44. Live Hack

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Live Hack

Das Publikum tobte. Jede Menge Woohoo-Frauen und Männer, die ihren Respekt mit tiefen, röhrenden Geräuschen zum Ausdruck brachten. Sogar Pfiffe waren zu hören. Und das war erst der Beginn der Show.

„Leude!", sagte Felix zum dritten Mal. Und endlich wurde es zumindest etwas ruhiger, sodass er fortfahren konnte: „Herzlich Willkommen zur ersten Live-Folge Gemischtes Hack seit Jahren!"

Tommi, der wie Felix bereits auf einem der beiden Sessel auf der Bühne Platz genommen hatte, schaute kopfschüttelnd ins Publikum. „Wahnsinn." Er grinste und sagte dann, so als ob er nur ein paar Freunde in der ersten Reihe begrüßen wollte: „Hallo!" Er hob die Hand zum Gruß und wirkte fast schüchtern.

Die Geräusche im Saal ebbten ab. Tommi und Felix schauten sich um. „Krass. Hab ewig nich mehr so wenig Leute auf einmal gesehen." Felix lachte.

„Also ich find's ganz gemütlich hier", urteilte Tommi.

Marie spürte ein Kribbeln in ihrem Nacken, dieses Gefühl, dieses Wissen, dass da viele Leute hinter ihr saßen. Sie hatte einen Platz in der vierten Reihe, ganz am Rand rechts. Wenn sie ein wenig zur Seite blickte, erkannte sie einige Gesichter von schräg hinten. Lächelnde, zufriedene Gesichter, die gespannt Richtung Bühne sahen und den beiden Männern quasi an den Lippen hingen. Der Saal war voll. Vierhundert Leute etwa. Die Tickets waren in Sekundenschnelle ausverkauft gewesen, natürlich. Eigentlich hatte sie hinter der Bühne bleiben wollen, aber zum Schluss war noch ein Gästelistenplatz frei gewesen und so hatte sie sich, gerade als Einlass war, diesen Platz hier mit Bedacht ausgewählt. Es war gut.

Tommi und Felix interagierten in der ersten Viertelstunde mit den Leuten im Saal, stellten Fragen, machten ein Spiel, bei dem sie versuchten, die Person mit der weitesten Anreise, dem schlimmsten Weihnachtsgeschenk und dem besten Ereignis im vergangenen Jahr zu finden. Es war etwas chaotisch und schließlich flogen ein paar Merch-Artikel als Preise durch den Saal.

Dann kehrte wieder Ruhe ein, und die beiden konzentrierten sich auf sich. „Also wir können da ja mit offenen Karten spielen." Tommi senkte den Kopf, ließ das Mikro in seiner Hand leicht kippeln. „Wir haben uns gestern schon auf nen Kaffee getroffen und es ist mittlerweile echt fast unmöglich, dass wir zwei ein normales Gespräch führen. Ich hab da auch eine Schere im Kopf. Du warst ja immer so: Nee! Halt! Stopp! Lass mal für den Podcast aufbewahren. Und ich spring wie ein junger... Labradoodle um dich rum und will dir erzählen, was ich zu Weihnachten geschenkt bekommen hab und denk dann inzwischen eben auch: Ah..." Tommi verzog das Gesicht. „Ist zu schade für ein Privatgespräch."

„Komische Gedanken für nen Labradoodle", fand Felix. „Aber die Frisur passt."

„Ey, wenn Hunde nen Podcast hätten, dann-"

„Na, aber jetzt sach doch ma", unterbrach Felix Tommi. „Was haste denn nun ach so Tolles zu Weihnachten geschenkt bekommen?"

„Kennst du diese Leute: Ach in unserem Alter müssen wir uns doch nichts mehr schenken." Tommi machte eine wegwerfende Bewegung.

„Ja, Tommi. Ick bin in diesem Alter. Seit Jahren."

„Aber wir haben uns doch auch was geschenkt. In der letzten Podcastfolge sogar. Live ausgepackt. Was da für eine Wahnsinnsorganisation dahintersteckte..."

„Tommi, du hast mir dit bei deinem letzten Berlin-Besuch in die Wohnung gelegt mit nem Zettel dran: Noch nicht öffnen! Und ick hab dir deins per Post zugeschickt. Also so ne Wahnsinnsorganisation steckte da jetzt och nich hinter."

„Felix, jetzt entzauber doch nicht für unser Publikum hier alles direkt wieder."

„Nee." Felix schüttelte den Kopf. „Du willst die verarschen, Tommi. Dit geht nich. Let's keep it real, ja?" Er lachte albern. „Ick lass mich doch hier nich verarschen!", raunzte er und tippte sich an die Stirn, ehe er erneut in ein Lachen ausbrach.

Grace Notes (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt