кαριтєℓ 23

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Erschrocken wirbelte ich herum und taxierte einen kleinen, hageren Mann, der mitten im Gang stand und mich durch eine rechteckige Brille ansah. Ich entspannte mich ein wenig, als ich den Mann von gestern erkannte, dem Mr. Sapergrace befohlen hatte, irgendeine Blutprobe zu besorgen. "Was wollen sie?", fragte ich ihn in befehlerischem Ton, woraufhin er scheinbar um zehn Zentimeter schrumpfte. "Die Blutprobe, Sir...", murmelte er und überreichte mir ein kleines Fläschchen mit roter Flüssigkeit darin, die hin und her schwappte. Das Glas war an manchen stellen ebenso rot gefärbt und ich wollte nicht daran denken, was passieren würde, würde der Korken herausfliegen. Angewidert entnahm ich sie seiner ausgestreckten Hand und ließ sie in meine Jackentasche gleiten. Er blickte mich unsicher an, fast so, um abzuwägen, ob er es wagen konnte, mir den nächsten Punkt zu verraten. Doch er holte dann kurz Luft um zu sagen: " Miss Weihs wünscht sie zu sprechen, sie meint es ist wichtig. Es gibt einen oder womöglich mehrere Eindringlinge. Vor kurzem ist in der Burg von Magie Gebrauch gemacht worden." Zischend sog ich Luft ein und riss meine Augen auf. Mein Herz begann unkontrolliert zu schlagen und ich mühte mich nach Kräften nicht in Panik zu geraten. Hinter mir konnte ich hören wie Mary ein ersticktes Keuchen ausstieß, das mich nicht gerade beruhigte. Wir hätten vorsichtiger sein müssen. Warum hatte ich daran nicht gedacht. Aber was geschehen war, war geschehen. Ich musste versuchen das beste daraus zu machen. Ich setzte mit wackeligen Stimme an zu sprechen, besann mich allerdings dann und schlug einen gebieterischen Ton an: "Es ist mir egal, was Miss Weihs will, oder was sie nicht will. Ich habe anderes zu erledigen, und das ist definitiv wichtiger als ein Alarm, um den sich sämtliche andere Vampire hier kümmern können." Ich überlegte einen Moment lang, und beschloss, ein Risiko einzugehen, dass mich verraten konnte, als ich hinzugügte: "Sie werden mich unverzüglich zu der Zelle einer Gewissen Claire Linnie führen. Ich bin sicher sie haben bereits von ihr gehört" Der letzte Trumpf war ausgespielt, und ich konnte nur hoffen, dass nicht gleich sämtliche Vampire auf mich zustürmen und mich gefangen nehmen würden. Doch das Glück war auf meiner Seite. Mein Gegenüber, dessen Name ich nicht kannte, sah mich ungläubig an. Er schien ein paar Mal zu schlucken, bevor er sich traute mit leiser Stimme zu sagen: "Aber..., aber, das ist nicht zu unterstützen, ich meine, also..." Kurz ließ ich der Panik die Überhand und verlor die Beherrschung: "Es ist mir egal, verstehen sie? Es liegt nicht an ihnen mich zurrchtzuweisen!" brüllte ich ihn an. Betroffen blickte mich der Vampir an, und als er an mir vorbeihuschte, machte er ein Gesicht wie ein geprügelter Hund. "Mir nach...", flüsterte er kaum hörbar. Ohne zu zögern setzte ich mich in Bewegung, und zu meinem Dank musste ich ihm nicht befehlen schneller zu laufen, da er erpicht darauf schien, soviel Abstand wie möglich zwischen uns zu bringen. Wir bewegten uns durch allerhand verwinkelte Gänge, und ich bemühte mich nach Kräften mir den Weg einzuprägen. Jedoch erwies sich dies als mehr als schwierig. Hin und wieder hörte ich hinter mir einen Schritt, der nicht so gut gedämpft wurde wie die restlichen. Ich versuchte ihn des Öfteren durch ein Hüsteln oder ein Stolpern meinerseits zu tarnen, doch mein Führer schien es nicht einmal wahrzunehmen. Nach einer Ewigkeit, wie es schien, kamen wir vor einer großen, schwarzen Tür zum stillstand, die sich von den anderen Zellentüren unterschied. Sie war massiv und schien aus Stein zu bestehen. Außerdem waren drei goldene, blank polierte Schlösser untereinander aufgereiht, in denen ich mein verzerrtes Spiegelbild sehen konnte. Ich wurde mit einem Schlag furchtbar zappelig und aufgeregt. Es erschien mir irgendwie surreal, gleich Claire wiederzusehen, und mein Kopf wollte es nicht realisieren. Als der Vampir begann umständlich an den Schlössern herumzunesteln, musste ich mich beherrschen, um ihn nicht ungestüm beiseitezuwerfen und selbst die Tür aufzusperren. Doch ein paar Augenblicke später schwang die schwere Tür langsam auf und gab den Blick auf einen aus Stein bestehenden Raum mit gewölbter Decke frei. Das Grau der Wände machte einen trostlosen Eindruck, und das Gewölbe verlieh dem ganzen noch einen imposanten Ausdruck. Vor mir machte der Mann Anstalten einzutreten, doch ich hielt ihn an der Schulter fest und fuhr ihn streng an: "Sie bleiben hier und warten." Er gehorchte mir aufs Wort und stellte sich, ohne mich anzusehen, neben die Tür und rührte sich nicht mehr. Ich schluckte schwer und brauchte ein paar Anläufe, bis ich mich überwand einzutreten. Der Raum war riesengroß, doch bis auf eine kleine, lederbezogene Pritsche war er komplett leer. Entsprechend klein wirkte also die Person, die gelangweilt darauf saß und mit dem Fingernagel unsichtbare Muster auf das Leder der Liege zeichnete. Mein Herz machte vor Freude einen Satz als ich die unverkennbare blasse Haut mit den Sommersprossen auf der Nase sah und ich begann zu Grinsen. Auf einmal schien Claire mich zu bemerken und sah auf. Sie starrte mich überrascht an. Der überraschte Gesichtsausdruck wich jedoch sofort einem hasserfüllten, und es tat mir weh, so von Claire angesehen zu werden, denn erst jetzt bemerkte ich wieder in welchem Körper ich steckte. Ihre braunen Augen blickten mich wütend an, und die zusammengezogenen, dunklen Augenbrauen verstärkten ihren Hass noch. Das aschblonde Haar, das zu einem Zopf geflochten war, schwang leicht hin und her als sie Aufstand und ein paar energische Schritte auf mich zu machte. Ich sah einen Funken an ihrer von sich gestreckten Hand aufsteigen, der jedoch gleich wieder erlosch. Vermutlich wurde ihr ein Mittel zur Schwächung ihrer Magie verabreicht. "Was wollen sie hier? Lassen sie mich gefälligst in Ruhe, und verkriechen sie sich wieder in ihr bescheuertes Büro!" schrie sie mich wutentbrannt an. Sie rannte auf mich zu und ich befürchtete schon, sie würde mir eine saftige Ohrfeige verpassen, als ich endlich aufhörte wie dämlich zu lächeln. Ich warf alle Vorsicht über Bord, und es war mir egal, ob ich durch die Magie einen Alarm auslöste, als ich meine Hand ausstreckte und daraus eine kleine Ranke wachsen ließ. Sie blieb geschockt stehen und jegliche Wut verpuffte in sekundenschnelle. Ihre Augen waren ungläubig geweitet, und es war keine Spur Wut mehr darin zu erkennen. Höchstens etwas, das Verletzbarkeit ausdrückte, und ich in mir kam das alberne Gefühl auf, ich müsste sie beschützen. Das war, wie ich nach einigen Jahren, die ich mit Claire verbracht hatte, wusste, gänzlich falsch. Ich ließ meine Hand sinken, und sogleich verschwand auch wieder die Ranke, die sich mittlerweile an meinen Finger gekettet hatte. Auch meine Wut auf sie war verflogen, und ich konnte nicht anders, als ihr zu verzeihen, dass sie, ohne mich einzuweihen, weggelaufen war. Caire's glasigen Augen folgten jeder meiner Bewegungen, und sie krächzte: "M-Michael!" Und schon im nächsten Moment rannte sie auf mich zu und überbrückte den letzten Abstand, der uns trennte. Einen letzten Blick warf ich in die glasigen, braunen Augen und betrachtete die grünen Sprenkel darin, bevor sie mich erreichte und wir uns umarmten. Ich spürte ihren zerbrechlichen Körper und legte mein Kinn auf ihre Schulter um mit geschlossenen Augen den Duft ihrer Haare einzuatmen. Sie war lange gefangen gewesen, und trotzdem roch ihr Haar wunderbar nach Veilchen und Moos. So lange waren wir getrennt gewesen, und endlich konnte ich sie wiedersehen. Peinlich berührt merkte ich wie meine Augen begannen hatten, zu brennen. Ich spürte wie Claire zitterte, und plötzlich begann sie haltlos in meinen Armen zu schluchzen, und ich konnte die Tränen spüren, die in rascher Folge auf meinen Anzug fielen. Mit einem Mal kam es mir falsch vor, dass sie Sapergrace umarmen musste, und ich wünschte, dass Claire einfach mich selbst umarmen würde, und kein widerliches Monster. Aber es spielte eine viel größere Rolle, dass ich Claire, die ich liebte wie meine eigene Schwester, endlich wiedersah.

Engelstöchter beißt man nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt