30. Kapitel

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Der gerade noch aufgeräumte Boden, bedeckte sich immer mehr mit verschiedenen Stoffen und Farben, die nach einander durch meine Hand aus dem hölzernen Schrank befördert wurden.

In meinem Kopf spielte sich derweil nur ein und dasselbe Wort ab.
,,Nein", ,,Nein" und wieder ,,Nein"

Es fand einfach kein Ende. Ich wollte mir für diesen Tag etwas besonders schönes aussuchen, um meine wiedergewonnene Freude auch nach außen hin zu zeigen. Dazu brauchte ich jedoch ein Outfit, was dazu passte und wie jedes Mädchen auf dieser Welt fand auch ich natürlich nichts zum anziehen. Auch wenn die Tonnen an Kleidungsstücken kaum noch in den Schrank passten, wirkte es so, als wenn sich nichts brauchbares darin befand.

Doch auch, als ich die Hoffnung auf das perfekte Stück Stoff beinahe aufgegeben hätte, kam mir plötzlich etwas entgegen gepurzelt. Etwas was mir schon längst aus dem Gedächtnis entflohen war, so lange hatte ich es nicht mehr getragen.
Sofort schlossen sich auch die restlichen Teile für das Outfit zusammen und ich strahlte vor Freude als ich es mir überzog und mich wie ein fröhliches Kind im kreis, vor dem Spiegel drehte.

Auch wenn es nichts besonderes sein mochte, spürte ich wie es sich mir anspasste, es meine Stimmung besser werden ließ und es mir einen guten Tag prophezeite. Die aufeinander abgestimmten Farben, den filigranen Schmuck den ich dazu angesteckt hatte, sowie meine leicht gelockten Haare die mir am Rücken herunter fielen.

 Die aufeinander abgestimmten Farben, den filigranen Schmuck den ich dazu angesteckt hatte, sowie meine leicht gelockten Haare die mir am Rücken herunter fielen

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Einfach alles passte zusammen. Es wirkte schlicht und mysteriös, doch hatte es auch seinen ganz eigenen Stiel parat, den man in meinen Augen auf Anhieb erkennen konnte.

Auch wenn die Sonne schien, gab es niedrige Temperaturen, vorallem am Morgen, weshalb ich einen Mantel dazu kombinierte und als Abschluss alles in meinem lieblings Parfüm einnebelte.

Sofort zog ich mir meine Schuhe an, packte die wenigen Dinge zusammen die man so brauchte und redete mir ein letztes Mal einige Motivationen ein, um den heutigen Tag zu überstehen.

Die verteilten Klamotten ignorierte ich vorerst. Ich würde noch genug Zeit finden sie wieder einzuordnen. Auch Make-up und das Ganze TamTam drum herum blieben für mich überflüssig.
Ich wollte so schnell wie möglich hier raus und endlich etwas erleben.

Gesagt getan, viel die Zimmertür hinter mir ins Schloss. Sowohl Flur als auch die knarzende Treppe hatte ich schleunigst hinter mir gelassen und achtete beim durchqueren der Küche in Richtung Ausgang, nicht einmal darauf ob sich noch andere im Haus befanden.

Alles sollte mir heute egal sein. Nichts konnte mich mehr bremsen. Vielleicht klang es etwas ignorant oder gar egoistisch, doch musste ich lange genug einstecken, weshalb es soweit war, dass sich das Blatt wendete.

Wie gewohnt befand sich niemand sonst in unserem Anwesen, was es mir ersparrte unnötige Smalltalks zu halten. Sie waren sowieso nicht länger relevant, da ich mich mit dem Gedanken abgefunden hatte, dass mich keiner von ihnen wirklich liebte oder sich anderweitig für mich interessierte.

Die Freiheit war zum greifen nah. Kaum drückte ich die Türklinke nach unten, kam mir eine kühle Brise von frischer Luft entgegen. Sofort zog ich sie durch meine Lunge und ich fühlte mich wie neugeboren. Das Licht der Welt konnte mich seit langem wieder erblicken und auch ich begrüßte den Anblick sehr.

Wie von allein, trugen mich meine Beine in Richtung Stadt. Es war nur ein kleiner Fußmarsch, doch für mich ein großer Schritt in dem ich neu aufging.
Schon von weitem hörte ich die vielen Stimmen, die knarrenden Motoren, das Hufgeklapper und die Arbeiter die sich gegenseitig antrieben.

Frischluft wurde hauptsächlich durch Qualm und heißem Dampf ersetzt. Und das Gezwitscher der Vögel sowie die rauschenden Blätter wurden verdrängt von den Massen der Menschen, in denen ich versuchte unter zu tauchen.

Trotz meiner guten Versteckspielkünste, erkannte man mich öfter als es mir lieb war. Ich entgegnete dennoch immer höflich zurück wenn mich Bürger grüßten, egal von welcher Schicht sie stammten. Sie alle erfuhren ein sanftes nicken mit meinem Pokerface kombiniert. Niemand sollte mir das Chaos meiner Gefühle ansehen.

Menschen redeten viel und allein die Tatsache, dass mich bereits genug von Tommys Männern entdeckt hatten, bereitete mir etwas flaues im Magen.
Doch ich behielt meine Einstellung.
,,Immer der Nase nach. Der Rest wird ausgeblendet."

,,Oh hallo Mrs. Shelby! Sind sie es wirklich!?", unterbrach mich eine frauliche Stimme aus meinen Gedanken, was mich etwas überrascht in alle Richtungen blicken ließ.

Nicht dass ich damit nicht gerechnet hätte, doch trotzdem überrollte mich diese plötzliche Konfrontation ein wenig. Es stellte sich heraus, dass es die freundliche Dame vom Bäckerstand war, die gerade wohl ihren Weg zur Arbeit antrat. Ihre rundlichen Hüften schwangen anmutig und gehüllt in einem langen Gewand auf mich zu.

Ich entließ mein neutrales Gesicht und empfing sie mit einem Lächeln. Schon seit ich klein war und Thomas mir die Stadt zum ersten mal zeigte, erkannte ich sie als eine Art Großmutter in meiner Sicht an. Jederman liebte sie für ihre führsogliche, unbeschwerte Art.

,,Guten Tag Mrs. Gilberts. Wie geht es Ihnen?"

Die alte Dame ließ ihren Blick an mir herunter Wandern, sobald sie vor mir stoppte. Vermutlich um zu kontrollieren ob es sich wirklich um mich handelte. Schließlich sah sie jeden Tag so viele Menschen und ihre Sicht konnte auch nicht mehr die beste sein.

Das letzte mal als wir uns begegneten, konnte ich genauso wenig wiedergeben.
Eigentlich wollte ich mich von Gesprächen dieser Art fernhalten aber dem hier würde es nicht so ergehen.

,,Ach Liebes, wie lange ist das her? Komm lass dich umarmen und wie groß und schön du geworden bist! Wo hast du denn die ganze Zeit gesteckt? Ich habe mir Sorgen gemacht, wie viele andere hier auch.", äußerte sie sich beinahe herzausschüttend in meinen, ihr ebenfalls umgelegten Armen.

,,Nun Ja, das ist eine Lange Geschichte. Vielleicht reden wir ein anderes Mal darüber wenn es rechtens ist? Ich habe noch viel zu erledigen.", entschuldigte ich mich leicht beschämend. Immerhin wollte ich die nette Bäckersdame nicht einfach so abschieben.

Doch mein Plan durfte nicht ins Stolpern geraten, auch wenn es normalerweise nicht meine Natur war, sich so zu verhalten.

,,Sicher doch. Das verstehe ich.", löste Mrs. Gilberts sich aus ihrer Umarmung.

Auch ich gewann wieder etwas an Abstand und folgte weiter meiner Wege mit einem weichen Grinsen im Gesicht.

,,Kommen sie mich doch mal besuchen! Auf ein Stück Kuchen und eine Tasse Tee!?"

Ihr rufen ließ mich erneut meinen Körper wenden. Ein Arm meinerseits erhob sich sofort und winkte ihr als nächsten Abschied.

,,Aber sicher doch! Ich werde da sein!"

Der Tag nahm jetzt schon seinen vollen Erfolg an sich und mein Bauchgefühl flüsterte mir, dass sich heute noch eine Menge erleben lassen wird.

So, wie ich es auch immer wollte.

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