59. Real

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Real

„Vielleicht sollten wir den Urlaub doch absagen", überlegte Felix laut und schaute auf den geöffneten Koffer, der auf dem Bett lag und schon ziemlich vollgestopft war.

„Äh... nein", sagte Marie. „Nur weil du es nicht schaffst, richtig zu packen? Ich hab dir gleich gesagt, diesmal wäre ein Rucksack oder ne Tasche besser. Wir müssen das ja auch aufs Boot bringen dann."

„Du weißt, dass ich was anderes meine." Er sah sie an und deutete dann auf ihren Bauch. „Du bist schwanger. Vielleicht ist das zu viel Stress für dich und das Kleine."

Marie stöhnte auf und sah an die Decke. „Meine Güte, wenn du jetzt schon so drauf bist, wie wird das erst werden, wenn ich wirklich ne Kugel vor mir hertrage? Packst du mich dann in Watte? Trägst du mich überall hin?"

„Na ja, vermutlich wirst du dann für mich zu schwer sein, also... hey!" Er fing gerade noch so ein Paar zusammengestülpter Socken auf, die Marie ihm zielsicher an den Kopf geschleudert hatte.

„Unverschämtheit." Sie schnalzte mit der Zunge und schüttelte den Kopf. „Und wofür machst du denn bitteschön Krafttraining, seit du vierzehn oder so bist, wenn nicht, um deine schwangere Frau notfalls auch mal auf Händen zu tragen, hm?"

Felix kam zu ihr, warf auf dem Weg die Socken in Maries Reisetasche. „Ick werd jetzt noch härter trainieren, damit ick dich tragen kann, jederzeit und auch auf nem Marathon."

„Ein Marathon?" Irgendwas klingelte da bei Marie. Sie lächelte. „Kein Sprint, keine Mittelstrecke. Ultralangstrecke. Wir zwei zusammen."

„Wir drei", korrigierte Felix sie. „Und ja. Ick halt ja nich wirklich viel von Marathons, die nerven einfach nur. Aber... ja, mit dir... mit uns... für immer." Er gab ihr einen Kuss.

Marie schmiegte sich an ihn, ließ sich von ihm festhalten, weil sie gerade das akute Bedürfnis nach Geborgenheit überkam. „Das klingt gut", murmelte sie.

„Ja. Und deswegen haben wir ja alle Zeit der Welt. Wir können die Reise verschieben."

„Bis wann?" Marie sah ihn an. „Nach der Hochzeit? Oder gleich nach der Geburt? Ist sicher lustig, mit so nem Neugeborenen auf nem Hausboot. Hast recht, dann ist es wirklich viel günstiger."

Felix schnaubte. „Nein, ich meine... ja, keine Ahnung. Aber jetzt?"

„Ja, jetzt. Ich hab ja gleich noch den Termin bei meiner Gynäkologin. Übrigens kein Ultraschall. Die Sprechstundenhilfe hat mir da ja schon einiges erklärt. Da werden ein paar Tests gemacht. Ergebnisse kann ich auch telefonisch abrufen. Wenn da was sein sollte, können wir ja zurückfahren. Aber ich geh da mal nicht von aus."

„Und wenn die dir... Bettruhe verschreibt oder so?"

Marie starrte ihn fassungslos an. „Warum zur Hölle sollte sie das denn tun? Ich bin schwanger, nicht krank, Felix. Ich kann nicht glauben, dass ich hier jetzt die Optimistin oder wohl eher Realistin sein muss. Ich bekomme ein Kind. Aber erst in schätzungsweise acht Monaten. Bis dahin muss ich gut aufpassen, schon klar. Aber ich kann doch mein Leben weiter führen."

„Reg dich nicht auf", sagte er. „Das ist sicher nicht gut für dich. Bluthochdruck und so."

„Also langsam denke ich..." Marie bemerkte ein Zucken um Felix' Mundwinkel. „Mann! Du bist so ein Arsch manchmal!" Sie boxte ihm lachend auf die Brust.

Felix grinste jetzt breit und schloss sie wieder in seine Arme. „Sorry, Babe. Aber dit war nur halb Spaß. Ick will nämlich wirklich, dass es dir einfach gut geht. Dir und dem Kleinen, klar."

„Uns geht es gut", stellte Marie klar. Dann löste sie die Umarmung auf. „Und natürlich werde ich alles tun, damit das so bleibt. Keine Risiken und so. Aber ich will auch nicht übervorsichtig sein, das kann dann auch schnell nach hinten losgehen. Du kennst mich ja."

Grace Notes (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt