68

76 24 1
                                    

Bevor die überraschte Restra ihr versichern konnte das hier tatsächlich niemand ging der schöner als die Hochlady sei, ganz egal wie braun die Haut und lag das Haar doch war, strömten schon die Mütter mit den Kindern in die Grotte hinein und Lena watete in die Mitte des Beckens hinein um dort zu warten. Gott sei dank war es nicht so tief.
Die Takkinder kamen als erstes zu ihr ins Wasser, schüchtern rückten sie weiter als man von hinten drängelte und Lena lächelte sie, wie sie hoffte, lieb und freundlich an, obwohl sie tatsächlich schrecklich verlegen war. Schließlich war sie selbst auch nur ein paar Jährchen älter als die ältesten der Kids.

Auch von den edlen Tak kamen nun ein paar in die Felsengrotte herein. Neugierig was die Hochlady denn nun mit den ganzen Halbweisen vorhatte, standen sie im Dunkel bei den kalten Tauchbecken und warteten bis die Grotte sich nahezu überfüllt hatte und keiner mehr aus dem Umkleidebereich hereinkam.
Restra war es die schließlich zu Lena kam und ihr flüstern erklärte es seinen nun alle da.

Lena nickte ein wenig bleich und lächelte verlegen vor sich hin, schöpfte Wasser mit einer Hand und ging auf das erste der Kinder zu das ihr mit großen Augen entgegensah.

„Sagt euren Namen, wenn ihr drann seid und wer das noch nicht kann und gehalten wird da sagt es die Mama bitte, sonst muss ich das Lied unterbrechen aber ich singe für euch alle und nicht nur für einen. Zumindest nicht heute!", bat sie in die Runde und alle nickten und lächelten unsicher. Wieder räusperte sie sich leise als leises, erfreutes Raunen einsetzte.
Doch das verklang sofort wieder, als sie vor der ersten Mutter mit Kind stand und etwas Wasser mit der hohlen hand schöpfte das sie auf den Kopf des Ersten Kindes tropfen ließ bevor sie mit der Handfläche den Scheitel berührte und der kleine Junge ganz schnell und atemlos leise seinen Namen sagte: „Halles"
Leise lächelnd begann Lena nun zu singen, die erste Strophe von dem Song aus Cats, vom Mondlicht aus dem Musikal, und bei jedem Kind an dem sie sich vorbeibewegte und das leise seinen eigenen Namen flüsterte, ließ sie ein bisschen Wasser auf das Haar rinnen, bedeckte die Häupter kurz mit ihrer Handfläche, jedes für sich und sang in diesem einen Moment auch nur für das Kind das da an der Reihe war. Eine atemlose, überraschte Stille herrschte in der Grotte, als sie ihren Gesang langsam aber immer noch ganz weich singend steigerte, als die Babys an der Reihe waren und die Erwachsenen mit erführchtigen Mienen staunten, was diese junge Lady aus einer einfachen Segnung von Kindern machte und tatsächlich hier und da auch noch die Mütter segnend berührte die ebenso leise wie ihre Kinder ihre Namen herausflüsterten.

Die Leute waren alle gebannt und entzückt und der Wiederhall des Gesangs von den Felswänden drang in jede Ritze, jede Spalte und in alle Winkel der Höhlengrotte. Lena merkte nicht das sie gerade viel lauter, klarer und besser sang als jemals zuvor in ihrem jungen Leben, das ihre Stimme erst so zart und dann aber trotz aller Weichheit enorm kraftvoll wurde, dass die Babys die eben noch unruhig waren nach der Segnung mit dem Wasser und ihren Händen die die Köpfchen berührte, still und aufmerksam blieben.

Als das Lied dann fast schon endete und sie jedes Kind und jede Mutter und alle die darum herum gestanden hatten, sogar die Männer am Rand des Beckens sachte irgendwo berührt hatte, kehrte sie immer noch singend zurück in den Kreis des sprudelnden Wassers und sang die letzten Noten und Worte für sich selbst, schöpfte wieder Wasser und ließ es über ihren eigenen Kopf rinnen, nahm dabei auch noch den Stirnreif ab, weil sich das so richtiger anfühlte und strich sich mit der linken Hand langsam über die eigenen Haare, während das Lied verklang. „...Und ein neuer Tag beginnt."

Es blieb atemlos still, als sich den Stirnreif verlegen aufblickend über den Arm zog und sich einmal langsam um sich selbst drehte, alle ernsthaft oder erschüttert oder benommen blickenden und tief stillschweigenden Tak ansah, derweil sie ebenso ernsthaft benommen und erschüttert war wie diese.
„So wird eine Segnung nie wieder sein.", sagte sie aus einem Gefühl heraus in die Stille hinein und bedeckte sich verlegen mit einer Hand, weil sie schließlich immer noch nackt war und es hier so viele Männer gab die rund um den Grottensee herum aufgereiht knieten.
Warum sie das taten, entzog sich ihrer Kenntniss und ihres Verständnisses. Doch sie hatte das Gefühl noch etwas anderes sagen zu müssen, also nahm sie all ihren Mut zusammen und sprach diesmal nicht als Hochlady oder als Geehrte, oder als sonst etwas Besonderes, sondern nur als Lena: „Aus dem Dunkel tritt man nur einmal heraus und dann wird man gesehen. Ich hab das auch getan, wisst ihr? Die drei Monde Takolias haben gestern alles Licht genommen, auch das der Sterne, doch sie beschienen uns alle für Sekunden in ihrem eigenen strahlenden Licht. Ich war fasziniert wie noch nie von der Schönheit, die diese Welt haben kann und von den Tak die auf ihr leben. Behaltet diesen Tag heute in eurer Erinnerung und auch ich werde das tun. Wir sind nun keine Halbblüter, Halbweisen oder Menschen mehr. Keine edlen, oder adeligen oder Ladys oder Diener oder ungewollt, oder niedrig stehend oder Hochlady... jetzt und hier, in diesem Moment.", sagte sie zu den Leuten und drehte sich noch einmal um sich selbst. „Wir sind jetzt alle nur noch Tak. Wir sind ein Volk. Und als solches bitte ich euch geht und ... und segnet heute ebenfalls alle die ihr seht, alle die euch einmal böses getan haben, alle die ihr eigentlich nicht leiden könnt oder auch die, die ihr besonders mögt. Eure Nachbarn, die anderen Tak, die sich zuerst so genannt haben und euch dieses Recht verweigerten. Legt eine Hand sachte und mitfühlend auf sie, auf ihren Arm, oder auf den Kopf, wenn sie es zulassen und nennt sie Tak. Sagt ihnen einfach Hallo, wünscht ihnen einen guten Tag und nennt euch bitte ebenso Tak, denn das seid ihr alle. Die Kinder wie die Alten, die Gesunden wie die Kranken. Wer Hilfe braucht, ein Leiden hat, sich verletzt hat, der geht zu den Heilern und ihnen wird geholfen werden. Wer zu alt ist für eine harte Arbeit, zu gebrechlich, zu schwach, der sucht sich eben eine andere, die nicht so schwer ist oder passt auf die Kleinen auf, hilft einer Mutter, die zu viel Arbeit mit ihren Kindern hat. Jeder wird hier etwas tun müssen um dem Volk zu dienen. Denn wer dem Volk dient, nach bestem Wissen, Möglichkeit und Gewissen, der dient letztlich auch sich selbst. Wobei natürlich jeder schauen sollte was er kann, wozu er kräftig genug ist und andere die das tun eigentlich nicht unbedingt. Ich schließe mich da mit ein, auch ich werde mir eine Arbeit suchen, die ich bewältigen kann."
Sie nahm den Stirnreif von ihrem Arm und setzte ihn sich wieder auf den Kopf, atmete einmal tief durch und sagte dann fest: „Die Segnung ist beendet, Kinder Takolias."

Die Kinder waren die ersten die sich umguckten, breit grinsten und dann schnell reagierten. Sie kamen zu ihr hin und berührten ganz sachte ihre Arme oder ihr Haar und sagten: „Hallo Tak, ich bin ein Tak (oder eine), zuerst schüchtern dann immer weiter und weiter und wünschten ihr einen schönen Tag, was sie ebenfalls lächelnd tat. Die Tak drehten sich schließlich wie befreit aufatmend zueinander um, die Männer standen auf und berührten ihren Nächsten und nannten ihren gegenüber ebenfalls Tak und stellten sich ihm als Tak vor. Es war wie eine Lawine und das stolze Leuchten in den Augen der Leute machte Lena glücklich.
Sie sagte auch Hallo zu den Kindern, nannte sie alle Tak... und dann zu den Frauen die, sich vor ihr veneigend, auf sie zukamen und sie berühren wollten.
Es war ein wunderbares Gefühl erhebend und schön... unter den anderen gesegneten Tak zu sein, ein Teil dieser Gemeinschaft.
Es dauerte lange ehe sich die Grotte dann endlich zu leeren begann und Lena wusch sich erleichtert in dem Grottensee ihre Haare aus bevor auch sie sich auf den Weg nach draußen machte.

Als sie durch die Perlenschnürre trat stand da ein kleines braunblondes und wirklich wunderschönes Mädchen mit ihrem Dolch und dem dazugehörigen Gürtel in der Hand, sie war fein angezogen und strahlte sie aus ganzer Seele heraus an.
„Hallo Tak... meine Lady, ich bin eine Tak und wünsche euch einen schönen Tag!", reichte sie ihr den Gürtel und verschwand hell auflachend und hopsend durch die Tür hindurch.

„Vermutlich hattest du ihn wieder in die Schmutzwäsche gelegt.", sagte Kyl vom Eingang her. Er war noch komplett angezogen und hob grüßend eine Hand. „Hallo Tak?", fragte er sie milde amüsiert.
Lena wandte schüchtern errötend den Blick von ihm ab und begann sich langsam die Arme und Beine abzutrocknen, obwohl sie darauf achtete dabei vor seinen Blicken immer bedeckt zu bleiben.
„Ja, weißt du... Es gab heute morgen etwas Ärger hier. Und du hast gestern selbst gesagt das wir nun alle Tak sind, egal was wir mal vorher waren also hab ich Restra versprochen die Kinder der ehemaligen Halbweisen zu segnen und ihnen ein Lied zu singen.", berichtete sie ihm aufgeräumt.

Er nickte nachdenklich und kam näher heran. „Und weil dir eingefallen ist das auch alle anderen Halbweisen-Tak nicht gesegnet sein konnten, hast du es gleich nachgeholt... und dich dabei schlussendlich auch selbst gesegnet, und dabei deinen Stirnreif abgezogen, um dich mit allen Tak gleich zu stellen.", wiederholte er den Bericht Jilliars an ihn, der ihn nach der Zeremonie gesucht und alles brühwarm und hellauf begeistert erzählt hatte.
„Ich... bin doch genauso wie sie, warum also
sollte ich mich höher stellen?", verteidigte Lena unsicher ihre Handlungen und Kyl setzte sich langsam neben ihr auf eine der Bänke.
„Ich berichte dir nur was Jilliar, den übrigens nichts so schnell überraschen kann, mir erzählt hat.
Er war Fassungslos und fasziniert, sogar hellauf begeistert über deine Tat. Ihn zu rügen ohne ihn dabei anzuklagen, obwohl er tatsächlich fehlte.
Deine Arglosigkeit mit der du alles hinnimmst, die Beleidigungen der Edlen, die dich nicht berühren können.
- Lena, du hast heute wieder einen riesigen Schritt auf dem rechten Pfad getan, ist dir das eigentlich bewusst?", fragte er sie anerkennend.
Lena kamen fast die Tränen bei seiner ernsthaften Worten und hob nur hilflos die Schultern. „Ich... nein... eigentlich nicht. Denn ich stolpere doch einfach nur herum, Kyl. Hab absolut keine Ahnung was ich da eigentlich tu oder sage. Aber sie ... sie scheinen es zu mögen, also dachte ich einfach an Gleichberechtigung und Schluss."
„Nein, ...Kein Schluss, Lena.", schüttelte er ernsthaft den Kopf und ergriff ihre Hand. „Es wird nie Schluss sein. Doch hier, das lange Bad im Quell hat dich gewiss wieder ausgetrocknet. Ich habe dir Dhajasaft mitgebracht.", reichte er ihr einen gut gefüllten Schlauch und stand dann wieder auf. „Meine Lady muss mich jetzt leider entschuldigen. Ich habe einen Dienst am Volke zu leisten. Und jeder Dienst am Volke ist letztlich auch ein Dienst an mir selbst, richtig?", rezitierte er noch einmal schmunzelnd ihre Worte die anscheinend gerade die Runde machten.
Sie nickte nur scheu, lächelte etwas gequält und garantiert hochrot angelaufen und hob den Lederbeutel an die schon arg trockenen Lippen, um in durstigen Zügen zu trinken. Als sie ihn wieder absetzte war Kyl bereits verschwunden.
Schade.

Takolia - Zwischen Schicksal und GlückWo Geschichten leben. Entdecke jetzt