38. Schmusig

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Schmusig

„Guten Morgen!"

„Ach, guten Morgen! Hi!" Marvin wirkte etwas überrascht, als er Marie im Flur traf.

Sie streifte sich gerade die Schuhe ab und nahm dann wieder die beiden Einkaufstaschen. „Kaffee?", fragte Marie.

„Ja, gerne." Marvin nickte.

Gemeinsam gingen sie hinüber in die Wohnung. Marie lauschte. „Hm, ich glaube, Felix ist noch nicht wach." Vorhin hatte er tief und schnarchend geschlafen. Sie hatte ihm einen Zettel hingelegt und zusätzlich eine WhatsApp geschrieben. Sie wollte es nicht riskieren, dass er dachte, sie wäre abgehauen. Nie wieder. „Ging lange gestern, oder?" Sie schaute Marvin an, als sie in der Küche angekommen waren. „Hab nicht auf die Uhr geschaut, als Felix kam."

„Na ja, ich glaube, wir waren so um zwei, halb drei hier", überlegte Marvin.

Marie nickte. Sie räumte die Einkäufe aus, warf die Kaffeemaschine für den schnellen Koffeinkick an und merkte bald, dass es nicht nötig war, mit Marvin Small Talk zu machen. Er war ihr immer schon als eher ruhiger Zeitgenosse aufgefallen. Sie bereiteten das Frühstück zusammen vor.

„Ich fahr gleich wieder zurück nach Köln", sagte Marvin und schaute auf sein Handy.

„Mit dem Zug?"

Er nickte.

„Soll ich dich zum Bahnhof fahren? Oh... ich weiß gar nicht, ob das Auto da ist", fiel Marie ein.

„Nee, das steht noch in Schöneberg."

„Dann muss ich mein Angebot leider zurückziehen." Marie hob entschuldigend die Schultern.

„Danke trotzdem dafür. Ich bestell mir ein Taxi, ist ja kein Problem."


Als Marvin sich schon im Flur fertig zum Aufbruch machte und Marie ihn gerade verabschieden wollte, kam Felix aus dem Schlafzimmer. Mit einem Geräusch, das man fast schon als Stöhnen bezeichnen musste, lehnte er sich in die Tür und hob die Hand. „Morgen. Biste schon weg?"

„So gut wie", bestätigte Marvin.

„Jut. Dann bis... in zwei Wochen knapp, wa?"

„Ja, genau."

Marie musterte Felix. Gerötete, winzige Augen, die Stimme brüchig, die Gesichtshaut fahl. „War richtig gut gestern", sagte Marvin lächelnd.

„Mhm", bestätigte Felix. „Schön, dass du da warst." Er stieß sich vom Türrahmen ab, ging auf Marvin zu und umarmte den Freund zum Abschied. „Hau rein, ja?"

„Mach ich." Marvin öffnete die Tür. „Tschüs ihr zwei." Er nickte Marie noch einmal zu, ehe er verschwand.

Sie wartete ein paar Augenblicke, ehe sie die Tür nicht nur abschloss, sondern auch den Riegel vorlegte. Dann wandte sie sich Felix zu. „Na? Guten Morgen." Sie konnte das Mitleid nicht aus ihrer Stimme raushalten.

„Morgen", brummte Felix.

„Katerfrühstück?", schlug sie so leise wie möglich vor.

„Irgendwas muss ick machen, ja. Trinken. Und... Scheiße, mein Kopf!" Er fasste sich an die Stirn. „Ick bin so ein dummer Hund, Mann!"

„Hey, ganz ruhig." Marie kam zu ihm. „Komm mit!" Sie nahm seine Hand und zog ihn sanft hinter sich her in die Wohnung. „Willst du erst duschen oder erst was trinken? Essen?"

Felix blieb eine ganze Weile stumm stehen und blickte ins Leere. „Duschen. Zähneputzen."

„Guter Plan", fand Marie und drehte ihn kurzerhand etwas um seine eigene Achse. Ohne das zu kommentieren, ging Felix los, sobald die Richtung stimmte, und schlurfte ins Bad. Er war wirklich nicht gut dran. Marie wunderte sich etwas. Gut, sie war gestern Nacht sehr müde gewesen. Allerdings hatte er da relativ klar gewirkt und gar nicht mal so betrunken. Aber so ein Kater konnte offenbar auch mit Verspätung zuschlagen. Und jetzt war eben der Tag danach.

Grace Notes (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt