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„Tarrek!", rief Kyl laut und seine Stimme dröhnte nun extrem laut unter ihrem Ohr das an seiner Brust lag.
„Ich habe eine dringende Aufgabe für dich, Tarrek.", rief Kyl weiter und trug sie nun in normaler Geschwindigkeit ein paar Stufen eines langgestreckten Hauses hinauf.
Lena war noch immer etwas außer Atem, blinzelte in grelles Laternenlicht hinein, rang heftig keuchend nach Luft und sah sich einmal mehr um. Sie standen vor einem gezimmerten langen Haus in einem ziemlich dunklen Waldstück.
Erinnerte fast an ein Wikingerhaus der alten Zeiten auf der Erde
So ein Langhaus...
Hu?
Aber Wo war denn bitte die Siedlung oder Stadt und die ganzen Häuser hin?
Wow... diese Aliens waren echt megaschnell. Von jetzt auf gleich durch diese Blauen Tore auf der Erde oder ihrer eigenen Welt und von Jetzt auf gleich in einer anderen Stadt oder ... tja... sonstwo.
Ein Mann in weißer Kleidung kam nun an den Vorhang, den auch dieses Haus anstelle einer Tür besaß und wischte sich die Hände an einem linnenen Tuch ab.
Seine Miene erhellte sich deutlich als er Kyl mit dem Stirnreif auf dem Haupt erblickte und ebenso sie in seinen Armen, die ja nun ebenfalls eine Krone trug.
Sofort verneigte er sich tief vor den beiden. „Mylord... Mylady... tretet bitte ein.
- So ist es endlich geschehen. Ihr habt euch eine Gefährtin erwählt. Wir dachten uns schon dass dieses Mädchen es euch sehr angetan haben muss, wenn ihr sie selbst in euren eigenen Räumen versorgen und auch gegen die Meister der Quelle und Hanilfia, die Kunst aufbegehrend beschützen wolltet, Kyliander.
Es ist gut dass sie keine Tak ist. So wird sie  unvoreingenommen an alles herangehen, wie einst die junge Feelah Natalie, vor einigen Triaden. Sie hat uns ebenfalls gut getan, fand ich und wir haben es ja immer sehr bedauert dass euer Bruder sich für die Erde entscheiden musste, es jedoch verstanden, nachdem der Rat ihren Tod wollte... und das wo sie uns doch gerade erst alle gerettet hatte, mit ihrer Gabe mit den Zefanusie sprechen zu können, die seit ihrem Fortgang uns ja nun doch wieder feindlich gesinnt scheinen und erneut Tak töten, wann immer sie schwärmen."
„Natalie sagte es wie man überlebt. Nur die sturen Tak hören nicht auf die menschliche Feelah. Und sie konnte auch nirgendwo anders glücklich werden, als auf ihrer Welt, Tarrek!", nickte Kyl dem Heiler nur ernsthaft zu.
„Aber eure eigene Lady kann es nun.", nickte er Lena noch einmal freudestrahlend zu. Dann wies er Kyl an sie auf eine der Liegen abzusetzen, die ein Gehilfe gerade mit frischem weißen Tuch abgedeckt hatte.
„Was kann ich für euch tun, Mylady? Ich hörte ihr seid wieder auf die Erde gesandt worden, gegen euren Willen und das obschon ihr Kyliander Tak Ninhah zu eurem Gefährten gewählt hattet.
Wurdet ihr dort erneut angegriffen?", fragte der fremde Mann im weißen Kimono sie angelegentlich, doch Lena war zu eingeschüchtert, um etwas zu erwiedern und sah nur wieder hilflos zu Kyl hin, der ihr beruhigend zulächelte und für sie das Antworten übernahm.
„Ja, Tarrek, das wurde sie... die Jäger lauerten schon, so wie wir es uns gedacht hatten. Hunderte zuvor gerettete Menschen sind tot, missbraucht, verschleppt und gefoltert worden.
Nialkaron hat meine Lierjah indess noch rechtzeitig gefunden, bevor sie unter der Folter vergehen konnte. Sie hatte sich ihre Pulsader mit einem Messer geöffnet, Tarrek, weil sie glaubte sie würde nun keine Rettung mehr erfahren.
Außerdem wurde sie erneut schwer misshandelt, mit der Peitsche geschlagen und hart herumgezerrt. Das meiste konnten wir schon beheben, doch ihr tut die Schulter noch weh, wenn man sie dort berührt und ich kann den Auslöser dieses Schmerzes nicht lokalisieren. Dazu reicht meine Heiler-Gabe wohl nicht aus.", scherzte er heiter.
Tarrek schmunzelte nur und hob die Hände.
„Darf ich euch berühren, Mylady?", fragte er Lena überaus freundlich.
Sie nickte nur immer noch eingeschüchtert von seiner imposanten Erscheinung. Alle die hier irgendwie Jedis waren und Magie konnten waren Riesen... außer Kyl. Und machte sich schon darauf gefasst dass es gleich wieder weh tun würde, doch Tarreks Griffe waren kaum zu spüren.

„Ah... eine Kapsel im Gelenk ist gerissen. Das ist schwerwiegend. Kein Wunder, dass es euch bei jeder Berührung und auch Bewegung schmerzt und dass der Hochlord es so nicht finden konnte. So ein winziger Riss, aber mit großem Leid verbunden. Bitte entspannt euch, das wird euch ganz gewiss nicht weh tun!", versprach er ihr, worauf Lena sich aber nicht verlassen konnte. Sie überlegte sich Kyls Hand zu greifen, um sich wenigstens irgendwo festhalten zu können. Schließlich hatte sie schon ein paar dieser Heilungen mitgemacht und es hatte ja immer ziemlich weh getan...

Kyl zischte leise auf und verzog das Gesicht als sie sofort fragend zu ihm hoch blickte.
Um Entschuldigung bittend neigte er vor ihr sein Haupt.
„Verzeih mir bitte, Lena. Das ist nur meine Schuld.
Ich sagte doch meine Heilversuche sind gröber, als die von Tarrek, doch ich hätte dich wohl besser generell zu ihm gebracht, dachte aber irgendwie ich könnte es ansatzweise so gut wie er. - Vor allem aber ohne dir dabei Schmerzen zu bereiten. Das war mein Irtum.
Tarrek ist jedoch ehrlich zu seinen Patienten, Lena. Wenn er sagt es wird dich nicht schmerzen, so wird es das auch nicht. Du hast sein Wort und ich halte sehr gerne deine Hand, wenn du das möchtest und meinen Trost und Halt annehmen möchtest.", bot er ihr ruhig an.
Seine Ruhe machte es für Lena gleich ein wenig leichter. Sie nickte zögernd in seine Richtung, obwohl sie sich gleichzeitig auch schon wieder ein wenig lächerlich dabei vorkam. Als wäre sie ein Kleinkind. Gott, sie war ja so ein jämmerlicher Feigling, dass sie gerade unbedingt Händchen halten wollte.
Und blöd war es außerdem, dass er all ihre Gedanken las und damit gar nicht mehr aufhören wollte...
„Ist es denn so schlimm für dich, wenn ich weiß was in die vorgeht?", fragte er sie sehr leise, während Tarrek nun sachte mit seinen warmen Händen zu heilen begann.
Lena sah nur kurz auf seine licht schimmernden Hände, fühlte aber tatsächlich gar nichts, weshalb sie nun doch wieder zu Kyl aufschaute um sich wenigstens dieser zweiten unangenehmen Sache zu stellen.

„Ich... bin nun mal ein Mensch, Kyl und Menschen haben ihren Kopf ganz gern nur für sich alleine. Man sagt bei uns: Die Gedanken sind frei, keiner kann sie erraten... Das ist auch ein Lied. Ein sehr bekanntes Lied und es beinhaltet sehr viel Wahrheit, denn was wir in Worten ausdrücken, vielleicht auch nur um höflich zu sein und niemanden vor den Kopf zu stoßen, ist oft nicht das was wir wirklich fühlen oder denken. Doch nur so ist ein geordnetes Zusammenleben in großen Gruppen überhaupt möglich, also ein oberflächliches Zusammenarbeiten, so mit Leuten die man vielleicht eigentlich absolut nicht leiden kann.

Man muss sich ja nicht unbedingt mögen sich aber deshalb auch nicht streiten, das die Fetzen fliegen, wenn man nicht immer ganz genau weiß was der andere gerade denkt. Und darum ist es uns Menschen auch immer sehr wichtig selbst zu entscheiden was wir sagen und andere damit wissen lassen wollen und was nicht.", versuchte sie ihm zu erklären, doch seine gerunzelte Stirn verriet ihr, dass er ihre Erklärung noch nicht ganz begriff. „Nun... also... Meine Mutter hat immer gesagt es ist eine Gabe, das so machen zu können... ich meine diplomatisch zu sein egal was man gerade wirklich denkt oder fühlt.

Kevin... mein kleiner Bruder, konnte das früher überhaupt nicht. Und deshalb hatte er auch nie Freunde. Er vergraulte sie mit seinen Wahrheiten immer noch bevor sie ihn richtig kennenlernen konnten. Und ich fürchte wenn du immer auf alles reagierst was ich denke und fühle, obwohl ich das nicht mal steuern und mir auch noch gar nicht richtig überlegt hab, ob ich das so oder anders richtig oder falsch oder gut oder böse, schön oder schlecht finde, bevor ich überhaupt begreife was hier wie gemeint ist oder gemacht wird... dann bekommst du demnächst wohl nur meine Schrottmeldungen und Chaotischen Gefühle in Gedanken zu hören und zu spüren, die ich aber noch gar nicht fertig überlegt oder selbst irgendwie verstanden hab.
Also... ja es wäre mir lieber ich hätte meine Gedanken wieder ganz allein für mich, damit ich selbst entscheiden kann was ich dir letztlich sagen möchte und was nicht, bevor ich oder du noch einen Rappel bekommen und durchdrehen, weil wir uns absolut nicht mehr verstehen. Du hast ja keine Ahnung was ich generell so für Quatsch zusammendenke, wenn ich mal ein paar Ruhige Minuten für mich habe. Velleicht beleidige ich dich dann damit und du denkst doch noch ich wäre so eine miese, fiese oberflächliche Hexe die total durchgedreht, kitschig, dumm oder naiv ist. Wobei ich letzteres ganz sicher bin, soviel steht mal fest.
Ich bin furchtar naiv dass ich annehme das ein Alienkrieger der sein Schwert schwingt wie ein Jedi-Ritter aufhört meine Gedanken zu lesen nur weil ich das nicht möchte... Aufhalten kann ich dich sowieso auch nicht. Ist also wahrscheinlich völlig zwecklos dich darum zu bitten...", murmelte sie mit einem sehr mulmigen Gefühl im Magen, weil sie gerade so absolut ehrlich gewesen war... und wahrscheinlich wieder absolut beleidigend rüberkam... oh je.

Ob diese Ehe-Sache hier noch ein gutes Ende nehmen konnte? Sie bezweifelte es gerade sehr. Vor allem wenn sie mal wieder so wie Früher ständig ihre Geschichten oder Lieder im Kopf für sich abspulte. Kyl würde das sicher nicht verstehen... wie sollte er auch? Er war kein Mensch und hatte sicher auch nicht so viele Songs gehört wie sie es ständig gemacht hatte... vor vier Tagen sogar noch... mit ihrem Handy.
Wie sehr sie das hier gerade vermisste.

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt