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Der lief es nur einmal mehr eiskalt den Rücken
hinunter und sie wusste das Kyl es gerade spürte, dass er in ihren Gedanken und peinlich berührten, furchtsamen und fast auch panischen Gefühlen war, dass er jede noch so kleine Regung in ihr mitbekam, als sie ganz langsam und ehrlich den Kopf schüttelte und leise „Nein.", sagte. „Nein, das hat er nicht getan."

Sie spürte den Druck in ihrem Kopf. Das war er, das war ganz sicher er, der ihre eigenen Gedanken und Gefühle zurückschob und sie mit einer Welle des eigenen Gefühls befeuerte der sie kaum stand halten konnte. Zorn... Bitterkeit... Schmerz... Du lügst. Ich habe deiner Seele sehr wohl weh getan, Lena. Sonst wärst du jetzt nicht so vollkommen am Ende mit den Nerven und hättest nicht so große Angst vor mir meinte er in ihren Gedanken. Doch dann, drückte er nur wieder sachte ihre Hand die er immer noch hielt und hob sie an seine Lippen um einen sachten Kuss darauf zu hauchen.

„Am Besten ist es wohl du legst dich für eine weitere Stunde, also in etwa eine Quinte, hin und erholst dich noch ein wenig von der Tortur des neuerlichen Attentats der Familie Tak-Lyrden, ehe wir später dann direkt zum Triad aufbrechen werden, Lena-Spohie.", wandte er sich ihr schließlich gefasst und bemüht sanft zu, bevor er ihr die Hand noch einmal sachte küsste und dann erst los ließ.
Lena nickte nur stumm und ging langsam wie eine Traumwandlerin zurück auf den Korridor zu. Ihr war gar nicht bewusst, dass sie das mit erhobenem Kopf und geradem Rücken tat und dabei aussah wie eine ätherische Feengestalt, mit dem nun lose und lang herabfallenden roten Locken und dem einfachen weißen Hemd dass man ihr nach der Heilung übergestreift hatte, statt des zerrissenen Kleides. Hinter ihr wandte sich Kyl nur mit einiger Mühe von ihrem bezaubernden Anblick ab und versuchte seine zweispältigen und auch wieder besorgten Gefühle zu verdrängen und seiner extrem gefährlichen, weil hochbegabten Amna-Schwester zu begegnen, die ihn immer noch böse anfunkelte aber zum Glück nichts weiteres mehr von sich gab, dass der Familienehre geschadet hätte. „Nialkaron.", sah er seinen Bruder darum so gelassen er es gerade konnte an und verzog sein Gesicht zu einem feinen Lächeln, das aber seine Augen nicht erreichte. „Ich danke deiner Gefährtin für ihre Sorge um meine Hochlady und Herrin. Es ist nicht leicht in der Familie des Herrscherpaares zu sein, Verfehlungen zu sehen und darüber zu schweigen. Es ist für mich so wie für alle auf Takolia erstrebenswert, wenn Dinge sofort, wenn sie gesehen und nicht verstanden oder unrechtmäßig sind, beim Namen genannt und aufgeklärt werden. Diese Angelegenheit ist nun bereinigt. Verzeit wenn ich gehe. Doch ich muss jetzt für den Schutz und das Wohl meiner Lady sorgen.", neigte er würdevoll sein Haupt, doch Natalie trat noch ein weiteres mal in seinen Weg. „Wenn du ihr...", begann sie warnend zischend, doch Nial viel scharf in ihre Worte ein: „Wenn du unserer jungen Hochlady von uns bestellen möchtest, dass wir uns auf den Klippen sehen werden, mein Bruder und Hochlord, so wären meine Gefährtin und ich dir sehr verbunden.", unterbrach er sie eisig. „Natalie mag deine Lena-Spohie anscheinend sehr gerne. Sie ist ein wunderbarer Mensch und ehrt deinen Namen und dein Heim. Es wäre schön, wenn beide ihre gerade beginnende Freundschaft noch weiter vertiefen könnten, nun da sie ja bereits Amna-Schwestern sind.", zwang er seine Gefährtin letztlich dazu sich leicht vor Kyl zu verneigen und packte sie dann erst hart am Arm, um sie notfalls mit sich mit zu zerren.

Kyl sah ihnen noch gut zwei Sekunden lang ohne jeden Ausdruck in den Augen hinterher, dann wandte er sich um und nickte den immer noch versammelten Tak ruhig zu, bevor er seiner eigenen Gefährtin in ihre Räume hinüber folgte.

Er spürte ihre Angst, so messerscharf und an seiner eigenen Kehle liegen. Wieder einmal hatte er ihr gezeigt wer da wirklich in Kylinader Tak-Ninjah verborgen steckte, wie autoritär und kalt er mitunter sein konnte und wie gewaltig seine Jemay-Gaben nun wirklich waren.
Natalie hatte Recht getan ihn deswegen anzugreifen, mit jeder Stunde die verging wurde es deutlicher, doch hätte sie es nicht in der Öffentlichkeit tun dürfen. Nun hatte seine Reaktion Lena zutiefst erschreckt und einen weiteren großen Graben zwischen ihnen beiden eröffnet. Zudem hatte er sie ja auch tatsächlich getäuscht und hintergangen.
Ein schwerer Druck lastete bereits auf ihren zarten Schultern, doch sein Amt als Hochlord und ihre viel zu schnell geschlossene Verbindung machten es noch um einiges  schlimmer.
Es fehlte nicht mehr viel und sie würde unter der ganzen Last zusammenbrechen. Doch hatte er vor noch heute zu Triad das erste dunkle Kapitel ihrer Verbindung zu beenden und ein ganz Neues aufzuschlagen.
Doch zunächst musste er sie nun beruhigen. Sie fürchtete sich gerade fast zu Tode, was er nun mit ihr machen würde, nachdem sie so ehrlich gewesen und Natalie deshalb so ausgerastet war.
„Lena.", sagte er bemüht sanft zu ihr, kaum das er den Raum betreten hatte.
Sie saß auf dem Bett und atmete heftig aus und wieder ein, aus und wieder ganz tief ein, hielt sich an den Fellen fest und den Blick fest auf den Boden gerichtet. Ihre Arme und Beine zitterten und zuckten wieder heftiger, was an dem rasenden Herzschlag liegen mochte, den er sogar mit eigenen Ohren hören konnte.
Er ging zu ihr und kniete vor ihr nieder, ohne sie dabei aber zu berühren, sah sie nur an und wartete bis sie schließlich genug Mut gefasst hatte, um den Kopf zu heben.
„Ich hab ihr nicht gesagt du hättest mich gezwungen oder mir weh getan, wirklich nicht, Kyl. Ich hab ihr nur die Wahrheit gesagt... nur das was wirklich passiert ist.", flüsterte sie leise.
Er nickte nur ruhig. „Ja, ich weiß, Lena. Nur ist es leider so das Natalie Tak-Ninjah seid ihrer Folterung durch die Jäger... und ja... auch zu ihrer Zeit durch die Tak und der geglaubten Entführung nach Takolia gegen alles negativ eingestellt ist was Menschen und Tak in einer Verbindung betrifft.
Und ist es dann ein Menschenmädchen von gerade Mal siebzehn Jahren, deren Geschichte sie stark berührt und welche sich auch noch so weit mit ihrer eigenen überschneidet, kann sie sehr leicht und unfassbar schnell überreagieren und tobend werden.
Nialkaron ist solches Verhalten bei ihr gewohnt und ich inzwischen auch, denn sie hat schon einige Male ihren Unmut am System der Tak an uns abreagiert, doch heute habe ich vor ihr gestanden als neuer Hochlord ... in der Öffentlichkeit.
Hätte sie mich früher auch in Grund und Boden geschrien und Recht mit ihren Anschuldigungen gehabt, heute ging es nur um mein... - nein - um  unser beider Ansehen. Du hast dich tapfer gehalten, Lena. Und auch wenn ich zornig bin, dann aber ganz sicher nicht auf dich, sondern alleine auf mich selbst, denn du hast ebenso Recht mit deinen Anklagen gegen mich wie auch Natalie. Ich habe dir tatsächlich keine Wahl gelassen, das zu werden oder abzulehnen was du jetzt bist. Ich habe nur noch Tak-typisch mich alleine gesehen, das was ich wollte und was ich brauchte. Eine mutige und grundgütige Lady für das Volk, die mich vielleicht auch nicht nur allein als mächtigen Hochlord sieht, sondern auch mein inneres Wesen kennen lenen möchte, so brutal oder nett oder chaotisch es auch ist."
Lena atmete leise zischelnd aus und eine Träne tropfte ihr von der Wange herab. Kyls Hand schnellte vor, um sie aufzufangen. Lena erschrak kurz, doch als sie die Träne auf seiner Hand sah, die er betrübt anblickte beruhigte sie sich endlich wieder ein bisschen.

„Du brauchst mich nicht so sehr zu fürchten.", flüsterte er ihr noch einmal hauchleise zu, wisperte es sanft und fühlte wie ihr Herzschlag allmählich langsamer wurde, ruhiger. „Du als einziges Wesen auf den Welten wirst nie meine Klinge auf deiner Haut fühlen, egal was auch passiert, denn du bist meine verehrte, wunderschöne Lady, meine Herrin und Gebieterin und auch wenn du jetzt noch Angst hast vor mir und allem hier schwöre ich dir bei dieser Träne die du nur wegen mir und meinem aufbrausenden Verhalten vergossen hast, dass ich dich deinen Kummer und deine Sorgen eines Tages vergessen lasse. Dass ich dir Freude und Glück und Zufriedenheit schenken werde. Und wenn wir deinen Vater finden, so bringe ich dich zu ihm oder ihn zu dir und rede mit ihm, von Mann zu Mann.
Ich erkläre ihm was genau mit dir passiert ist und ich nehme seinen Zorn auf mich, falls er denn wirklich auf mein Blut aus sein sollte... oder auf deines.
Ich denke, dass er sogar eine gerechte Strafe an mir üben dürfte... als Brautpreis sozusagen. Das ist bei uns tatsächlich nicht unüblich, wenn man eine Verbidung gegen den Willen der Eltern schließt, obschon viele Tak ja denken, das die Stellung als Hochlady den Eltern der Braut eine Ehre sein sollte.
Nun, bei einem Menschen ist das gewiss ein klein wenig anders.", versuchte er sie aufzuheitern, indem er einmal kurz verwegen lächelte.
Doch Lena ging diesmal nicht so recht darauf ein und sah ihn nur wieder ängstlich und zweifelnd an.
„Er wird sich garantiert nicht nur mit ein bisschen Blut von dir zufrieden geben, Kyl. Er wird dich erschießen.", warnte sie ihn heiser, bevor sie dann aber doch wieder innehielt und Zweifelte.
„Na ja... wenn er überhaupt noch lebt, was ich ja wirklich nicht glaube. Was einfach nicht sein kann. Da waren so viele... so unglaublich viele von denen, du hast es doch selbst gesehen...", erinnerte sie ihn wieder an ihre erste Begegnung im Wald.

Er nickte nur kurz und atmete mit ihr mit, folgte ihrem Rhythmus der allmählich doch wieder ruhiger wurde.
Sie war nun sehr erschöpft, wollte es sich und ihm aber nicht eingestehen, dass sie am liebsten wirklich noch eine Stunde geschlafen hätte, sah ihn auch nicht direkt an und er sie eben so wenig. Es war ein ruhiger Moment, friedlich und still.

Und als er gerade dachte sie hätte sich nun genügend beruhigt, um wieder mit ihr zu reden sank sie auf einmal wie ein Stein zur Seite weg.
Hastig fing er sie auf, stützte sachte ihr Gesicht und legte sie behutsam auf das Lager, berührte ihren Hals mit seinem Finger und spürte ihren ruhigen Puls, während sein eigener gerade höchste Rekorde zu brechen begann, vor lauter Sorge.

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt