20 Julie

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Als Joey später am frühen Abend nach Hause kam, waren ihre Mutter und Antoine schon dabei, den Tisch für's Abendessen zu decken. Joey hatte inzwischen wieder deutlich bessere Laune, ein paar Stunden mit Ced, und die Welt sah gleich wieder viel freundlicher aus...

„Warum essen wir denn schon so früh? Gibt's was Besonderes?" Joey ließ sich auf einem der Stühle nieder und begann ihre Chucks – heute die Schwarzen – auszuziehen.

„Mama will irgendwas Wichtiges mit uns besprechen..." Antoine schenkte seiner Schwester einen bedeutungsvollen Blick.

Jedes Jahr um diese Zeit hatte Julie diese Anwandlungen. Sofort wurde Joey klar, was ihr Bruder meinte. Ihr Geburtstag!

Jedes Jahr war ihre Mutter der Ansicht, dieser Tag müsse besondere Beachtung erfahren. Und besondere Beachtung bedeutete in Julies Augen nicht etwa eine kleine Geburtstagsparty mit ein paar Freunden oder Familie – nein – es musste schon etwas ganz Besonderes sein. Schließlich wurden nicht alle Tage Zwillinge geboren und eben dieser – ihr Tag – musste also mit der gebotenen Ehre bedacht werden.

Joey verdrehte unauffällig die Augen woraufhin Antoine ihr zuzwinkerte.

„Zuallererst, junge Dame, verschwindest du mit deinen unmöglichen Schuhen zurück in den Flur und kommst dann ohne wieder zurück."

Joey stand seufzend auf und holte ein wenig aus, um die Schuhe in einem schönen Weitwurf in den Flur zu befördern. Ihre Mutter hielt sie jedoch am Arm fest, bedachte sie mit einem halb strengen, halb amüsierten Blick, worauf Joey dann doch lieber den Weg zum Flur antrat.

Kaum war sie draußen und wollte ihre Schuhe grade unter dem Spiegel fallen lassen, als sie die Stimme ihrer Mutter schon wieder hörte. Verflixt aber auch, sie kannte sie einfach zu gut!

„Es gibt ein Regal, Josephine!" Julies Stimme klang beinahe humorvoll. Ohne diese gewisse Portion Humor wäre sie mit ihren Zwillingen, inklusive Joeys Chaos und Antoines Musikverrücktheit sicher schon selbst verrückt geworden.

Schließlich saßen sie alle am Tisch, Joey und Antoine mit gemischten Gefühlen, was ihre Mutter wieder ausgeheckt hatte, Julie hingegen mit einem sehr zufriedenen Lächeln im Gesicht.

„Also ihr beiden – ihr wisst ja, der besondere Tag steht an..." Julie sah ihre Zwillinge an, als müssten die beiden genau jetzt in Jubelschreie ausbrechen.

„Und du hast natürlich schon den perfekten Plan, richtig?" Joey lehnte sich nach hinten an ihren Stuhl und verschränkte die Arme. Sie war eher skeptisch, was die wunderbaren Ideen ihrer doch manchmal etwas verrückten Mutter anging. Antoine hörte ebenfalls auf zu essen und tauschte einen Blick mit seinem Zwilling. Das Harmloseste der letzten Jahre war noch ein Wochenende im Disneyland, von mehrtägigen Bergtouren bei Schneeregen über Höhlenübernachtungen bis zu Tagesworkshops in einem indischen Kochstudio war schon alles an Verrücktheiten dabei gewesen...

„Können wir nicht einfach zusammen ins Kino gehen, oder von mir aus auch ins Theater?" Joeys Stimme klang leicht resigniert. Sie bezweifelte, dass es das war, was ihrer Mutter vorschwebte.

„War ich so schlimm die letzten Jahre?" Julie schaute ihre Kinder gespielt entsetzt an. Joey und Antoine erwiderten ihren Blick mit genau identisch hochgezogenen Augenbrauen.

„Okay, Okay. Diesmal werdet ihr euch wirklich freuen, glaubt mir!"

Joey wappnete sich innerlich für neue abenteuerlichste Unternehmungen, sie sah sich schon auf einem Rodeopferd oder beim Survivaltraining in der Wüste, als ihre Mutter wieder zu sprechen begann.

„Ich hab eine Hütte gemietet in den Bergen, für das ganze Wochenende. Es gibt sogar einen kleinen See, eine Feuerstelle draußen und sonst einfach – Natur, Zeit, Ruhe...." Julie sah sehr zufrieden aus.

Love, twins & Rock'n'RollWo Geschichten leben. Entdecke jetzt