POV JAY
Es waren mittlerweile über 16 Stunden vergangen, nachdem die Hölle zwischen uns allen ausgebrochen war. Es gab bedauerlicherweise noch kein Lebenszeichen von Y/N, nach dem Verwandlungsversuch den wir gemeinsam durchgeführt hatten. Ich saß mit den anderen zusammen im Speisesaal, niemand sagte etwas. Alle starrten total traumatisiert in die Leere, während jeder mit seinem eigenen Gedankendämon kämpfte. Ich musste zugeben, dass es ein sehr ungewohntes Gefühl war, Y/Ns frisches Blut nicht mehr in der Nase zu haben, keinen Herzschlag und keinen Puls zu hören und noch viel schlimmer war die fehlende Lebensfreude in Person. Das gesamte Anwesen war plötzlich so still.
Ich saß also am Kopf des runden Marmortisches, trank meinen Jahrzehnte alten Whiskey und realisierte so langsam, wieviel Leben dieses kleine menschliche Wesen hierher gebracht hatte. Sie hatte eine fröhliche, selbstbewusste und starke Art an sich, obwohl ihr in den vergangenen Jahren so viele negativen Dinge zugestoßen waren. Ihre Empathie war erstaunlich. Sie war ab dem ersten Tag für jeden von uns immer da und hat jedem hier zugehört, selbst bei den lächerlichsten Problemen. Selbst bei Sunoos Krawattenauswahl zu jedem Dinner hatte sie Spaß daran, ihn einzukleiden und zu beraten, welches Hemd nun zu seiner Augenfarbe passte und welche er lieber wegschmeißen sollte. Ich weiß noch, wie ich nebenan im Büro saß und jedes mal schmunzeln musste, als ich Sunoo und Y/N miteinander lachen hörte. Und noch schöner war, das Funkeln in ihren wunderschönen, unschuldigen Augen, jedes Mal, wenn sie Niki sah. Die beiden hatten sich unbewusst eine Bindung aufgebaut, die kein anderer sonst hatte.
Bei jeder Sekunde die verging, realisierte jeder von uns, wie sehr sie doch ein Teil von uns war und wie sehr wir sie alle liebten.
„Jungs..", unterbrach ich die leidende Stille und sah in die Runde.
„Ich werde jetzt nochmals nach oben gehen und nach ihr sehen. Ich möchte, dass ihr alle unten bleibt, sonst würde wieder die nächste negative Stresssituation entstehen.", merkte ich an und stand leise auf. Trotz, dass keiner der 6 Vampire reagierte, wusste ich, dass sie meine Nachricht zur Kenntnis nahmen und es einfach akzeptierten.
Ich lief also in langsamen, schweren Schritten nach oben und betrat mit einem leisen Klopfen ihr Zimmer. „Hey, Y/N", begrüßte ich sie und schloss die Tür hinter mir. Ich betrachtete sie seufzend. Es hatte sich nichts verändert. Ihre Haut war nach wie vor bleich, ihre Sommersprossen um die Nase waren verschwunden und ihre Wangen eingefallen. Ihre Haarfarbe war bereits verblasst und ihre Haare unnatürlich nach vorn gekämmt. Ich setzte mich auf den roten Hocker neben dem Bett und beugte mich nach vorn, wo ich meine Unterarme auf meinen Knien abstützte. Ich wusste nicht, wie lange ich dort saß. Das einzige was ich wusste war, dass mich auf einmal unfassbare Schuldgefühle übertrafen. Wenn ich sie von Anfang an geschützt und mit meinem Vater gesprochen hätte, wäre es dann anders ausgegangen? Hätte ich etwas besser machen oder komplett verändern können? Warum habe ich nicht früh genug begriffen, was für einer Gefahr Y/N ausgesetzt war?
Während meine Gedanken hektisch in meinem Kopf kreisten und ich der vollen Konfrontation meiner Gefühle ausgesetzt war, ließ ich das Mädchen vor mir nicht aus den Augen. Ich betrachtete jeden Zentimeter ihrer Schneeweißen Haut, in der Hoffnung dass mir etwas auffallen würde, um meine Hoffnung zu verstärken.. aber vergebens.
Als die Dunkelheit anbrach, stand ich leise auf, verbeugte mich vor ihr und verabschiedete mich, indem ich ihr einen sanften Kuss auf die Schläfe gab. Mit langsamen, sanften Schritten verließ ich das Zimmer und schloss die Tür hinter mir.
Gab es wirklich noch eine einzige Chance für uns alle?WEITERE 4 STUNDEN SPÄTER
POV NIKI
Widerwillig lag ich in meinem Bett, schlaflos. Meine Gedanken schrien ununterbrochen auf mich ein und ich konnte nichts tun, um sie zu stoppen. Permanent spielte sich das selbe Szenario in meinem Kopf ab. Ich sah Y/N vor mir liegen, voll mit meinem, ihrem und dem Blut ihres Bruders. Ihr Körper war bedeckt mit Hämatomen und Dreck, von dem Leid dem sie ausgesetzt war. Ich hatte ihren letzten Atemzug gehört und saß direkt neben ihr, als ihr Herz aufhörte zu schlagen. Es plagte mich. Es plagte mich mehr, als alles andere, was ich in meinem langen, unsterblichen Leben jemals erlebt hatte. Der Mensch, den ich bedingungslos liebte, starb direkt vor mir und ich konnte nichts anderes tun als dabei zuzusehen und bitterlich zu weinen. Ich drehte mich auf die Seite und seufzte. Meine Hände strichen langsam über das seidene Kissen, auf dem Y/N als letztes lag und ich riss dieses an mich. Ich umklammerte das Kissen, wie ein kleiner Affe und roch daran. Dicke Tränen bildeten sich in meinen Augen, als ich ihren schwach zurückgebliebenen, süßen Geruch in meine Nase aufnahm und mein Griff um das Kissen wurde stärker. Ich verblieb einige Minuten so, bis ich ruckartig aufstand und wie als wäre ich nicht Herr meines Körpers, meinen Schlafsaal verließ, um nach der Liebe meines ewigen Lebens zu sehen. Ich weiß, dass mich der Anblick ihres leblosen Körpers immer weiter erschüttern würde, aber ich hielt es nicht mehr aus ohne sie zu sein. Leise schlich ich mich in den Gang und öffnete langsam die quietschende Tür von ihrem Schlafzimmer. Mein Atem stockte und ich spürte wie mein Körper bebte, als ich sie im Schein des Mondes sah. Langsam schloss ich die Tür hinter mir und setzte mich neben ihr Bett, wo ich ohne zu zögern ihre eiskalte Hand in meine nahm. Ich stützte mich mit den Unterarmen auf meinen Oberschenkeln ab, lehnte mich nach vorn und setzte ihr einen kleinen Kuss auf den Handrücken. Anschließend legte ich leise weinend meine Stirn auf ihren Handrücken, während ich ihre Hand fest umklammert in meiner hielt. „Ich weiß, dass du das kannst...mein Stern.", hauchte ich leise weinend und verharrte einige Momente in dieser Position. „Ich weiß auch, dass du noch dort drin bist und gerade gegen alles kämpfst. Und ich weiß, dass du das alles hier schaffen kannst. Aber ich bitte dich, bitte komm zu mir zurück. Ich konnte dir nicht einmal sagen, wie sehr ich dich liebe. Eigentlich wollte ich auf den perfekten Moment warten und mit dir an den See mit den weißen Rosen gehen, um dir meine Liebe in einem unvergesslichen Moment zu gestehen...doch ich komme zuspät"
Meine Gedanken waren still, als ich ihre Hand hielt. Ich hörte nur mein eigenes Schluchzen und spürte meine eiskalten Tränen, die meine blassen Wangen herunterliefen und ihr Ende auf meinem Seidenhemd fanden. Während ich wimmerte und weinte, wie ein kleiner Junge, strich ich über ihr Handgelenk. Ich strich einige Male darüber und hatte einige Momente gebraucht, bis ich realisiert hatte, was dort fehlte.. Sollten dort nicht Bisswunden von dem Verwandlungsversuch sein? Ich richtete mich auf und zog ihr Handgelenk sanft näher zu mir, um dieses zu betrachten. Minuten vergingen und ich starrte fassungslos auf ihr unversehrtes, makelloses Handgelenk, wo ursprünglich die Bisswunden von Sunghoon und mir waren. Würde mein Herz noch schlagen, dann schwöre ich, wäre es mir genau in diesem Moment aus dem Brustkorb gesprungen. Diesmal blickte ich nicht nur auf ihr Handgelenk, sondern auch in ihr Gesicht und stellte fest, dass die eingefallenen Wangen nicht mehr so ausgeprägt waren und ihre Haare wieder an Dicke gewannen... SIE VERWANDELTE SICH!
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the man in the woods
Fanfiction„Ich bin zu gefährlich für dich. Du solltest dich von mir fern halten." sagte er und sein Blick war nach unten gerichtet. „Die Gefahr wird mich nicht aufhalten dich zu lieben, Niki" erwiderte ich und rutschte näher zu ihm. TW ⚠️ ~ Gewalt, Blut, s...