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„Seid gegrüßt ... ist noch ein wenig Platz in der Quelle für eine alte Frau und die neue Hochlady von Takolia?", fragte sie in die Runde der Mütter die ihr sofort willig Platz machten. Lena kam gerade zurück und wollte schon wieder zum Ausgang des Badehauses gehen, doch das hätte nicht den feinen Sitten entsprochen sich nach dem Erleichtern zu säubern.
„Lena - Sophie, kommt herzu! Es ist doch noch etwas Platz für uns im Quell der Mütter und Kinder. Wir müssen nicht warten!", tat sie so, als hätte Lena höflicherweise vorgehabt den Müttern und Kindern ihren Raum zu lassen, was ebenfalls eine gute Sitte war.
Beifällige Blicke begegneten Lena, als sie nun zögernd näher trat.
„Also... ich dachte es ist ja schon ziemlich voll hier..."
„Die jungen Mütter haben uns gerade etwas Platz gemacht damit wir uns jetzt schon säubern können, Mylady. Ihr müsst nicht warten. Es ist ihnen eine Ehre von euch bedacht zu werden, mit eurer Anwesenheit und vielleicht sogar eurem ersten Segen für die Kleinsten.", bot sie ihrer jungen Amna eine Brücke hin zu den Tak und der guten Gesellschaft an.
„Ähm... tja, also dann...", murmelte Lena nur unsicher und folgte Kitoma hochrot vor Verlegenheit in den heißen Quellsee hinein und spürte die Blicke aller auf sich gerichtet. Plötzlich kam eine ältere Frau blitzschnell auf sie zu und betatschte ihren Bauch mit ihrer Hand, presste sie sogar einmal ganz kurz weiter unten gegen die Scham, was Lena mit einem überraschten Laut und einem heftigen Stoß gegen die ältere Frau quittierte und sich schleunigst einige Schritte von ihr zurückzog. „Ey, was soll denn das?", rief sie erschrocken aus.
Der Blick der Alten war gerade noch so düster und berechnend gewesen, wurde nun allerdings verblüfft. Doch was das nun wieder sollte wusste Lena nun wirklich nicht und sah hart schluckend zu Kitoma hinüber. War das etwa normal? Ein Test vielleicht?
Doch diese ging nun ihrerseits zornig knurrend auf die ältere Frau los, packte sie am Arm und riss sie hart am Haarschopf zurück.
Rehina! Was unterstehst du dich die Hochlady auf solch ungebührliche Weise zu berühren? Das ist im höchsten Maße respektlos.", fauchte sie erbost. Und die Angesprochene verneigte sich nun wiederwillig vor Lena und murmelte irgendwas das sie nicht verstand.
„Du weißt genau das sie nur die menschliche deutsche Sprache spricht. Sie muss Tak erst erlernen, also entschuldige dich angemessen bei der neuen und wahren Hochlady von Takolia, oder soll ich die Wächter rufen?", empörte Kitoma sich nur aufgebracht weiter.
„Schon gut.", meinte Lena nun nachdem ihr aufgegangen war was diese Berührung vielleicht zu bedeutet hatte.
„Ihr wollt sicher wissen ob die Verbindung mit Kyl vollzogen wurde. Das ist okay für mich.", nickte sie hastig zu der fremden Frau hin, die sie nun extrem verblüfft anglotzte und war zugleich froh darüber was Kyl im Schlaf heute früh getan hatte.
Kitoma drängte sich nur wütend zwischen sie und die Frau die sie total verdutzt anschaute.
„Doch entspricht es nicht den Bräuchen der edlen von Takolia sich einer jungen Hochlady im Bade für eine Prüfung aufzudrängen.", zürnte Kitoma einfach weiter. „Du verlässt augenblicklich den Quell, Rehina! Und wenn die Hochlady demnächst ins Bad kommt wirst du dieses sofort verlassen, bis Lena-Sophie die hiesigen Sitten kennt und dich selbst in deine Schranken verweist. Sei froh über ihre Milde.
Meine andere Amna Feelah Natalie hätte dir vermutlich einen Tag festgeklebt an einem Felsen oder einen Tritt in dein feistes Gesicht gegeben, auf dass du lernst deine Hände bei dir und deinen Enkeln zu behalten.
Es ist einfach nur noch empörend was diese Familie sich noch alles einfallen lässt, um meiner jungen und ehrenwehrten Amna das Leben schwer zu machen.
Lena-Sophie ist nun wirklich noch sehr jung, sehr wohl. Doch sie kennt ihre Pflichten, auch wenn sie ein Mensch ist und hat sich darum unserem Hochlord – der selbstverständlich erst eine angemessene Werbung um ihre Gunst beginnen wollte, bevor er sie richtig zu seiner Gefährtin zu machen gedachte – gestern Abend selbst angeboten, ihm jetzt schon in Körper, Geist und Seele zu gehören.
- Ist es nicht so, Mylady Lena-Sophie?", fragte Kitoma sie sofort deutlich sanfter.
Lena war schon ein bisschen erstaunt das Kyl mit seiner Mutter darüber gesprochen hatte, doch sie wollte auf keinen Fall einen Fehler machen also nickte sie langsam.
„Ja, das habe ich.", sagte sie dann aber schnell, als Kitoma sie nur weiter so auffordernd ansah.
„Seid geehrt!"
„Ja, seid geehrt, Mylady!", murmelten die Frauen im Bad erneut überrascht aber nun auch wieder lächelnd.
Eine junge Frau, die nur wenig älter sein konnte als sie selbst und unglaublich hübsch war, mit Haaren so lang wie die einer Meerjungfrau kam auf sie zugeschwommen und lächelte sie freundlich an.
„Ich bin Sharia. Meine Mutter, Johira Tak-Jelladan bittet euch meine kleine Schwester zu segnen, sie wurde erst vor ein paar Quarzen geboren und die Hochlady Kitoma fand leider nicht mehr die Zeit dazu. Sie war sehr beschäftigt wegen der Suche nach einer passenden Gefährtin für den Hochlord, müsst ihr wissen. Wir sind alle froh dass er sich endlich hat erwählen lassen, Mylady.", neigte sie vor ihr den Kopf.
Lena war sich nicht sicher was sie nun machen
sollte, doch Kitoma machte eine auffordernde kleine Geste und lächelte milde. Sie sollte wohl mitgehen.

Also schwamm sie mit dem Mädchen auf die andere Seite der Quelle hinüber, gut 30 Meter weit, durch andere Badende und deren Kinder hindurch, die ihr erfürchtig Platz machten, genau da hin, wo eine weitere Frau sie lächelnd
empfing sich halb aus dem Wasser erhob und vor ihr verneigte.
Mylady... dies hier ist meine neugeborene Tochter. Und verzeiht uns bitte diesen Überfall ich sehe ihr wisst nicht was wir von euch möchten, was natürlich ist für einen Menschen von der Erde. Wenn ihr erlaubt... Wir haben bei uns den Brauch die Neugeborenen stets von der Hochlady segnen zu lassen und vielleicht, wenn ihr gestattet und es gütigst in Betracht ziehen würdet, möchtet ihr unserer lieben Kleinen auch einen passenden Namen geben, zum Schutz vor dem Bösen.", bat sie sie eifrig und zugleich leicht besorgt aussehend.
„Ähm... tja... also es ehrt mich natürlich dass ich einen Namen aussuchen darf ... aber ich kenne leider gar keine Tak-Namen, nur die von Menschen und weiß darum nicht was hier angemessen für euch ist.", versuchte sie das Letzte höflich abzulehnen, doch das junge Mädchen lächelte ihr nur wieder strahlend zu.

„Darum geht es ja gerade, meine Lady. Wir haben alle die Namen der Toten ausgesprochen und es gab in unserer Familie so viele Tote Mädchen und Frauen in den Kriegen, das es gewiss Unglück bringt ihr einen solchen oder ähnlichen zu geben, der einer jung Verstorbenen gehörte. Derzeit gibt es nur wenige gängige Namen unter den Tak-Frauen. Und man möchte natürlich nicht so heißen wie jede andere. Vielleicht aber kennt ihr einen neuen Namen der in euren Breiten heilig ist und gesegnet und der Glück und Frieden und ein vielleicht längeres Leben verspricht?", fragte sie Lena aufgeregt.

Lena viel zu all diesen Bezeichnungen nur einer ein und knabberte kurz nervös an ihrer Unterlippe, was aber nicht unsicher sondern vielmehr nachdenklich und konzentriert aussah. „In meiner Welt habe ich einer Religion angehört die nur einen Gott anbetet und er heißt auch nur Gott. Dieser aber sandte uns Menschen seinen Sohn in die Welt, der Jesus hieß, damit seine Gebote gehalten würden und die Menschen Frieden und Freundschaft lehren und Güte und Vergebung über alles andere stellen würden, statt Mord und Tod, Folter und Qual. Er sollte der Führer sein auf dem Weg zu ihm.
Und so suchte und fand Gott eine junge Frau die heilig war, die nur Gutes und Barmherzigkeit im Herzen trug, deren Herz rein war und voller Frieden, Vergebung, Schönheit und Gnade. Er zeugte mit ihr diesen Sohn, den sie Jesus nannte und selbst nach zweitausend Jahren wird ihr Name noch immer verehrt.", schloss sie die Erzählung und war sich nicht bewusst das hinter ihr sämtliche Mütter herangeschwommen waren, um ihren leisen Worten zu lauschen.
„Einen überaus heiligen Namen kennen die Menschen, welcher auch nicht verboten ist für lebende und neugeborene zu gebrauchen?", fragte die Mutter sie nun verblüfft.
Lena nickte nur kurz.
„Es ist wohl einer der meist genutzten Namen für ein Mädchen auf der Erde und keines das ich selbst unter diesem Namen kannte war jemals böse oder falsch.", berichtete sie arglos.
„Und... wie lautet er nun, Mylady", fragte sie ältere Tocher sie nun wieder eifrig lächelnd.

„Maria, die heilige Jungfrau.
Und auch meine eigene Großmutter hieß so. Sie wurde neunundneunzig Jahre alt. Und bis zu ihrem friedlichen Ende vor zwei Jahren, als sie einfach eines Nachts einschlief, hat sie doch noch die ganze Familie beherrscht, zusammengehalten und liebevoll herumkommandiert.", lächelte sie und alle lachten und kicherten nun um sie herum.

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt