Kapitel 1 (überarbeitet)

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Nun war Ushijima mit seinem heftigen Angriff dran. Früher hatten wir ihn alle gefürchtet, mittlerweile hatte ich keine Angst mehr, denn ich wusste, dass es möglich war, auch seine Bälle anzunehmen. Und so war es auch heute, als Romero auftauchte und den Ball perfekt zu mir spielte. Ich wiederum verwandelte diesen für Korai, pritschte ihn an genau den Schlagpunkt, wo er es brauchte. Er sprang mit seinem mächtigen Wums, den er trotz seiner geringen Größe hatte, ab. Der Angriff punktete. Ich grinste Ushijima an, der mich missmutig an funkelte. 

Wir trainierten gerade ein letztes Mal für das morgige Spiel. Allerdings sollte es lediglich der Moral dienen, weshalb uns unser Trainer einfach ein paar Matches spielen ließ.

Unser Team war stark. Die Schweiden Adlers hatten diese Saison alle Spiele gewonnen. Wir würden auch das morgige gewinnen. Gegen die MSBY Black Shakals.

Nachdem der Trainer mit einer letzten Vorbesprechung das Training beendete hatte, blieb ich noch etwas unschlüssig stehen. In dieser Halle brauchten wir glücklicherweise nicht abzubauen. Nach uns würde hier wieder Volleyball gespielt werden. Während die anderen bereits auf dem Weg zur Kabine waren, könnte ich doch…

“Kageyama”, hörte ich dann meinen Namen. Ich drehte mich um und sah Wakatoshi.

“Was ist?”
“Du denkst wahrscheinlich gerade darüber nach, ob du nicht noch etwas hier bleibst, um weiter zu üben”, erklärte er mir. 

Ich funkelte ihn düster an. Er hatte tatsächlich recht. “Ich wollte nur sicher gehen, dass…”

“Regenerationszeiten sind wichtig. Du solltest jetzt auch gehen.”, unterbrach er mich. 

Ich verstummte. Ich wusste, dass er irgendwie recht hatte. Was mich noch mehr ankotzen. Ich war kein kleines Kind mehr, dem man sagen musste, was es zu tun hatte. 

"Wir gewinnen morgen", sagte er plötzlich selbstbewusst. 

Für einen Moment konnte ich ihn nur anstarren. Dann aber antwortete ich. "Ja, ich weiß", antwortete ich. In diesen Sachen war er so wie ich. Es gab keinen Grund zu zweifeln, selbst wenn es eine Möglichkeit gab, zu verlieren. Das blendeten wir einfach aus und konzentrieren uns auf unser Ziel. 

Das heißt, solange ich mich jetzt nicht weiter in irgendwelchen Trainingssessions verlor, in denen ich doch anfangen könnte, daran zu zweifeln. 

Nein, ich würde jetzt einfach mit Ushijima gehen und gemeinsam würden wir morgen gegen die Black Shakals gewinnen. 

Nach der Schule hatte ich direkt mit meiner Volleyball Karriere begonnen. Ich hatte also alles, was ich mir je wünschen könnte. Jedenfalls dachte ich das, bis zu diesen einen besonderen Tag. 

...

Da waren wir also wieder in der großen Halle von Tokio. Es würde jetzt noch etwa eine halbe Stunde bis zum Spiel gegen die MSBY dauern. Ich sollte lieber jetzt noch einmal auf die Toilette gehen, bevor wir mit dem Aufwärmen beginnen würden. Also stand ich von der Bank auf, auf der ich neben meinen Teamkollegen saß und machte mich auf den Weg.
Ich versuchte noch einmal in mich hinein zu horchen, aber nervös war ich eigentlich nicht.

Plötzlich stieß ich mit jemandem zusammen. “Sorry”, murmelte ich nur, als ich mich mit Mühe aus meinen Gedanken heraus kämpfte. Ich wollte gerade nachfragen, ob es der Person, die so in mich hinein gelaufen war, gut ging, als ich erkannte, wer da vor mir stand.

Plötzlich kam es mir so vor, als würde ein Schwarm Krähen direkt auf mich zu und dann an mir vorbeifliegen. Der Wind, den sie mit ihrem Flügel erzeugten, bereitete mir eine Gänsehaut.

Shoyo, schoss es mir durch den Kopf.
Der rote Wuschelkopf schaute auf, um mir direkt in die Augen zu schauen.
"Ah Hinata Shoyo.”, nannte ich ihn beim Namen. Er fuhr sich durch die nun kürzeren Haare und schaute mir frech entgegen. Er war es tatsächlich. Es waren noch immer dieselben hellbraunen Augen von früher, die stets so viel Energie ausstrahlten. Und dennoch hatte er sich verändert. Er war noch ein kleines Stück gewachsen, aber vor allem hatte er an Muskeln zugelegt und erschien nun breiter als ich ihn in Erinnerung hatte. Und seine Haut…hatte auch einen anderen Ton, oder?

Dann fiel mein Blick auf sein Trikot, welches unter der schlichten schwarzen Jacke hervorlugte. Es war das Trikot der MSBY, der Black Jackals, und vorne prangte eine große 21. Mein Grinsen wurde noch breiter, als mir auffiel, wie gut das zu meiner eigenen Nummer passte. Die 20 der Schweiden Adlers. Ich hatte mal wieder die Nummer vor seiner. 

“Du bist jetzt also bei den Black Jackals. Unsere Gegner", fing ich nun das Gespräch an.

Verdammt, hatte ich etwa geschlafen, als der Couch uns erklärt hatte, wer im gegnerischen Team spielte? Nein, ich konnte mich leise daran erinnern. Doch anscheinend hatte ich es verdrängt. Ich hatte nicht darüber nachdenken wollen, wie es wohl sein würde, Hinata wiederzusehen.

Jetzt erfasste mich sowohl eine freudige Erwartung als auch ein Stechen in der Brust. Ich freute mich, ihn als Gegner zu haben. Das konnte ein interessantes Spiel werden. Ich wollte unbedingt wissen, wie er sich entwickelt hatte. Gleichzeitig wollte ich nicht an all die Gefühle von damals erinnert werden.

"Kageyama Tobio. War ja klar, dass von dir kein 'Hi wie geht's?' kommt. Und im Gegensatz zu dir hab ich mich informiert, wer unsere Gegner sind und dich bereits erwartet." Er erwiderte mein Grinsen und im Gegensatz zu meinem hatte es auch noch dieses unglaubliche Strahlen. Es ärgerte mich, dass er mir so leicht eins auswischen konnte. Es stimmte ja irgendwie. Aber irgendwie auch nicht.

"Das hab ich natürlich auch gemacht. Ich wollte nur…"

"Das Offensichtliche aussprechen", unterbrach mich der Knirps vorlaut.
Am liebsten hätte ich ihm ein 'Halt die Klappe' entgegen geworfen, so wie ich es früher auch immer getan hatte, aber das hatte ich mir in den letzten Jahren mühsam abgewöhnt. Außerdem kannten wir uns kaum noch. Stattdessen wählte ich daher: "Wir werden gewinnen! Ich werd dich sowas von platt machen!" Dabei starrte ich ihn eindringlich an.

Hinata sprang sofort darauf an. Er spiegelte meine Mimik und antwortete: "Falsch! Wir gewinnen. Du hast keine Ahnung, wie gut wir alle geworden sind!" Für einige Momente starrten wir uns an.

"Okay, dann sehen wir uns gleich auf dem Spielfeld", unterbrach Hinata unseren Starrwettbewerb. Dann drehte er sich um, um seinen Weg zum Klo fortzusetzen. "Ach, und übrigens", setzte er noch über die Schulter zu, "ist Volleyball ein Mannschaftssport. Hast du das immer noch nicht kapiert?" Dann verschwand er.

Ich hätte schreien können. Er war frech geworden. Nein, frech war er schon immer gewesen, aber dieses Selbstbewusstsein. Das war neu. Stattdessen lachte ich nur leise in mich hinein und genoss das vorfreudige Kribbeln in meinem Körper, das jetzt nur noch stärker geworden war. Ich freute mich auf das Spiel.

Gleichzeitig jedoch merkte ich, wie eine Erinnerung tief in meinem Inneren getriggert wurde…

You are my future and my past (Kageyama x Hinata FF) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt