кαριтєℓ 19

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In ein flauschiges Handtuch gewickelt, putzte ich meine Zähne und betrachtete dabei mein Spiegelbild. Meine Gedanken drifteten ab und mich plagte das schlechte Gewissen wegen meines Verhaltens. Claire war weg, ja, aber dafür konnte niemand außer sie selbst etwas. Genauso wenig war Mary Schuld daran, dass mir mit der Prophezeiung eine tonnenschwere Last auferlegt worden war. Trotzdem war ich wütend auf sie, obgleich ich selbst nicht wusste wieso. Ich suchte einen Sündenbock, dem ich die schuld zuschieben konnte, ohne mir selbst zuzugestehen, dass mein Verhalten mehr als primitiv und kindisch war. Aber ich konnte doch nicht einfach zu ihr gehen, und so tun als wäre nichts gewesen? Ich saß in einer Zwickmühle, die ich mir selbst gebaut hatte, und die eigentlich gar nicht vorhanden war. Ich könnte einfach mein Temperament beiseitelegen und alles wäre aus der Welt, aber aus purer Feigheit traute ich mich nicht.

Etwas später fand ich mich bei Mary in unserem üblichen Besorechungszimmer ein, wo sie bereits am Schreibtisch saß und konzentriert auf ein DIN A4 Baltt blickte. Als sie meine Schritte hörte blickte sie mich an, und ihre Miene hellte sich beträchtlich auf. "Setze dich!" forderte sie mich auf und verstaute währenddessen das Blatt Papier in einer Schublade. "Gut...", begann sie in sachlichem Ton, "Ich schlage vor, dass wir deine Erlebnisse noch einmal in allem zusammenfassen, damit wir den Überblick nicht verlieren und Zusammenhänge erkennen können. Als du zu dem Gebäude kamst, in den Claire zuvor war, und in das dich die Ältesten geschickt haben, hast du einen kleinen Tropfen Blut entdeckt, der offenkundig beweist, dass Claire gekämpft hat. Und da sie spurlos verschwunden war, stimmen wir glaube ich überein, dass sie entführt worden ist, oder?" Ich nickte, und schaute Mary weiterhin gebannt an, worauf sie weitersprach: "Danach bekamst du einen Magieausbruch, der in seinem Alter oft bei starken Gefühlsregungen, wie in deinem Fall Wut, vorkommt. Jetzt kommen wir jedoch zu einer Stelle in den Geschehnissen, die einen stutzen lässt. Wieso befandest du dich plötzlich in einem Raum, ohne jegliches Leben, ohne Erdboden, schwarz und dunkel wie die Nacht? Denkst du, das konnte wirklich eine einfache Folge deines Ausbruch es sein? Mir erscheint das eher unwahrscheinlich." Ich öffnete meinen Mund, um etwas zu erwidern und schloss ihn aber gleich wieder. Jetzt wo ich es hörte, klang das wirklich sehr komisch, und nicht gerade nach einer Folge meiner Taten. "Ich freue mich, dass wir übereinstimmen", fuhr Mary mit einem Blick auf meine gerunzelte Stirn fort, "Ich bin eher der Auffassung, dass dies ein Akt der Vampire war, auch wenn ich vor einem Rätsel stehe, wie sie das geschafft hätten sollen. Vampire sind keine Träger der Magie, und ich denke dass das auch die unbekannte Gefahr ist, von der die Prophezeiung spricht. Das unentdeckte muss entdeckt werden! Du musst die Quelle dieser Magie zerstören, und so würden die Vampire wieder an Macht verlieren. Und eine weitere Vermutung meinerseits ist, dass die Vampire die Ältesten bereits unter Kontrolle haben, um ihnen wertvolle Informationen zu entlocken. Doch offenbar waren die Vampire nicht sehr gründlich in ihrem Vorhaben." Mit einem Mal hellte sich meine nachdenkliche Miene auf, und mir fiel es wie Schuppen vor Augen. "Das Licht! Das Licht, dass mich aus der Parallelwelt befreit hat, stammte von den Ältesten! Und als die Vampire das bemerkt haben, sind sie in meinen Kopf eingedrungen und haben mir den Befehl gegeben, es nicht zu berühren!" Vor lauter Aufregung vergaß ich sogar,sauer auf Mary zu sein, und, auch wenn ich es nie zugeben würde, tat es gut. "Und der Geldschein in meiner Hosentasche! Die Ältesten wussten wahrscheinlich, dass die Dorfleute sich wie Aasgeier auf mich stürzen würden, hätte ich ihnen nur einen winzigen Fehler geliefert!" Mit schoss bei diesen Worten die Röte ins Gesicht und mir wurde merkwürdig heiß, da mich dieses Verhalten an jemand anderen erinnerte. Ab jetzt würde ich nett sein. Das wollte ich unbedingt gutmachen und Mary war auf jeden Fall vertrauenswürdig, es schien beinahe verrückt das Gegenteil zu behaupten. Mit einem Lächeln redete Mary weiter, fast so als wüsste sie was in mir vorging: "Exakt! Du hast vollkommen Recht! Und auch, dass sich die Ältesten Tagelang nicht gemeldet haben, hängt nicht nur mit deinem Fehler zusammen, sondern dass sie zu diesem Zeitpunkt überwältigt wurden! Also kamst du nach Bridgeville, und somit zu mir. Aber als du aus dem Pub kamst, sah und verfolgte dich ein Vampir, der nicht wusste, dass du ihn zuvor enttarnt hattest. Das war dein Vorteil. Doch von diesem Zeitpunkt an kannten die Vampire deinen Aufenthaltsort und hetzten Artgenossen und andere Kreaturen auf dich, damit du, wie Claire, beseitigt werden würdest. Aber du hast es, wohlgemerkt als einziger, bewerkstelligt, dass sie dich nicht in die Finger bekommen und so gibt es noch Hoffnung." Meine Zuversicht bekam einen großen Dämpfer, zerbröckelte aber nicht ganz, als ich mir wieder in Erinnerung rief, dass ich noch eine gigantische Aufgabe zu erfüllen hatte. Doch mir kam ein anderer Gedanke und ich fragte Mary mit zusammengezogenen Augenbrauen: "Aber die Prophezeiung spricht von zwei Leuten. Es kann nur Claire und mir gelingen, den Vampiren ihre Macht zu stehlen!" Auch Marys Blick trübte als sie antwortete: "Ja, da hast du vollkommen Recht. Wir müssen all unsere Kraft auf Claire konzentrieren. Ich denke, und das ist wiederum nur eine Vermutung, dass sie im Hauptsitz der Vampire festgehalten wird, einer Burg in der Nähe Londons. Wir müssen uns dort wohl einschleichen, und in Erfahrung bringen ob und wo Claire gefangen ist. Doch ich glaube, für heute reicht es, du hast ohnehin schon sehr viel neue Informationen zu verarbeiten." Sie lächelte mir aufmunternd zu und ich verabschiedete mich kurz von ihr, bevor ich voller Euphorie in mein Zimmer zurückkehrte. Ich fragte mich, was Mary wohl vorhatte, denn ich glaubte nicht, dass es einfach war in ein Gebäude voller Vampire unbemerkt einzudringen. Grübelnd saß ich im Schneidersitz auf dem Bettestell und war froh, mich wieder mit Mary zu vertragen. Nach einer Zeit, die ich schweigend und dennoch glücklich verbracht hatte, beschloss ich wieder ein paar Zauber zu lernen, da es mir wichtiger denn je schien, gut vorbereitet zu sein. Tief atmete ich ein und aus, als ich begann meinen Kopf langsam frei zu bekommen von jeglichen Gedanken und Emotionen. Langsam verpufften alle Gedanken, und schwebten wie Dunst davon. Entspannt atmete ich ein, als es plötzlich am Fenster kratzte. Genervt drehte ich mich um, und sah das was ich bereits erwartet hatte. Ein paar roter Augen tanzte auf und ab. Wütend wie ich war, beschwor ich eine Schlammfontäne herauf, die ich dem Monster direkt in das Gesicht klatschte. Ein leises Platsch war zu hören, als der Schlamm den Vampir erreichte und ihm die Sicht raubte. Die glutfarbenen Augen waren weit aufgerissen, als sie sich langsam richtung Horizont entfernten. Bebend vor Lachen drehte ich mich um und begann wieder von vorn.

Engelstöchter beißt man nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt