.12 - Nachdruck

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Nebeneinander liefen wir händchenhaltend auf das blaugestrichene Mehrfamilienhaus zu, wobei ich meinen Kopf auf seinen Arm schmiegte. „Hat mich da einer vermisst?", nahm ich seine amüsierte Stimme wahr. „Nach langweiligen zwei Vorlesungen in Bauphysik, ist es nicht gerade schwer dich zu vermissen ", gestand ich ihm mit einem ehrlichen Lächeln. „Versteh ich das Richtig? Du vermisst mich im Alltag nicht ?", fragte er mich weiterhin vergnügt und warf seinen rechten Arm um meine Schultern. „Nicht wirklich", log ich ihn mit einem Grinsen an. „Ich muss gestehen, dass ich dich ebenfalls während meiner Arbeit nicht vermisse" Mein Grinsen verflog augenblicklich. War das eine ernstgemeinte Aussage oder vielleicht doch nur eine Lüge? Er fing an zu lachen. „Ich vermisse dich jeden Augenblick. Aber bin dazu gezwungen, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Sonst müsste ich eventuell mit einer Kündigung rechnen. Und das wäre ganz ungeschickt, so kurz vor unserer Eheschließung, nicht wahr?" Schmunzelnd ließ er einen Kuss auf meine Schläfe platzieren. Breit grinsend griff ich vergnügt fester um seine Taille. Mittlerweile standen wir vor der Haustür meiner zukünftigen Schwiegereltern und warteten, bis irgendjemand uns den Eingang ins Haus gewähren würde. „Ich liebe deine Grübchen", flüsterte er mir ein Kompliment in mein Ohr und kitzelte mit seinem Hauch an meinem Ohr, sodass mich augenblicklich eine Gänsehaut durchfuhr. Ich zog verwundert die Augenbrauen hoch. „Ach so ist das also.", grinste ich ihn an, fuhr leicht mit meinen Händen über seine weichen Wangen. Er erwiderte mein Grinsen mit einem Lächeln, sodass seine Grübchen hinter seinem Bart sich heimlich erblicken ließen. Er hinterließ auf meine rechte Handinnenfläche einen Kuss und legte gleichzeitig seine Arme um meine Taille. „Ich liebe dich", flüsterte er leise, kam mit seinem Gesicht meinem näher. „Ich liebe dich", erwiderte ich mit derselben Lautstärke. Er stütze seinen Stirn an meine, während er nun nachdenklich seine Augen schloss. „Was wäre ich ohne Dich?", hörte ich ihn fragen. Er lächelte mich schwach an und ich sah nur zu, wie er mir immer näher kam. Er wollte mich doch nicht jetzt und hier küssen? Als die Nähe zu unangenehm wurde, hinterließ ich ihm einen schnellen Kuss auf die Wange. Noch bevor er was sagen konnte, wurde uns die Haustür geöffnet. Mit einem unschuldigen Lächeln lief ich eilig vor.

[..]

„Wann wollt ihr den jetzt heiraten? Habt ihr schon ein festes Datum?", hörte ich Zühal Anne gespannt fragen. Ich goss in der Küche die letzten Teegläser voll und widmete mich komplett an Tante Zühal. „Ich habe Eymen vorgeschlagen, die Trauung etwas vorzuziehen. Doch wenn ich so im nachhinein zurück denke, hat er mir darauf noch keine entscheidende Meinung abgegeben." – „Verstehe", nuschelte sie nachdenklich und nahm sich zwei der Teegläsern zur Hand. „Das bekommen wir schon noch irgendwie hin, mach dir darüber kein Kopf, Liebes", hörte ich sie nur noch flüstern, bevor sie die Küche verließ. Ahnungslos lief ich ihr mit den restlichen zwei Teegläsern ins Wohnzimmer nach. „Eymen, wann wollt ihr den die Vorbereitung für eure Hochzeit beginnen?", hörte ich Tante Zühal fragen, bevor ich das Zimmer ahnungslos betrat. „Ehm", begann Eymen zu sprechen. Sichtlich überfordert mit dem plötzlichen Themenwechsel, sah er mich verzweifelt an. Als suche er einen Ausweg. Einen Ausweg dem Thema ausweichen zu können. Doch ich verstand die Taktik von Tante Zühal und wollte ebenso wissen, was er nun bezüglich unserer Trauung vorhatte, sodass ich seinem Blick auswich und das eine Teeglas vor Onkel Necati auf den Couchtisch vorsichtig abstellte und neben Tante Zühal platz nahm. „Eigentlich hatten wir vor, die Hochzeitsplanung etwas zu verschieben" Verdutzt sah ich ihn an. Er sprach diesen Satz plötzlich so gelassen aus, als hätten wir das unter uns schon abgesprochen. Als er meinen Blick bemerkt hatte, entwich er meinem Gesichtsausdruck. „Was meinst du mit verschieben?", wollte Onkel Necati wissen und sah seinen Sohn fragend an. „Na du weißt doch, dass ich noch befristet arbeite. Und dann hat Bade ihr Studium noch vor sich. Wir haben uns überlegt, die Hochzeitplanungen erst in zwei Jahren zu beginnen." Das saß. Ich versuchte vergeblich den plötzlichen Klos an meinem Hals runter zu schlucken, doch vergeblich. Und als das nicht schon reichen würde, stiegen die Tränen auf und erschwerten mir das Bild vor den Augen. Es verletzte mich zu tiefst, dass er ohne mein Einverständnis, schon so sicher darüber sprach. Trotz dass ich ihm auch noch vorschlug, die Hochzeitsplanung vorzuschieben. Benommen trank ich etwas aus meinem Tee und stellte diesen danach ab. Das Gefühl ausgenutzt zu werden stieg wieder an und vertrieb den letzten Tropfen Vorfreude und die Glaubwürdigkeit seiner Liebe mir gegenüber endgültig. Gespielt sah ich auf meine Armbanduhr und spielte eine überraschte Miene auf. „Es ist schon spät geworden. Wollen wir aufbrechen?", widmete ich die Frage an Eymen und griff zeitgleich nach meiner Tasche.

Ohne Dich.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt