23. Kapitel

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Mit einem lauten knall flog die Tür des Schlafzimmers zu und der Shelby verschwand ohne Erklärung hinter der nun geschlossenen Fassade.

Ich ließ mich langsam und erschöpft von der hölzernen Komode gleiten, nur um mich im nächsten Moment wieder daran stützend anlehnen zu müssen.
Meine Beine knickten zitternd zusammen und ich hatte Mühe vernünftig zu atmen.

So sehr ich mich auch an einer Lösung versuchte, blieb es vergebens ein unerklärliches Rätsel, welches mir der Braunhaarigen hinterlassen hatte.
In solchen Momenten ließ es mich oft an meinem jetzigen Leben zweifeln.
Wieso konnte ich nicht einfach mein einsames Zirkusleben weiter leben?
Es hätte alles so viel einfacher sein können.

Wieso musste mir dieser verfluchte Teufel über den Weg laufen und alles erdenkliche auf den Kopf stellen?
Warum verdammt tat er mir das nur an? Ich dachte wir wären ein Team...

Die Müdigkeit machte sich in mir breit und ich beschloss, dass es kein Sinn bringen würde Tommy zu folgen, um ihn zu konfrontieren. Vermutlich war es besser sich erstmal voneinander zu distanzieren. So sehr mir dieser Gedanke auch im Herzen schmerzte. Wusste ich, dass es so nicht noch schlimmer werden würde. Tommy befand sich in keiner guten Verfassung, genauso wenig wie ich.

Leise schlich ich mich aus Tommys Zimmer über den Flur zurück. Zu meinem Glück war es nach wie vor ruhig, sodass ich vollkommen unbemerkt blieb. Während ich vorsichtig über die knarzenden Dielen stolzierte, rollten vereinzelt Tränen über meine noch immer geröteten Wangen. Mein Gewissen plagte mich noch mehr als die Wut und Enttäuschung, die sich in mir verzweigten.

Was wenn ihm etwas passiert? Wo ist er bloß hingegangen? Hätte ich ihm lieber doch hinter her sollen? Was mache ich denn jetzt!? Bin ich an allem schuld?Warum kann es nicht einfach wieder so schön wie früher sein?

Ich weiß einfach nicht wie lange ich das noch durchhalten soll. Es zerreißt mich jedes Mal aufs Neue und wurde immer schwieriger in der Geheimhaltung. Unser sonderbares Verhältnis nahm stetig zu, weshalb es nur eine Frage der Zeit war bis die anderen Wind davon bekamen.

Gerade als ich die Klinke meiner Zimmertür herunter drückte, um mich endlich in den längst überfälligen Schlaf zu legen, hielt ich inne. Meine Gedanken befanden sich in einem erneuten Kampf, um herauszufinden was das richtige wäre. Und verdammt nochmal, wieso musste es immer dieselbe Seite sein, die dieses Gefecht für sich entschied? Warum konnte ich nicht einfach bei meiner ersten und einzig vernünftigen Entscheidung bleiben!?

Mich selbst innerlich verfluchend, löste sich mein Griff von der Türklinke des so nahen Rückzugsortes, nach dem ich mich eigentlich sehnen sollte und stapfte zielsicher die Treppen unseres Anwesens hinunter. Wieso musste sich auch immer mein Herz in dieses Schlamassel mit einmischen?

Unten angekommen erwartet mich zunächst nur die Stille Dunkelheit und eine kühle Luft die von einem der leicht offenen Fenster herein zog. Ich blickte sofort zu den Kleiderhaken neben der Eingangstür, doch sowohl Tommy's Mantel als auch die Mütze waren unangetastet und hingen weiterhin an ihrem Platz. Das bedeutete also, dass er sich noch hier befand. Aber wo?

Es gab nur einen Ort an dem Tommy sich aufhielt, wenn er zuhause für sich allein sein wollte. Niemand, absolut Niemand durfte diesen Raum unter keinen Umständen betreten. Es war sein persönlicher Rückzugsort und jeder wusste das. Als ich neu hier war, gerade frisch eingezogen, spielte ich mit Finn verstecken. Da dieser Raum eher im unscheinbarsten Teil des Hauses lag war er nicht leicht auf Anhieb zu entdecken, was ich damals somit als gutes Versteck ansah. Kurz nachdem ich den Raum betreten hatte stand Thomas bereits vor mir. Mit Müden Augen, wütendem und gleichzeitig ruhigem Ausdruck. Schließlich war ich noch ein Kind gewesen. Woher sollte ich es also besser wissen? Das war das einige mal bis heute, dass ich diesen Ort erblicken durfte. Er hatte mir verboten mich ihm jemals wieder zu nähern, was ich genauso wie alle anderen, auch befolgte.

Er nannte es schlichtweg sein Arbeitzimmer. Doch John erzählte mir einmal Geschichten darüber, wie Tommy häufig darin angeblich schrie und Dinge durch die Gegend warf. Sobald er jedoch wieder vor die Tür trat, strahlte er wie immer die Ruhe in Person aus. Keiner wusste was sich in ihm drin abspielte.

Und genau vor diesem Raum befand ich mich jetzt...

Hart schluckend, hielt ich mein Ohr an das dünne Holz, um zu prüfen ob es Geräusche zu vernehmen gab. Doch ich hörte nichts. Nicht das kleinste Knacken oder gar andere potenzielle Lebenszeichen waren zu hören.

Letztendlich riskierte ich einen Blick in das kleine Zimmer. Aber auch hier herrschte die Dunkelheit. Meine Augen gewöhnten sich nur mäßig an das schwache Licht, das durch das kleine und auch einzige Fenster schien. Es fühlte sich an, als würde man sich in einem Keller befinden.

Leise schloss ich die Tür hinter mich und ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Er war nicht sonderlich stark befüllt, weshalb sich mein Augenmerk sofort auf den großen Schreibtisch fokussierte, auf welchem sich ein schwer atmender Mann abstützte und mit gesenktem Kopf unverständlich vor sich hin fluchte.

Der Anblick war wirklich beängstigend. Es war einfach nicht Tommys Art und sein Verhalten wurde mir immer fremder. Trotzdem entschied ich mich dazu selbstbewusst zu bleiben, um eine erneute Eskalation zu vermeiden.
Diesmal gab es keinen Ausweg mehr aus der brutalen Konfrontation unser beiderseits. Es musste eine Lösung her und dessen waren wir uns sehr wohl bewusst.

,,Tommy? I-Ist alles in Ordnung?", sprach ich den Shelby vorsichtig an, um ihn nicht zu erschrecken. Schließlich rechnet er normalerweise nicht mit Gästen in diesem Bereich.

Langsam erhob sich sein Kopf und seine flackernden, vor Stress geweiteten Augen starrten direkt durch mich hindurch. Ein Blick welcher mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Doch ich würde weiterhin standhalten. Ich hatte es mir selbst versprochen...

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