über mich her gefallen.

Dieser Name schaffte mir Schutz und Hilflosigkeit zugleich. Bis jetzt wagte es noch niemand sich mir zu nähern, weshalb ich mich vorerst ein wenig amüsieren wollte. Für Unruhe zu sorgen blieb mir immer hin noch genug Zeit...

Jedoch bevorzugte ich es nicht im Schwitzen zu verweilen, und somit entledigte ich mich meines Mantels. Das alte Haus spendete ausreichend Wärme um mich auch ohne den dicken Stoff in sich zu wissen.

Es blieb verdeckt, doch nun schaffte es beinahe niemand mehr, sich nicht auf mich zu konzentrieren. Wie als wenn sie unter einer Hypnose leideten. Entweder hielt ihr starren ununterbrochen an oder ihre Augen verloren sich mit regelmäßigen Abständen in meine Richtung.

Ein Schmunzeln zog durch meine Lippen und es wurde nur umso breiter als ich sah, welcher der einzelnen Barkeeper auf meinen Platz zu lief.

,,Hey Harry, lang nicht mehr gesehen. Wie geht's dir?", begrüßte ich den älteren Herren mit teuflischen Ausdruck, während sich mein Oberkörper auf der Theke abstützte.

Dieser zeigte sich genauso wie bei der letzten Begegnung, wenig begeistert über mein Erscheinen. Doch dieses Mal schien es ernster zu sein als zuvor. Was vermutlich die Tatsache verschuldete, wie ich mich hier um diese Uhrzeit, an diesem Ort preisgab...

Die Schweißperlen auf seiner Stirn, die sich schwer hebende Brust und die zitternden Pupillen in seinen Augen.
Alles Anzeichen dafür, dass es in ihm tobte. Nur was war der Grund? War es die gut besuchte Situation oder doch eher meine unerwünschte Anwesenheit?

,,Du kleines, durchtriebenes-
Urgh, das darf doch wohl nicht war sein!", begrüßte mich der Mann fluchend und rieb sich noch bevor er ganz bei mir war über seine müden Augen.

,,Es freut mich auch sehr dich wieder zu sehen Harry.", entgegnete ich sanft und Wimpern klimpernd, wie eine Unschuldige kleine Jungfrau.

Fassungslos keuchte mein Gegenüber aus, begutachtete mich ungläubig wobei ich nur ungeduldig auf dem Holz herumtippte. Schließlich war ich hier um etwas zu trinken und Spaß zu haben. Auf moralische Predigen konnte ich mehr als nur verzichten.

,,Ich frage am besten gar nicht erst was du hier machst, sondern eher ob du noch ganz bei Sinnen bist!" Ich dachte wirklich dir hängt etwas an deinem Leben. Und an meinem! Die letzte Aktionsollte dir doch eine lehre gewesen sein!"

Gelangweilt gähnte ich, gleichzeitig rollten meine Augen leicht genervt im Kreis herum. Als ob ich nicht wüsste worauf ich mich ein ließ? Natürlich kannte ich die gefahren aber ich konnte und wollte mir diese Chance nicht nehmen lassen.

,,Oh Harry, waren wir nicht schon mal an diesem Punkt, huh? Ich bin weder ein Kind noch zu irgend jemanden verpflichtet. Ich hatte gehofft dass du dich freust mich wieder zu sehen. Oder wäre es dir lieber wenn ich weiter durch die Straßen umher irre?"

Sprachlosigkeit zeigte sich in seiner Aura. Mit leicht offenen Mund und aufgerissenen Augen stand er wie versteinert vor mir.

,,Was ist los? Hast du etwa gedacht ich würde einfach so zusehen wie ihr alle versucht mich herum zu schubsen? Ich habe wirklich mehr von dir erwartet Harry..."

Ich erkundigte erneut meine Umgebung. Immer noch hielten die Blicke aller an mir fest, was mein Selbstbewusstsein ein weiteres Mal nach oben schob und ich selbstgefällig meine Haare zurecht rückte, bevor ich mein Vorhaben in die Tat umsetzte.

,,Wie wärs also, wenn du mir was zu trinken vorbei bringst? Mein Hals ist ziemlich trocken und ich denke ein Glas Whiskey wäre jetzt genau das richtige."

Mein kleines Zwinkern hinterher, signalisierte dem treuen Freund meines Bruders, dass ich keinen Wert darauf legte, ob diese Aktion Konsequenzen mit sich zog. Es war mir schlichtweg einfach egal und somit sollte mein Spaß am heutigen Abend auch endlich beginnen dürfen...

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