80. Plan B

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Plan B

Marie wachte auf. Der Fernseher lief, ein regennasser Regenwald, Vögel, die melodiös sangen. Ihr Kopfkissen war ein anderes. Vorhin hatte Felix sich dafür angeboten, aber irgendwann, als sie geschlafen hatte, musste er seinen Schoß klammheimlich ausgetauscht haben gegen eines der dicken Stoffkissen. Langsam setzte sie sich auf, streckte sich, gähnte und entdeckte Felix, der am Tisch saß, welcher ihnen mal zum Essen, mal zum Arbeiten diente. „Hey", sagte sie leise.

„Hey." Er blickte nur kurz lächelnd auf, war mit irgendwas, was auf dem Tisch lag, beschäftigt. Sein Handy, offenbar.

Marie stand auf, trank etwas von ihrem Wasser und ging dann zu Felix. „Was machst du?"

„Moment, bin gleich fertig."

Marie schaute hinaus. Es regnete. Ihr Kopf war gerade angenehm leer, aber nach und nach kamen die Erinnerungen und Gedanken, auch die üblen, zurück. Sie legte ihre Hand auf den Bauch. Alles gut. Du schläfst noch, hm? Alles mit der Ruhe heute.

„So, fertig." Felix stand auf, kam zu ihr, hielt ihr mit einem Lächeln ein Handy hin. „Dein altes war nicht mehr zu retten. Hab heute Morgen ein neues besorgt und gerade allet eingerichtet, Daten überspielt und so."

„Äh... wie... okay?" Marie nahm ihr neues Smartphone und musste lächeln. „Danke. Ich... da hatte ich noch gar nicht dran gedacht irgendwie."

Felix räusperte sich. „War so knapp davor dir'n iPhone zu kaufen. Aber du magst ja den Schrott da lieber, also..."

Marie lachte. „Danke. Und ja, ich mag den Schrott. Mit dem Schrott komm ich klar." Sie schaute kopfschüttelnd auf das brandneue Android-Handy. Von wegen Schrott.

„Paar Sachen musst du vielleicht noch neu einrichten. Kenn ja nich alle deine Passwörter. Aber kannste auf jeden Fall wieder nutzen. Hast sicher jetzt ein paar Dutzend WhatsApp-Nachrichten. Na ja, war ja klar..." Er verzog den Mund und strich sich dann über den Nacken.

„Äh... klar?", wiederholte Marie, doch etwas irritiert. Das war schon ungewöhnlich. Sie war nicht so gut vernetzt.

„Na, weil doch dein Geburtstag ist."

Marie starrte ihn an, dann wieder auf ihr Handy, schloss die Augen und atmete durch. „Ist jetzt nicht wahr, oder?" Sie sah Felix wieder an. „Hab ich komplett vergessen."

„Ja...äh... Happy Birthday?" Felix lachte. „Wusste heute Morgen och nich, so im Krankenhaus. War allet anders geplant heute. Aber nach dem Schreck und so... also... holen wa dann nach, ja?"

Marie seufzte, legte das Handy auf den Tisch, rieb sich über die Augen. „Das kann echt nicht wahr sein. Ich bin so durch und... ja, ist ja auch egal, irgendwie. Und... fuck! Ist echt mein Geburtstag?" Sie lachte unbeholfen.

„Ja, ist so." Felix lächelte, umarmte sie behutsam. „Alles Gute, Babe. Und is ja allet jut. Im Kühlschrank steht alkohol- und koffeinfreies Tiramisu für heute Abend. Und ick koch uns ne Bolo. Ist mein Plan B dann."

„Klingt nach nem Eins A Plan", fand Marie und drückte Felix an sich, so fest es ging, ohne dass ihre Schulter schmerzte. „Scheiße, ich muss mich bei Sanne melden. Die macht sich sonst noch Sorgen."

„Dann mach dit ma."


Ihre Mutter ging nach dem vierten Klingeln ran. „Marie? Alles Liebe zum Geburtstag!" Sie klang fröhlich.

„Danke, Mama." Marie hatte sich aufs Bett gesetzt, die Tür zugezogen. „Tut mir leid, dass ich es heute verpasst habe." Normalerweise telefonierten sie an ihrem Geburtstag um Punkt 12 Uhr.

Grace Notes (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt