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Sie schniefte nur noch ein paar Mal leise und leicht zittrig-abgehackt und trocknete sich die Tränen an ihren Ärmeln.
Inzwischen verschnürte er bereites ihre neue Gewandung, diesmal vorne vor der Brust, zog die Schnüre geschickt auf eine Weise zusammen, die ihre kleinen Rundungen vorteilhaft betonten.

Das Kleid war dunkel-violettfarben, was tatsächlich ganz wunderbar zu ihrem herrlichen Haar passte, das flammende, dunkle Rot noch betonte wie auch ihre bleiche, schneeweiße Haut.
Ihre Nase und Wangen waren immer noch zart gerötet und gaben ihr ein hilfloses, verlorenes Aussehen, wie auch ihre überfließenden tief-blauen Augen.
Selbst mit vom weinen geröteter Nase und Augen war sie noch das hübscheste Wesen, dass er je gesehen hatte.
Und endlich sah sie ihn auch wieder an, sodass er ihren Blick nun gelassen erwidern konnte.

„Ich... ich h...hab ihnen gesagt ich will mich anziehen gehen, Kyl. Ich hab sie nicht ermutigt, ich hab nein gesagt, ich will nichts mit ihnen machen, wirklich.", erklärte sie ihm heiser.
Er nickte nur ruhig.
„Es war nicht deine Schuld. Einige der Gen-inaktiven Tak denken immer noch an die Zeit zurück, als sie Menschen beinahe wie Sklaven behandelt haben und sie bei jeder Gelegenheit hernahmen. Ich habe dir doch gesagt, dass die Menschen, welche hier lebten, alle zurück auf die Erde gingen ... und auch viele der Halbweisen die damals in der Siedlung lebten und ebenso große Angst hatten vor einem Weiterleben auf Takolia, nach dem Bürgerkrieg, auch wenn wir Tak-Ninjah gewannen und die Untreuen von Samurai-Gildach beeinflussten, üblen Schlächter richteten.
Mein Bruder hat das Leiden hier auf Takolia mithilfe seiner Gefährtin beendet. Ich selbst war damals noch ein Schüler der hohen Kunst. Doch habe ich mir ebenfalls geschworen solche Taten nie wieder zuzulassen, wenn ich selbst einmal das Schwarz der Jemay angelegt habe, egal was irgendein Rat auch dazu sagt.
Diese Tak dort haben ihr Ende selbst gewählt. Es ist verboten sich einer Frau gleich welcher Rasse, gegen ihren ausdrücklichen Willen aufzudrängen. Erst recht, wenn es sich um eine verbundene Frau handelt, von meiner Gefährtin ganz zu schweigen.
Wenn du jemals den Sinn nach experimentellen Spaß mit anderen Männern haben solltest, so teile mir dies mit und ich werde dir einige Krieger vorstellen, die sehr nett und umgänglich sind und auch nicht so dreist, anzüglich, oder gar brutal.", bot er ihr an.

Doch ihr sofort horrender und entsetzter Gesichtsausdruck, belehrte ihn rasch, dass er gerade etwas für sie völlig unpassendes und falsches gesagt hatte.

„Oh... Verzeih...", lächelte er also rasch abwinkend. „Ich vergesse immer wieder welche Erziehung ihr Menschen genießt und wie weit dies mitunter von unseren eigenen Sitten abdriftet. Doch das ist nun mal unsere Art zu leben und auch unser Brauch. Die Tak-Art eben! Es ist für uns nur natürlich bei gegenseitigem gefallen zu teilen, Freuden sowie auch Leiden.
Du musst dich dem aber auch nicht anpassen. Du kannst einfach mich fragen und ich erfülle dir dann gerne alle deine Wünsche, Gelüste und Begierden, ... klingt das besser für dich?", fragte er sie milde.
Lena starte ihn nur halb vorwurfsvoll an und fragte sich kurz, ob er das auch selbst so halten würde... einfach mal zwischendurch irgendwelche anderen Frauen zu haben, wenn das hier doch so normal war.
„Dieser brennende Blick verheißt mir gerade nichts Gutes, meine Herrin.
Ich habe dich also verletzt oder verärgert... vermutlich beides, doch es lag nicht in meiner Absicht.", bemerkte Kyl nun plötzlich wieder sehr ernsthaft werdend, fast schon besorgt.
„Darf ich vielleicht deine Gedanken mit dir teilen, um zu verstehen wo ich nun gefehlt habe?"
Lena schüttete nur knallrot anlaufend den Kopf und beugte sich hastig vor, um ihre Stiefel wieder anzuziehen.
„Nein, alles okay. Ich muss mich ... nur erst daran gewöhnen, das hier alles anders ist. Ich war so ... erschrocken.Es ging alles ganz furchtbar schnell und ich konnte nicht weg..."
Sie hielt inne, als er sie auf die Füße hochzog und an den Armen fest hielt. Sein Blick war entsetzt jedoch auch hart und kühl.

„Du musst dich hier an gar nichts gewöhnen, was dir absonderlich, brutal oder deiner unwürdig vorkommt, meine Lady. Und du musst auch nichts tun, dass du nicht willst, niemals!", erklärte er ihr aufbrausend, doch dann fasste er vorsichtig in ihr Haar hinein, wurde wieder ganz ruhig und sog mit seiner Jemaykraft das Wasser da heraus wie ein Superföhn. Es tropfte zu Boden und Lena hielt ganz still bis die großen Locken sich auf ihrem Kopf wieder einmal einzudrehen begannen.

„Herrje... als würde es gerade regnen!", fuhr sie sich mit den Händen durch die Haare und versuchte schnell sie wieder ein bisschen mehr zu glätten und drehte sie an der einen Seite zusammen, um sie als Schopf über die rechte Schulter herabzuziehen. Dass Kyl sie dabei bewundernd anblickte und ihren ungewollt anmutigen Bewegungen mit glänzenden Blicken folgte, entging ihr völlig.

Schließlich legte er ihr noch den hellblauen und mit weißem Pelz verbrämten Umhang, wie auch seinen eigenen schwarzen um, den er ihr zuvor ja schon ausgeliehen hatte und holte den Stirnreif vom Regal herunter.
„Meine Lady und Herrin. Du könntest nicht schöner sein.", versuchte er sich an einem Kompliment, doch Lena verstand es falsch, nämlich, dass er es für unmöglich hielt, dass sie jemals schöner als die Tak sein könnte und stimmte ihm innerlich und nun auch ziemlich niedergeschlagen, zu.

Womit dann auch schon geklärt wäre, warum er nun auch noch andere Frauen neben ihr haben wollte, dachte sie missmutig. Aber sie wollte er ja eigentlich auch gar nicht wirklich haben, erinnerte sie sich hart schluckend.
Er hatte wohl nur irgendeine Frau haben wollen und erst dann, wenn sie es wirklich so wollte, wenn sie ihn so wollte, also im Bett. Und wenn er erst um sie geworben hätte ... so was alles, hatte er gesagt.

„Ich ... bin jetzt sehr hungrig und hab auch großen Durst.", meinte sie schließlich nur wieder lahm, als er ernsthaft auf eine Antwort wartete.
„Natürlich.", nickte er pflichtschuldig. „Und erschöpft bist du sicher auch. Ich habe es dir ja schon versprochen, du bekommst alles was du willst. Sowieso bist du ein bisschen dünn und kannst ein paar Leckereien gut vertragen, meinst du nicht?", versuchte er sie aufzumuntern, doch ihr entsetzter Blick, als er die Worte gesprochen hatte zeigten ihm wieder nur, dass er erneut was falsches zu ihr gesagt hatte. Und diesmal blickte er doch in ihre Gedanken hinein und sah sie sich bildlich mit den viel schlankeren, aber an den passenden Stellen doch deutlich wohlgerundeteren Tak-Frauen vergleichen und dabei nun deutlich den Kürzeren ziehen.
Sie empfand sich selbst sogar als wahrlich hässlich, im Gegensatz zu Kallila, die ihn vorhin angegriffen und geschlagen hatte.

Beinahe hätte er darüber leise aufgelacht.
Das war so ein typischer Gedankengang für ein Mädchen.
Genau so hatte auch seine Schwester Nijahlie immer gedacht und endlos geredet, sich mit anderen Mädchen verglichen, deren welligeren Haaren, deren intensivere oder hellere Augenfärbung, deren schönere Formen, ihr Brustumfang und die Hüften und sogar die Nasen, die Breite und Länge. Doch da war sie noch erheblich jünger gewesen, noch keine fünfzehn Menschenjahre, erst gute vierundvierzig Triaden...
Was ihn nun aber zu einem anderen Thema brachte. Er wusste noch nicht einmal wie alt seine Gefährtin war.
Ja... In der Tat agierte er gerade wohl mal wieder viel zu schnell und viel zu gedankenlos.

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt