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Lena sah mit stockendem Atem das Blut hervorschießen als er die Aterie traf und sah hastig wieder zu dem alten König auf, der sie nun seinerseits gelassen betrachtete.
„Mein Sohn findet tatsächlich Gefallen an dir. Er hat nie an einem Mädchen tieferes Interesse gezeigt, und würde auch niemals ein unverdientes Loblied auf eines Mädchens Tugenden singen, dachte ich bisher. Er war immer nur so überaus kühl und abweisend, seid der Sache mit Natalie, meiner anderen Amna. Doch ich denke wohl er hat recht gut gewählt, wenn du wirklich so rein und tapfer und freundlich bist.
Und außerdem stark wie man sieht.
Und deine Haarfarbe ist wirklich ... ganz außergewöhnlich, hat dir das schon mal jemand gesagt?", fragte er sie ganz freundlich.
Lena sah nur noch ganz groß zu ihm auf, restlos verwirrt und verunsichert.
Hatte sie gerade irgendwas nicht mitbekommen, oder eher dieser König hier nicht? Kyl tötete da hinten gerade einen der hiesigen Würdenträger und er plauderte mit ihr, Lena über ihre Haarfarbe?
Echt jetzt?
Das war so weard...?!

„Ich habe gehört die Menschen auf der Erde färben sich die Flechten ganz oft mit Pflanzensaft ein, um eine solche intensive Rötung zu erhalten.", meinte er nur weiter ganz freundlich klingend. „Hast du das etwa auch getan?"
Lena konnte gerade aber gar nichts darauf sagen, sah wieder nur besorgt keuchend zu Kyl hinüber, der nun den Angriff eines weinenden, jungen aber wirklich unglaublich wunderschönen goldblonden Engel-Mädchens über sich ergehen ließ, die ihren toten Vater lautstark und schrill kreischend beweinte und nun auch auf Kyl einschlug wie eine Irre.
Sie hatte unglaubliche, extrem lange blonde Haare, bis fast zu den Kniekehlen hinab und Augen wie Meeresbuchten, unfassbar grün.
Ein so schönes Mädchen hatte Lena wirklich noch nie in ihrem Leben gesehen. So schön waren noch nicht einmal Topmodels zu Hause auf der Erde.
Und sie schlug und schrie und schimpfte und schlug erneut und trat Kyl dann, so hart und fest, dass es ihn doch nun sicher schmerzen musste.
Aber der Krieger stand einfach nur still da und blickte über den Kopf des Engel-Mädchens hinweg zu ihr hin und ließ sie ohne jede Regung weiter schlagen und toben und ihn mit den Fäusten bearbeiten.
Hätte er sie nicht langsam mal festhalten müssen oder sogar zurückschlagen?
Immerhin war er doch ein Krieger oder?

„Mein Sohn würde niemals einer wehrlosen, geehrten Frau ohne guten und gerechtfertigten Grund, der schon ein Mordversuch oder ähnlich ehrloses Handeln sein müsste, ein Haar krümmen oder sie verletzen, meine Amna.", erklärte der König ihr plötzlich ausgesprochen finster und fast schon empört und sie sah nun doch wieder blinzelnd zu ihm auf.
Hu?
Konnte er etwa ebenfalls Gedanken lesen?

„Er ist ein Ausbund an Ehre und Gewissen und erträgt selbst größte Schmach, ohne dabei eine Miene zu verziehen oder eine Szene zu machen.
Doch Ich sehe... deine angefangen waren unbeabsichtigt, nicht auffordernd sondern irritiert. Nun denn... bewundere Seine Selbstbeherrschung! Du wirst ihn nie anders erleben, selbst wenn du ihm so zürnst. Und du wirst es dann sicher bald selbst so erkennen.
Mit meinem Drittgeborenen hast du ein gutes Leben gewählt. Denn er ist rechtschaffen und großzügig und bleibt im Gegensatz zu seinem älteren Bruder und Schwester auf Takolia. Und darum wird er nun auch endlich mein Nachfolger auf das Amt des Hochlords von Takolia sein.
Ich warte schon seid fast 21 Triaden darauf diese Bürden abzugeben.", brachte der König Lena nun restlos durcheinander...
Bitte, was hatte er da gerade gesagt?
Er lächelte nur freundlich-milde auf sie runter, Riese der er war und strich Lena sachte über die Schulter, was sie aber nun ihrerseits heftigst zusammenzucken ließ. Schmerz blitzte scharf und grell durch ihren Kopf und sie konnte nicht anders als geschockt aufzukeuchen und sich prompt die Schulter zu halten, die der König sofort erschrocken losgelassen hatte.

*

Kyl kam dann auch sofort und ohne noch auf das tobende Mädchen zu achten, wie der Blitz zu ihr hingeflitzt, materialisierte einfach vor ihr und der Ernst in seiner Miene war unverkennbar.
Er hatte eben wieder ihre Gefühle gespürt und damit auch den Schmerz in ihrer Schulter.
„Kyl... ich... ich hab...", begann sie stotternd schluchzte kurz atemlos auf und ließ sich von ihm dann sachte in den Arm nehmen. Seine Hand glitt wie suchend aber nur federleicht über ihre Schulter, während sie immer noch heftig nach Luft rang. Doch gerade tat es ihr fast gar nicht mehr weh. Das war echt komisch...
„Lena, du leidest Schmerz, wenn deine Schulter berührt wird. Haben wir etwas verletztes übersehen?", fragte er sie besorgt und schob schon ihr Hemd ein wenig bei Seite, löste sogar das Band an ihrem Kragen und auf der Brust um das Kleid zu weiten und sich die Schulter anzusehen, während sein großer Riesen-Bruder und ein noch anderer, etwas jünger wirkender aber ebenfalls schon richtiger Riesen-Kerl herangeschlendert kamen und die Sicht der Leute auf sie mit ihren eigenen Körpern verbargen.

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt